150 öffentliche Probesitzer für Massenblockaden und Kundgebung zum Jahrestag des 30. Januar 1933

In Dresden haben heute 150 Menschen aller Spektren und Altersgruppen an der Synagoge probehalber eine Sitzblockade und eine Kundgebung zum 30. Januar abgehalten. Die Stimmung war gut und gleichzeitig unüberhörbar kämpferisch bzw. geradezu begeistert. Mit Parolen, Plakatschildern, Transparenten, aber auch Matratzen, Isomatten und anderen Sitzgelegenheiten, stimmten sich die TeilnehmerInnen auf die Massenblockaden am 13. Februar ein. Die TrainerInnen von Skills for Action konnten eine Reihe Tipps geben und viele Leute haben auch im Anschluss noch das Gespräch mit ihnen gesucht.

erster Bericht: de.indymedia.org/2010/01/272046.shtml
Bericht und Foto auf dresden-nazifrei.com


Redebeitrag zum 30. Januar 1933:

Der 30. Januar 1933 gehört zu den wichtigsten Daten der deutschen Geschichte. An diesem vollzog sich einer der wesentlichen Schritte innerhalb des schicksalhaften politischen Werdungsprozess Nazideutschlands mit fatalen Folgen.

Adolf Hitler wurde an diesem Tag durch Paul von Hindenburg zum deutschen Reichskanzler ernannt und bildete ein Kabinett der sog. „nationalen Konzentration“ aus mehreren Parteien des konservativen und deutsch-nationalen Spektrums. Neben Hitler waren Wilhelm Frick (Reichsinnenminister) und Hermann Göring (Minister ohne Geschäftsbereich, jedoch kommissarischer preußischer Innenminister) Minister der NSDAP. Acht weitere Minister aus dem Spektrum der Konservativen und Deutsch-Nationalen sollten ­ so die Hoffnung u.a. des Vizekanzlers von Papen ­ die Nationalsozialisten im Zaum halten. Frick und Göring jedoch waren genau an die richtigen Stellem im Machtapparat gelangt, um die Polizeibehörden entscheidend zu beeinflussen und nach ihren Vorstellungen umgestalten zu können.

Am 17. Februar 1933 verordnete Göring im Freistaat Preußen einen Schießerlass. Alle politischen Gegner waren nun vor der Schusswaffe vogelfrei. 50.000 Angehörige von SA, SS und Stahlhelm wurden zu einer Hilfspolizei aufgestellt. Bis Ende April ’33 wurden bereits 25.000 Regimegegner in „Schutzhaft“ genommen. Auch die ersten Konzentrationslager in Dachau und Oranienburg wurden im Frühjahr 1933 errichtet.

Der Begriff der „Machtergreifung“ ist ein von der NS-Propaganda inszenierter Begriff. Damit war weniger der längerfristige Prozess der Erlangung der politischen Herrschaft in Deutschland durch die NSDAP gemeint, sondern vielmehr wurde versucht sich mit den Ereignissen des 30. Januar als bewusst zur Tat schreitende aktionistische und schicksalhafte Kraft darzustellen.

Am Abend des 30. Januar 1933 Tages paradierten in Berlin 15.000 Mitglieder von SA, SS und Stahlhelm durch das Brandenburger Tor. Dieser pompöse Fackelzug steht symbolhaft für das Ende der Weimarer Republik und den Beginn der Etablierung der NS-Herrschaft. Aber ebenso wenig wie die „Siegesparade“ der Nazis und ihr wohlgesinnter Organisationen eine spontane Aktion anlässlich der Ereignisse des Tages war ­ dafür war diese viel zu gut durchorganisiert ­ so wenig ist die Machtergreifung ein politischer Akt, der sich lediglich am 30.01.1933 vollzog. Es handelt sich dabei um einen länger andauernder politischer Werdungsprozess, der bereits vor dem Januar 1933 begann und im Sommer 1934 weitgehend abgeschlossen war.

Das Deutsche Reich war von der Weltwirtschaftskrise nach den USA am stärksten betroffen. Seit dem Ende der 20er Jahre gab es deshalb immer wieder politische Krisen in der Weimarer Republik. Massenarbeitslosigkeit, ökonomische Krisen und verfehlte Wirtschaftspolitik, sowie die immer noch spürbaren Folgen der Niederlage des 1. Weltkriegs, Zerfall von Großen Koalitionen, ein politisches Klima, in dem Platz für preußischen Chauvinismus und die Dolchstoßlegende war.

All dies sind nur einige Gründe, warum eine selbst damals von vielen bereits so eingeschätzte Mensch und Politiker gewordene Verkörperung des Hasses wie Adolf Hitler trotz aller Vorbehalte gegenüber ihm und seiner Partei zum Kanzler ernannt werden konnte. Hitlers Wunsch eine von den Zwängen der Zustimmung des Parlaments befreite autoritäre Regierung zu bilden stieß in vielen Kreisen, auch weit außerhalb der NSDAP auf Zustimmung.

Machtergreifung stimmt auch insofern nicht, da es suggeriert, dass die NSDAP den etablierten Kräften der Weimarer Republik die Macht plötzlich entrissen hätte. Die NSDAP bewegte sich bei ihrem Vorgehen stets im Rahmen der Weimarer Verfassung, wenn auch mit einer weitläufigen und fatalen Interpretation. Seit den 80er Jahren hat sich deswegen der Begriff Machtübertragung neben dem propagandistisch vorbelasteten Begriff von der Machtergreifung in der historischen Forschung etabliert.
Mit steter propagandistisch sorgsam durchgeführter Wahrung der verfassungsmäßigen Legalität wurden schrittweise alle politischen Gegner ausgeschaltet. Erinnert sei dabei vor allem an die entscheidende Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933. Alle Parteien im deutschen Reichstag bis auf die SPD und die bereits politisch zerschlagene und verbotene KPD stimmten zu, und beschlossen damit ihre eigene Ausschaltung zugunsten der nationalsozialistischen Führung Deutschlands.

12 Jahre später lag Europa in Trümmern. Der von Nazideutschland begonnene zweite Weltkrieg hatte etwa 60 Millionen Todesopfer gefordert. 6 Millionen Juden und Jüdinnen, sowie 4 Millionen Angehörige weiterer Minderheiten und Volksgruppen waren von den Nazis systematisch verfolgt und ermordet worden.

Wir sagen nie wieder!

Damals wie heute – keine Nazis auf Dresdens Straßen und anderswo!

No pasarán!
Sie kommen nicht durch!

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