Dresdner Denkmal-Wahn

Am Sonntag wurde nun auf dem Heidefriedhof das Trauernde Mädchen als ein weiteres Denkmal für den 13. Februar enthüllt. Bereits im Vorfeld hatte Peter Ufer von und in der Sächsischen Zeitung deutlich gemacht, dass ihm das immer noch nicht reicht. Nach dem die von ihm nach Kräften unterstützte Variante für ein neues Denkmal im vergangenen Jahr letztlich im Sande verlief, hat er nun einen neuen Ansatzpunkt gefunden.

Auf dem Altmarkt soll ein neues Denkmal her. Dort wurden 1945 einige Tausend Bombentote von einem SS-Kommando verbrannt. Dieses konnte vorher diesbezügliche Erfahrungen im Zuge der Vernichtung der Juden sammeln. Heute erinnert auf dem Altmarkt ein Bodenmonument mit im Boden eingelassener Gedenkplakette, sowie eine weitere 2009 von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) angebrachte Gedenktafel mit der Inschrift: „Dies ist ein Ort der Mahnung, des Erinnerns und Gedenkens. Hier wurden die Leichname tausender Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 verbrannt. Damals kehrte der Schrecken des Krieges, von Deutschland aus in alle Welt getragen, auch in unsere Stadt zurück.“ an das Ereignis.

CDU-Kulturstadtrat Sebastian Kieslich, einer der Wortführer der aktuellen Denkmalforderung, posiert für die Presse mit einer weißen Rose vor der Gedenktafel auf dem Altmarkt.

Immer wieder gab es schon in den vergangenen Jahren Diskussionen über ein großes Monument auf dem Altmarkt. Aus guten Gründen wurde dies bisher letztendlich immer, unter anderem vom Leiter der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, abgelehnt. Nach dem Vorstoß von Peter Ufer letzte Woche in der Sächsischen Zeitung zieht nun die Dresdner CDU nach und fordert, dass der Altmarkt zum zentralen Gedenkort vermutlich anstelle des Heidefriedhofs werden soll. Dazu soll ein Denkmal mit den von den 19.000 von der Historikerkommission recherierten Namen gebaut werden. Aus der FDP waren auch schon ähnliche Vorschläge zu hören, und auch ein Nazigrüppchen aus dem Umfeld der Freien Kameradschaften um Altkader Ronny Thomas (u.a. Sven Hagendorf, Sebastian Reiche, Simon Richter aus Radeberg, Philipp Göhler, Hans Böhm) ließ es sich nicht nehmen, bei der Enthüllung des Trauernden Mädchens auf dem Heidefriedhof die Anwesenden als Heuchler vollzupöbeln, weil ihnen ein Denkmal auf dem Altmarkt lieber wäre. Aus irgendeinem Grund ist ihnen offenbar entgangen, dass so ziemlich alle Anwesende ihrer Meinung gewesen sein dürften. Zum einen hat auch Bürgermeisterin Helma Orosz ihre Unterstützung für das Projekt bekundet, zum anderen wird genau dasselbe Argument für den Bau eines solchen Denkmals ins Feld geführt, nämlich, dass nach dem Aussterben der Erlebnisgeneration, die Bombardierung angeblich vergessen werden würde, wenn es dieses Denkmal nicht geben sollte. Wie sie darauf kommen, und warum das jetzt so schlecht sein soll, wird nicht erklärt. Schon jetzt ist es Tatsache, dass das Gedenken kaum noch von der Erlebnisgeneration getragen wird.

Immerhin werden in der Sächsischen Zeitung von einem anderen Redakteur auch ein paar Bedenken aufgezählt. Dabei geht es um die Frage der Kontextualisierung, die ein solches pompöses Denkmal sicher nicht leisten kann. Außerdem befinden sich unter den aufgezählten 19.000 Namen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch überzeugte Nationalsozialisten, wo sich schon die Frage stellt, warum man diesen explizit gedenken sollte. Da schließt sich gleich die Frage an, ob tatsächlich alle Toten bzw. deren Angehörige  überhaupt damit einverstanden wären, in so einer nivellierenden Aufzählung, in der Juden, Widerstandskämpfer und Nazi kommentarlos nebeneinander gestellt werden, mit aufgeführtt zu werden und Wallfahrtsort für das Gedenken an deutsche Opfer jeglicher Coleur zu werden.

Richtig ist die Anmerkung, dass es in Dresden kein vergleichbares Denkmal für die ermordeten Dresdner Juden gibt. Allerdings wäre selbst die Existenz eines solchen Denkmals, noch lange keine Legitimation für ein ähnliches Denkmal zum 13. Februar.

Der Kulturbürgermeister Ralf Lunau ist bisher eher gegen ein solches Gedenken, hat aber vermutlich eine Mehrheit im Stadtrat gegen sich. Ob die in der Sächsischen Zeitung prognostizierten Debatten tatsächlich eintreffen, bleibt abzuwarten. Bisher war auch aus den anderen Stadtratsfraktionen kaum öffentlicher Widerspruch zum Thema 13. Februar zu hören. Ein aus der Zivilgesellschaft gegründeter Arbeitskreis „Mythos Dresden“, der sich im letzten Jahr noch in die Denkmaldebatte einschaltete, scheint sang- und klanglos wieder eingeschlafen zu sein.


Sächsische Zeitung, 20. September 2010

Neuer Plan für Denkmal zum 13. Februar

Von Thilo Alexe

Ein Mahnmal am Altmarkt soll die 19000 Namen der Bombenopfer von 1945 öffentlich würdigen. Über das Aussehen sollen die Dresdner mit abstimmen.

Dresden. Dresden soll ein zentrales Mahnmal für die Toten des 13.Februars 1945 erhalten. Nach dem Willen der Dresdner CDU sollte das Denkmal idealerweise am Altmarkt stehen und die Namen der Opfer der Zerstörung Dresdens öffentlich würdigen. „So wird sichergestellt, dass die Erinnerung an die Opfer nicht verblasst“, sagt der kulturpolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion Sebastian Kieslich. Der Stadtrat, der auch Sprecher des Dresdner CDU-Kreisverbandes ist, hat nach eigenen Angaben für die Forderung bereits parteiübergreifende Zustimmung erhalten. Unlängst hatte sich auch die FDP für ein Denkmal mit den Namen der bei den Luftangriffen zwischen dem 13. und 15. Februar Getöteten ausgesprochen.

CDU-Stadtrat Kieslich schlägt vor, dass die Stadt den Entwurf für ein solches Mahnmal öffentlich ausschreibt. Eine Jury soll dann eine Vorauswahl treffen. „Über diese Entwürfe sollen die Dresdner im Rahmen eines Bürgerentscheids abstimmen“, sagte Kieslich.

Unterstützung erhält der Vorschlag von Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU). „Ich kann mir so eine Lösung vorstellen. Es braucht aber sowohl für die Veröffentlichung der Namen als auch für die Art des Gedenkens an die Opfer eine breite Mehrheit.“ Der Kulturausschuss werde dazu den Dresdnern einen Vorschlag zur Diskussion stellen. Sie verwies darauf, dass es bereits eine Vielzahl von Möglichkeiten des Gedenkens gebe. Diese seien durch die gestrige Einweihung des Denkmals des „Trauernden Mädchens am Tränenmeer“ auf dem Heidefriedhof noch erweitert worden. Derzeit erinnert auf dem Altmarkt eine Schrifttafel an die Getöteten. Auf dem zentralen Dresdner Platz wurden Tausende Leichen verbrannt.

Bei den Luftangriffen der Alliierten starben nach umfangreichen Recherchen einer Historikerkommission bis zu 25000 Menschen. Von rund 19000 sind die Namen bekannt. Ob und wie die Namen öffentlich gemacht werden, ist noch offen. FDP-Fraktionschef Holger Zastrow hatte bereits erklärt: „Es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass es sich bei den Opfern der Angriffe um Kriegsopfer handelt, deren Namen öffentlich zugängig sein sollten.“


Sächsische Zeitung, 20. September 2010

Altmarkt als zentraler Gedenkort für Bombenopfer

Von Thilo Alexe

Bisher erinnert nur eine Inschrift an der Rückseite der Tiefgarage daran, dass auf dem Platz Tausende Tote verbrannt wurden. Die CDU will ein würdiges Mahnmal.

Dem CDU-Kulturstadtrat Sebastian Kieslich reicht die unscheinbare Inschrift auf der Rückseite des Eingangs zur Tiefgarage am Altmarkt nicht aus. Er fordert ein würdiges Denkmal mit den Namen der Opfer. Foto: Unger

Wo und wie soll Dresden künftig der Opfer der alliierten Luftangriffe am 13. Februar 1945 gedenken? „Am Altmarkt“ ist die Antwort der CDU. Sie will ein zentrales Denkmal, an dem die 19000 bekannten Namen der bis zu 25000 Opfer des Bombenangriffs auf Dresden veröffentlicht werden. Die SZ erklärt die Pläne und die Diskussion.

Woher stammt die Zahl der bis zu 25000 Toten?

Eine Historikerkommission hat mehrere Jahre intensiv geforscht, um die lange umstrittene Zahl der Opfer zu klären. Sie wertete unter anderem Friedhofs-, Polizei- und Krankenhausdaten sowie die Totenkartei des Standesamtes aus. Resultat: Maximal 25000 Menschen starben bei den Luftangriffen zwischen dem 13. und 15. Februar 1945. Rund 19000 Namen sind bekannt.

Können die Namen eingesehen werden?

Bisher sind die Namen nicht veröffentlicht worden. Ob sie zugänglich gemacht werden und wenn ja, wie, wird derzeit heftig diskutiert. Kulturbürgermeister Ralf Lunau (parteilos) will dem Stadtrat einen Vorschlag machen, wie das geschehen kann. Unlängst sagte er der SZ: „Es gilt, Fragen des Datenschutzes zu beachten.“ Bei der Recherche der Namen habe die Historikerkommission Quellen benutzt, die nicht der Stadt gehörten. Er müsse mit den Eignern der Dokumente verhandeln. Als wahrscheinlich gilt, dass die Namen möglicherweise in einem Buch des Stadtarchivs erscheinen.

Entsteht ein zentrales Mahnmal mit den Namen?

Die CDU fordert nun auch ein Denkmal mit den Namen. auch die FDP hatte das bereits angeregt. Der CDU-Kulturstadtrat Sebastian Kieslich favorisiert den Altmarkt. Dort waren Tausende Leichen nach den Bombenangriffen 1945 verbrannt worden. Nach Kieslichs Auffassung soll das Denkmal mit den Namen ein Ort sein, an dem friedlich und würdevoll der Toten gedacht werden kann. Die Frauenkirche habe durch ihren Wiederaufbau den Charakter des Mahnmals, den sie als Ruine hatte, verloren.

Wie will die CDU die Mahnmal-Pläne umsetzen?

Sebastian Kieslich schlägt ein mehrstufiges Verfahren vor. Die Stadt soll das Denkmal ausschreiben. Eine Jury – am besten unter Vorsitz des Landtagspräsidenten Matthias Rößler – soll in einer Vorauswahl mehrere Entwürfe küren. Welcher dann gebaut wird, sollen letztlich die Dresdner entscheiden. Kieslich plädiert deshalb für einen Bürgerentscheid. „Das Denkmal soll durch eine breite Mehrheit legitimiert sein“, sagt der kutlurpolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion.

Was sind die Kritikpunkte an den Plänen?

Offiziellen Widerspruch gibt es gegen den Vorstoß bislang nicht. Doch es gibt noch Skepsis – auch in der CDU. Wo wird an die in Dresden ermordeten oder von hier deportierten Juden erinnert? Bislang geschieht dies nur durch eine kleine Schrifttafel am Neustädter Bahnhof. Werden durch ein Denkmal mit allen bekannten Namen letztlich auch tief überzeugte Nationalsozialisten geehrt? Kann ein solches Mahnmal auch den Zusammenhang zeigen, in dem die Bombardierung steht? „Wir müssen immer deutlich machen, dass der 13. Februar 1945 kein Ereignis war, das ohne Kontext betrachtet werden kann“, erklärte Kulturbürgermeister Lunau. Ein Denkmal sei „nicht mehr das klassische Stadtmöbel des 19. Jahrhunderts“. Es müsse nicht aus Stein und Bronze sein und könne auch einen eher informativen Charakter haben.

Ist der Bau eines Denkmals im Zentrum realistisch?

CDU und FDP stellen 31 der 70 Stadträte. Wenn sich Parteilose –etwa aus der Bürgerfraktion – anschließen, ist eine Mehrheit drin. Die Positionen der anderen Fraktionen sind noch offen. Es dürften aber hitzige Debatten folgen.

Wo wird derzeit der Toten der Luftangriffe gedacht?

An mehreren Orten. Am Altmarkt erinnert eine Schrifttafel an die Toten. Auf dem Heidefriedhof gibt es einen Ehrenhain und nun das trauernde Mädchen. Vor der Kreuzkirche kommen am 13. Februar Christen zusammen, um Andacht zu halten. Vor dem Albertinum erinnert der „Große Trauernde Mann“ an die Schrecken des Kriegs.


Sächsische Zeitung, 20. September 2010

„Trauerndes Mädchen am Tränenmeer“ soll erinnern und Hoffnung geben

Von Denni Klein

Auf dem Heidefriedhof steht seit gestern ein weiteres Denkmal für Opfer des 13. Februars 1945. Eine Gruppe Rechter versuchte, die Einweihung zu stören.

Oberbürgermeisterin Helma Orosz (l.) und Künstlerin Malgorzata Chodakowska enthüllen das neue Denkmal auf dem Heidefriedhof „Tränenmeer“. Foto: Karl-Ludwig Oberthür
Die Dresdner haben seit gestern einen weiteren Ort zum Trauern um die Opfer vom 13. Februar 1945. Mit Blick auf den Ehrenhain des Heidefriedhofs steht das „Trauernde Mädchen am Tränenmeer“. Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) und die Künstlerin Malgorzata Chodakowska weihten die Skulptur am Sonntagmorgen in einer besinnlichen Feierstunde mit zahlreichen Dresdnern ein. Orosz nannte die Skulptur ein berührendes Denkmal, in dem die Künstlerin ein so sensibles Thema voller Anmut und Tiefe umgesetzt habe. „Ich wünsche mir, dass Menschen hier Impulse bekommen, Leid und Trauer zu verarbeiten und die Kraft, daraus Hoffnung für Versöhnung zu schöpfen“, sagte Orosz. Die Skulptur sei ein Zugewinn für Dresdens Gedenkkultur, die das Erinnern ermögliche und Hoffnung geben könne.

Etwa ein Dutzend Anhänger der rechten Szene versuchten, die Denkmalweihe zu stören. Noch ehe es dazu kam, nahm die Polizei von sechs Personen die Personalien auf und verhinderte die Enthüllung einer auf die Rückseite von T-Shirts gedruckten Botschaft. Als einer der Rechten mit lautstarken Diskussionen einen weiteren Störversuch startete, wehrten sich Teilnehmer der Feierstunde mit deutlichen Worten dagegen. Im Anschluss kam die Oberbürgermeisterin mit Dresdnern eben über jene jungen Menschen ins Gespräch. „Sie fragten mich, was man tun kann, um diese Verblendung zu verhindern. Ich rief sie auf, mitzumachen und das nicht als alleinige Aufgabe von Führungspersönlichkeiten zu sehen“, sagte Orosz. Jeder müsse seinen Beitrag gegen Rechts leisten. Orosz will Schulleiter ermutigen, Kinder mit der historischen Wahrheit noch stärker zu konfrontieren, um sie vor einer Anfälligkeit für die dumpfen Parolen zu schützen. „Ich spüre bei dem Thema, dass es Menschen auch mutlos macht. Aber wir haben alle die Aufgabe, und wir brauchen einen langen Atem.“


Sächsische Zeitung, 20. September 2010

Ein Denkmal für künftige Generation

Peter Ufer über das Denkmal für die Opfer des 13. Februars 1945.

Ja, auf den Altmarkt gehört ein Denkmal, das der Opfer des 13.Februars gedenkt. Und es ist den Christdemokraten und der Liberalen hoch anzurechnen, dass sie sich endlich des Themas ernsthaft annehmen. Warum?

Weil sonst die Opfer des Bombenangriffs vom 13.Februar 1945 in Vergessenheit geraten. Weil jetzt die meisten Namen der bis zu 25000 Opfer bekannt sind. Weil Dresden bisher kein solches Denkmal hat. Es gibt viele großartige Denkmale wie beispielsweise die Trümmerfrau am Rathaus, den Großen Trauernden am Georg-Treu-Platz und jetzt auch das Trauernde Mädchen auf dem Heidefriedhof. Es gibt mit der Frauenkirche einen wichtigen Ort des Gedenkens. Aber all diese Denkmale sind anonym und widmen sich vornehmlich der Trauer, dem Gedenken, der Erinnerung, der Versöhnung. Das ist gut so.

Es gibt aber kein Denkmal, das sich ganz konkret der Opfer annimmt, keines, das die Namen nennt, keines, das daraus Kraft für die Zukunft schöpft. Denn neben der Erinnerung an die Opfer, dem Gedenken und der Mahnung, braucht es ein Denkmal, das Hoffnung aufbaut. Und die ist immer verbunden mit Menschen. Jene die starben und jene, die über der Trauer für ihre Familienangehörigen nicht aufgaben, sondern aufbauten.

Dieses Namensdenkmal ist auch deshalb so wichtig, weil darüber Diskussionen in den Familien geführt werden. Großeltern, Eltern und Kinder werden sich über Ursachen und Folgen des sinnlosen Todes ihrer Angehörigen auseinandersetzen. Dieses Denkmal ist eines für künftige Generationen. Das wird nicht schmerzfrei.

Liberale und Christdemokraten sollten dran bleiben an ihrer Forderung für dieses Denkmal. Denn Dresden muss endlich würdig seiner Opfer gedenken.


Sächsische Zeitung, 14. September 2010

Altmarkt muss Opfer des 13.Februars besser ehren

von Peter Ufer

Die Geschichte des Altmarktes zeichnet auch die Geschichte des Krieges. Der Platz wurde am 13.Februar 1945 zerstört. Einer der zentralen Plätze lag in Schutt und Asche. Auf diesem Platz wurden zudem Tausende Tote verbrannt.

Zwei Wochen lang wurde der südliche Teil des abgeriegelten Platzes zum Krematorium. Pferdewagen brachten die Toten zum Altmarkt, wo sie von Beamten der Kriminalpolizei registriert und, wo möglich, identifiziert wurden. Bis zum 5. März 1945 sind hier 6865 getötete Menschen verbrannt worden. Danach war die Leichenbergung im Zentrum im Wesentlichen abgeschlossen. Etwa zehn Kubikmeter Asche wurden zum Heidefriedhof gefahren und in ein Massengrab geschüttet.

Heute erinnert daran eine sogenannte Markierung von Einhart Grotegut. Zudem ist auf der Rückseite des Abgangs zur Tiefgarage ein Schriftzug angelegt, der ebenfalls an die Opfer des 13. Februars 1945 erinnern soll. Allerdings liegen davor oft längst verblühte Blumen oder der Platz ist leer und kahl. Würdig ist er nicht.

Zudem ist es völlig unangemessen, wenn auf der Markierung Autos parken, Marktbuden stehen oder Abfälle liegen. Schnee verdeckt das Gedenken völlig. Die Idee dafür rührt aus einer merkwürdigen Zurückhaltung der Stadtverwaltung und auch der Stadträte, den Opfern endlich ein würdiges Denkmal zu bauen. Jedes Jahr im Februar beginnt die Diskussion neu, wo und wie die Dresdner den Opfern gedenken können. Da ist die Frauenkirche als Ort richtig. Da ist der Heidefriedhof als Trauerplatz sinnvoll. Da ist der Große Trauernde von Wieland Förster, der an den Georg-Treu-Platz zurückkehrte und gut ist für die individuelle Erinnerung.

Aber die Gestaltung des Altmarktes funktioniert im Zusammenhang mit einem würdigen Gedenken an die Opfer nicht.

Zudem steht gleich neben der Markierung eine neue Designleuchte, die grell leuchtet und keinerlei Atmosphäre aufkommen lässt.

Warum fehlt der Mut, hier wirklich ein Denkmal zu erreichten, das den Opfern des Bombenangriffs gerecht wird. Hier wurden die Toten verbrannt. Hier fiel das Zentrum Dresdens in Schutt und Asche. Hier bauten die Dresdner ihre Stadt mühsam wieder auf. Wäre dies nicht die beste Gelegenheit, Trauer, Widerstand und Wiederaufbau zu würdigen. Außerdem gibt es jetzt die Namen der 25000 Toten. Hier wäre der Platz, sie mit einem Denkmal zu ehren.


Neues Deutschland
Mittwoch, 22. September 2010

Streit um Gedenkort Nummer sieben
Hendrik Lasch

In Dresden wollen CDU und FDP ein Denkmal mit den Namen der Toten vom 13. Februar 1945

Bei der Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 sind 25 000 Menschen gestorben. Jetzt wird gestritten, ob ein weiteres Denkmal für die Bombennacht gebaut werden soll.

Am Sonntag wurde auf dem Heidefriedhof von Dresden eine Skulptur der Bildhauerin Malgorzata Chodakowska eingeweiht. Sie zeigt eine still in sich gekehrte Figur. Das »Trauernde Mädchen am Tränenteich« erinnert an die Opfer der Bombennächte um den 13. Februar 1945, als Dresden bei alliierten Luftangriffen zerstört wurde. Dabei kamen rund 25 000 Menschen ums Leben, heißt es im Bericht einer Historikerkommission. 19 000 Namen sind bekannt.

Seit die Ergebnisse veröffentlicht wurden, gibt es Debatten, wie mit den Namen umgegangen wird. Die CDU griff jetzt eine zuvor auch von der FDP geäußerte Idee auf und regte die Errichtung eines Denkmals auf dem Altmarkt an, wo damals viele Opfer eingeäschert wurden. Dort sollten die Namen genannt und der Toten würdevoll gedacht werden, sagt Stadtrat Sebastian Kieslich. Der Vorschlag stößt auf ein geteiltes Echo. Ein Grund ist, dass es einschließlich der neuen Skulptur auf dem Heidefriedhof bereits sechs Gedenkorte gibt.

Zunehmende Unklarheit

Dazu gehören der Ehrenhain auf dem Friedhof, wo traditionell jedes Jahr die Toten geehrt werden, daneben die »Trümmerfrau« vor dem Rathaus, die am Albertinum stehende Plastik »Großer Trauernder« des Bildhauers Wieland Förster und die Frauenkirche, an deren Ruine man sich jahrelang zum stillen Gedenken traf. 2009 wurde auf dem Altmarkt zudem eine Schrifttafel eingeweiht – freilich ohne Namen.

Für Bedenken sorgt aber nicht nur die Fülle an Erinnerungsorten und der von der LINKEN beklagte Umstand, dass die CDU allein vorprescht, sondern auch die ungeklärte Frage des Anliegens des Denkmals. Generell sei zuletzt »zunehmend unklarer geworden, was der Tag für die Stadt bedeutet«, sagt die SPD-Stadträtin Sabine Friedel. Teile der Bürgerschaft trauerten um die Toten und Verluste im Dresdener Stadtbild, andere verwiesen auf den Umstand, dass ein zerstörerischer Krieg in sein Ausgangsland zurückgekehrt sei. Eine Botschaft ähnlich der im von Deutschen zerbombten Coventry, wo der Versöhnungsgedanke dominiert, fehle: »Es gibt kein gemeinsam getragenes Verständnis.«

Dass die Debatte immer weniger geführt wird, hat seinen Grund darin, dass vorrangige Fragen zu beantworten sind: Wie wehrt sich Dresden gegen eine Vereinnahmung des Gedenkens durch die rechtsextreme Szene? Alljährlich strömen tausende Nazis in die Stadt, um so- genannte Trauermärsche zu veranstalten und die NS-Kriegsschuld zu relativieren; auch für 2011 wird für zwei Wochenenden mobilisiert. Schon jetzt wird in einer von der Rathauschefin geleiteten überparteilichen Runde beraten, wie man sich wehren kann. Zugleich müsse aber über die langfristige Deutung des Datums nachgedacht werden, sagt die sozialdemokratische Stadträtin Friedel. Ob ein Denkmal mit einer Namensliste hilfreich ist, solle danach entschieden werden, meint auch Grit Hannefort vom Kulturbüro Sachsen: »Zuvor muss ein grundlegendes Konzept stehen.«

NPD frohlockt

Das wird auch notwendig sein, um eine Vereinnahmung des Denkmals zu verhindern; die NPD frohlockte bereits, endlich werde eine ihrer Ideen aufgegriffen. Die Stadt müsse sich also »sehr genau überlegen, woran man eigentlich erinnert«, so Friedel. Für welche Missstimmung eine unklare Botschaft sorgen kann, spürt man in Dresden selbst. Für Missfallen sorgte eine Initiative in London, wo ein Denkmal für Bomberpiloten des Zweiten Weltkriegs errichtet werden soll. Zur Versöhnung, heißt es in Dresden, trägt das nicht bei.

One comment