Dresdner Nazis werden frech – Blockaden positiv diskutiert – Protest gegen Nazis am 17. Juni

Die Dresdner Naziszene scheint wieder aufleben zu wollen: seit längerem wurde mal wieder eine Veranstaltung gestört, bei der es indirekt um die Nazis ging – die Diskussion zu Blockaden, bezugnehmend auf den 13. Februar in Dresden. Zum geplanten Naziaufmarsch am 17.6. ist es daher enorm wichtig, Präsenz auf der Straße zu zeigen und die Versuche der Nazis im Keim zu ersticken. Das Kulturbüro Sachsen unterstützt den Protest in einer Erklärung (siehe ganz unten) und die Sächsische Zeitung berichtet darüber (weiter unten). In einem erfrischenden Kommentar zeigt sich ein gewandelter Peter Ufer von der Sächsischen Zeitung gar Blockaden zugeneigt.

Anläßlich des diesjährigen 13. Februars in Dresden wurde noch konstatiert, dass die Dresdner Neonaziszene deutlich an Schwungkraft verloren hat. Wie um das Gegenteil zu beweisen, entfalten die Nazis diese Woche hektische Aktivität.
Am 14.6.2010 störten bekannte Dresdner Nazis die Veranstaltung der SPD mit dem Titel "Blockade. Bürgertugend oder Straftat?". Es kam dabei sowohl zu körperliche Gewalt – duch den langjährigen Kader und Schläger Sven Hagendorf – wie auch die Anwendung der bekannten "Wortergreifungsstrategie" der Nazis. Einen Bericht von der Störung, gibt es bei addn.me unter dem Titel Nazis stören Vortrag am Altmarkt.
Bedenklich ist das bei der Störung zutage getretene spektrenübergreifende und altersübergreifende Zusammenwirken der Dresdner Nazis, wie sie auch bei der geplanten Nazidemo am 17.6. zu sehen ist, da NPD und "Freie" zusammen aufrufen.

Die Diskussionsveranstaltung zu den Blockaden verlief inhaltlich positiv. Herr Professor Vorländer hat sich für Blockaden, bzw. zivilen Ungehorsam als verfassungsimmanent und nicht als klassische Straftat ausgesprochen. Ziviler Ungehorsam könne auch in einer Demokratie rechtssystem-belebend und fortentwickelnd wirken. Merkmale zivilen Ungehorsams sind Gewaltfreiheit, keine prinzipielle Ablehnung von Demokratie oder FDGO, Gerichtetheit lediglich gegen einzelne Rechtsnormen und prinzipielle In-Kauf-Nahme von Strafe. Matthias Kubitz von der Gewerkschaft der Polizei konstatierte, dass bei massenhaftem zivilen Ungehorsam (nach obigen Voraussetzungen) der Polizei die Hände gebunden sind.



Sächsische Zeitung
Donnerstag, 17. Juni 2010

Dresden wehrt sich gegen Rechtsextreme

Von Thilo Alexe

Neonazis wollen am heutigen 17. Juni in der Stadt aufmarschieren. Ihre Gegner machen mobil und ziehen Parallelen zum 13. Februar.

Eine Panzerkette ist das Mahnmal für den Volksaufstand von 1953. Die Idee dazu hatte die Künstlerin Heidemarie Dreßel.Foto: André Wirsig

Neonazis versuchen erneut, ein geschichtsträchtiges Datum zu missbrauchen. Rund vier Monate nach dem sogenannten Trauermarsch anlässlich der Bombardierung Dresdens rufen die Braunen für heute zu einer Demonstration.

Anlass: Der Jahrestag des Arbeiteraufstandes in der DDR vom 17.Juni1953. Das zunächst wenig rechtsextrem klingende Motto der Aktion lautet: „Damals wie heute: Alle Macht dem Volke“. Veranstalter ist der „Dresdner Aktionskreis 17.Juni1953“. Dabei handelt es sich nach Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes um einen Zusammenschluss von Rechtsextremisten: Denen von der Dresdner NPD und den Freien Kräften Dresdens.

Jährliche Demo denkbar

Sicherheitskreise rechnen mit rund 150 Teilnehmern aus der Neonazi-Szene. Das sind zwar deutlich weniger als beim Jahrestag des 13.Februar. Dennoch erkennen die Verfassungsschützer Parallelen. „Rechtsextremisten besetzen mit der Demonstration anlässlich des Volksaufstandes am 17.Juni1953 ein weiteres nicht extremistisches Thema. Insofern bestehen – ähnlich wie beim Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 – Parallelen“, heißt es in einer Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die jährliche Wiederholung der Demonstration sei „durchaus denkbar“. Allerdings sei fraglich, „ob von dieser Veranstaltung die gleiche Symbolkraft für die bundesweite rechts- extremistische Szene ausgehen wird“. Anders als am 13. Februar sei die Verbindung des Datums mit Dresden „nicht so ausgeprägt“.

Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) kanzelt die Rechtsextremisten mit deutlichen Worten ab: „Unser Widerstand gegen den Missbrauch unserer Geschichte beschränkt sich in Dresden nicht nur auf den 13. Februar, sondern er gilt genauso für den 17.Juni.“ Die Menschen, die vor 57 Jahren auf die Straße gingen, seien nach wie vor ein Vorbild. „Sie zeigen uns, wie wichtig es ist, die Freiheit immer wieder gegenüber ihren Feinden zu verteidigen“, fügte Orosz hinzu. Die Rathauschefin gedenkt heute ab 14 Uhr bei einer Feierstunde am Postplatz des Volksaufstands. „Bürgerinnen und Bürger sind natürlich herzlich eingeladen“, teilte ihr Büro mit. Seit 2008 erinnert an dem Platz die Kette eines sowjetischen Panzers an den Aufstand.

Rund 10000 Dresdner Arbeiter hatten im Stadtzentrum gegen die SED-Diktatur demonstriert. Insbesondere Beschäftigte der großen Betriebe wie etwa des Niedersedlitzer Sachsenwerks hatten die Arbeit niedergelegt und waren ins Zentrum gezogen. Der Aufstand, der sich in mehr als 400 Orten der damaligen DDR regte, wurde von der Volkspolizei und sowjetischen Truppen niedergeschlagen.

Polizei bereitet Einsatz vor

Am Abend wollen die Rechtsextremisten am Postplatz aufmarschieren. Die Polizei ist dafür gerüstet. „Wir bereiten einen Einsatz vor“, sagte eine Sprecherin der Dresdner Polizeidirektion. Details nannte sie aber nicht.

Gegen die Demonstration der Neonazis formiert sich Widerstand. Linksautonome machen im Internet mobil. Der sogenannte antifaschistische Aktionskreis etwa verkündet mit Blick auf die Demonstration der Rechtsextremisten: „Das hat es außerhalb des 13.Februars in Dresden lange nicht mehr gegeben. Daher heißt es umso mehr: Ein Erfolg der Nazis muss verhindert werden!“

Was das genau bedeutet, ist offen. Beobachter schließen jedoch nicht aus, dass es zu einer Blockadeaktion der Nazi-Gegner kommen könnte.



Sächsische Zeitung
Donnerstag, 17. Juni 2010

Gegen die Rechten aufstehen oder sitzen

Von Peter Ufer über den Widerstand der Dresdner gegen die Rechtsextremen
Ufer.Peter@dd-v.de

Erneut versuchen Rechtsextreme, ein historisches Datum zu besetzen. Wie sie gerade auf den 17. Juni kommen, bleibt ihr Geheimnis. Der Arbeiteraufstand im Jahr 1953 richtete sich gegen die Stalinisierung der DDR, übertriebene Arbeitsnormen, irrsinnige Funktionärsforderungen und die Abschottung des Landes. Der Aufstand wurde bekanntlich mit Gewalt niedergeschlagen.

Dass jetzt die Dresdner ihre gewonnene Freiheit gegen neues Ungemach an diesem 17. Juni verteidigen wollen, ist großartig. Ähnlich wie am 13. Februar stellen oder setzen sie sich gegen den Marsch der Braunen. Die Erfahrungen vom Februar werden dabei helfen.

Eine Erfahrung ist, dass die Nazis nicht nachlassen. Die Niederlage am 13. Februar dieses Jahres haben sie nicht vergessen. Weiterhin versuchen sie, Dresden als ihr Aufmarschgebiet zu missbrauchen. Doch die Dresdner haben vor Monaten mit ihrer Blockade und der Menschenkette gezeigt, dass hier nicht der Ort ist. Und sie lassen darin nicht nach. Egal ob am 17. Juni oder irgendeinem anderen Tag.



Sächsische Zeitung
Montag, 14. Juni 2010

Neonazis wollen am 17. Juni marschieren

Neonazis planen am 17. Juni eine Kundgebung in Dresden. Mit ihrer Aktion wollen sie erneut ein historisches Datum nach ihrer Ideologie umdeuten – den Jahrestag des Arbeiteraufstandes in der ehemaligen DDR. Die NPD und "Freie Kräfte" mobilisieren dafür bereits überregional. Ab 18.30 Uhr planen die Nazis, sich am Postplatz bei der
Panzerkette zu treffen, dem Denkmal für den Aufstand von 1953 in Dresden. Das Dresdner Nazifrei-Bündnis ruft zur Gegenkundgebung ab 17 Uhr auf. Eine "rechte" und eine "linke" Demonstration seien angemeldet, bestätigt ein Sprecher der Stadt Dresden. (SZ)



Pressemitteilung des Kulturbüro Sachsen e.V. vom 11.06.2010

Kulturbüro Sachsen warnt vor Neonazi-Demonstration am 17.06.2010 in Dresden

Stadtverwaltung und Bürgerschaft zu Wachsamkeit und öffentlichem Engagement gegen Neonazis aufgefordert.
Am 17. Juni 2010 wollen Neonazis unter dem Motto „Damals wie heute: Alle Macht dem Volke“ durch die Dresdner Innenstadt marschieren. Mit ihrem Aufmarsch wollen die Neonazis aus NPD und militanter Kameradschaftsszene den 57. Jahrestag des Arbeiteraufstandes in der ehemaligen DDR für ihre revisionistischen Zwecke missbrauchen.
Im Aufruf der neonazistischen NPD wird populistisch gegen die Hartz IV-Gesetzgebung gewettert. Dabei wird gegen internationale Verpflichtungen der Bundesrepublik und gegen die Unterstützung gesellschaftlicher Minderheiten gehetzt.

Im NPD-Aufruf wird darüber hinaus die Behauptung aufgestellt, „unzählige politische Gefangene“ seien wegen „Meinungsdelikten und ähnlichem zu Haftstrafen verurteilt worden.“ In der Bundesrepublik sitzt jedoch niemand wegen seiner politischen Meinung in Haft. Strafbar ist die Leugnung des Holocaust sowie die Bildung krimineller Vereinigungen, wie z.B. der 2001 verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS), die durch zahlreiche Gewaltverbrechen in Erscheinung getreten war. Der Großteil der Neonazis in deutschen Gefängnissen verbüßt Haftstrafen wegen schwerer Gewaltstraftaten oder wiederholter Holocaustleugnung. Von „Meinungsdelikten“ kann hier überhaupt keine Rede sein.

Das Kulturbüro Sachsen e.V. unterstützt alle die am 17. Juni 2010 in Dresden ein entschiedenes Zeichen gegen den Neonazi-Aufmarsch setzen wollen.

Grit Hanneforth, Geschäftsführerin des Kulturbüro Sachsen e.V. meint dazu: „Wie am 13. Februar versuchen die NPD und andere Neonazis nun wieder einen Gedenktag für ihre Zwecke zu missbrauchen. Der 17. Juni ist kein Tag, den wir uns von den Neonazis dominieren lassen sollten. Wir fordern die Stadtverwaltung auf, bei der offiziellen Gedenkveranstaltung an diesem Tag wachsam zu sein und klar gegen Rassismus und Revisionismus Stellung zu beziehen. Dresden hat in diesem Jahr bereits viele positive Erfahrungen bei der Auseinandersetzung mit Neonazis
gesammelt. Daran gilt es anzuknüpfen.“

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