Dresdener CDU jetzt doch gegen Nazis

Nachdem der Chef der Dresdener CDU, Lars Rohwer, durch seltsames Agieren gegen das Gedenken-Bündnis zunehmen in die Kritik geraten war, bemüht sich jetzt die neue Oberbürgermeisterin von Dresden, Helma Orosz (CDU), die Initiative zurückzugewinnen. Die CDU will einen einen eigenen Aufruf zum Gedenken und gegen Neonazis starten. Nach eigener Aussage wird sie dabei von prominenten Dresdenern des öffentlichen Lebens unterstützt. An der Geh Denken-Demo stört sie eine geplante Rede Gregor Gysis und ein möglicher Auftritt der Toten Hosen. Jedes stille Gedenken sieht sie bereits als ein Protest gegen Rechtsextremismus. Da stellt sich die Frage, ob Tausend schweigende Nazis dann Jahr für Jahr gegen sich selbst protestieren?
Immerhin soll für das Gedenken auf dem Heidefriedhof eine Lösung gefunden werden, dort stand man bisher auch immer friedlich schweigend mit der NPD zusammen; bis es der jüdischen Gemeinde dieses Jahr endgültig reichte, die demonstrativ erst nach der offiziellen Veranstaltung zum Heidefriedhof kam. Bei Geh Denken und der Sächsischen Zeitung begrüßt man die Initiative der CDU und man ist sich einig darüber, dass am 13. Februar still gedacht werden soll und dann am 14. Februar gegen Nazis protestiert werden kann. Warum sich Protest und Gedenken am selben Tag ausschließen sollen, bleibt ihr Geheimnis. Offensichtlich hat im bürgerlichen Lager noch niemand realisiert, dass schon am Freitagabend, dem 13. Februar, mindestens 1000 Nazis (wahrscheinlich mehr, wegen der für sie zu erwartenden Störungen bei der Demonstration am Folgetag) in Dresden erwartet werden.

Update 17.11.08: In der sächsischen Zeitung von heute wird es konkreter. Helma Orosz will tatsächlich allen Ernstes eine stille Gedenkprozession am 14. Februar durchführen. Das dürfte gegen den Naziaufmarsch ähnlich effektiv wirken, wie die Demokratiemeilen aus den Jahren zuvor und die allseits bekannten Bratwurstfeste gegen Nazis anderswo. Offensichtlich will man jetzt auf diesem Weg den bürgerlichen Protest befrieden und wirkungslos machen.


Samstag, 15. November 2008
(Sächsische Zeitung)
Auch Orosz plant Initiative zum 13. Februar
Von Thilo Alexe

Die Rathauschefin will einen Aufruf zum Gedenken
an die Bombenopfer und gegen Neonazis starten.
Es ist der zweite in Dresden. Droht Streit?

Dresdens
Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) ruft eine Initiative ins Leben,
um rechtsextremen Umtrieben im Umfeld des 13. Februar etwas
entgegenzusetzen. Die Rathauschefin kündigte den Schritt am Freitag
anlässlich ihrer 100-tägigen Amtsbilanz an. „Wir wollen einige Tausend
Dresdner auf die Beine bringen“, sagte sie.

So zeichnet sich ab, dass zwei Initiativen am 14. Februar
Gegenaktivitäten zu einem Neonazi-Aufmarsch mit mehreren Tausend
Teilnehmern planen. Das von Gewerkschaften, Kirchen und vorwiegend
linken Politikern getragene Bündnis „Geh Denken“ ruft zu einer
Demonstration mit Kundgebung auf. CDU-Kreischef Lars Rohwer hatte Teile
des Appells als aggressiv kritisiert. Orosz betonte, dass die
überparteiliche Initiative nicht von ihr allein ausgehe. Prominente
Dresdner des öffentlichen Lebens unterstützten sie dabei.
Voraussichtlich in zwei Wochen will Orosz ihren Aufruf zusammen mit den
Mitstreitern öffentlich verkünden. Sie nannte noch keine Namen. Dem
Vernehmen nach wird Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) zu den
Unterstützern zählen.

Stille als Protest

Am 14. Februar planen Rechtsextremisten ihren mutmaßlich größten
europaweiten Aufmarsch in Dresden. Sie nehmen dabei einen wirren Bezug
auf die Opfer der Luftangriffe der Alliierten im Zweiten Weltkrieg.
Orosz bezeichnete das Gedankengut der Initiatoren des sogenannten
Trauermarsches als „widerlich“. Ziel ihrer Initiative sei es, am 14.
Februar ein würdevolles Gedenken an die Kriegstoten zu ermöglichen.
Orosz: „Jedes stille Gedenken ist ein Protest gegen Rechtsextremismus.“

Zum Ablauf der Veranstaltung machte die Oberbürgermeisterin keine
näheren Angaben. Wahrscheinlich ist, dass es sich um eine große Andacht
oder eine ähnliche Aktion mit ruhigem Charakter handelt. Mit Blick auf
das Bündnis „Geh Denken“ äußerte sich Orosz zurückhaltend. Sie zweifle
die hehren Motive der Unterstützer – dazu zählen Alt-Bundespräsident
Richard von Weizsäcker (CDU) und Vertreter jüdischer Gemeinden – nicht
an. Allerdings hätte sie Probleme damit, wenn Gregor Gysi eine Rede zum
13. Februar halte. Auch die nicht offiziell bestätigten Pläne der
Veranstalter für einen Auftritt der Band die „Die Toten Hosen“ zur
Antinazi-Kundgebung bewertete Orosz skeptisch. Sie habe nach vielen
Gesprächen mit Dresdnern den Eindruck, dass die meisten ein ruhiges
Gedenken bevorzugten. Lärm und Randale schrecke sie ab.

Dresdens DGB-Chef Ralf Hron, der zu den „Geh Denken“-Veranstaltern
zählt, gab sich zuversichtlich. „Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam
der Opfer gedenken und etwas gegen Neonazis tun“, sagte er. Auch
Christian Demuth von der Initiative „Bürger Courage“ kommentierte den
Orosz-Vorstoß zustimmend: „Es ist gut, dass sich die
Oberbürgermeisterin gegen Rechtsextremisten positioniert.“

Frauenkirche einbezogen

Noch nicht völlig geklärt ist, wie am Jahrestag des Angriffs der Opfer
auf dem Heidefriedhof gedacht werden soll. An den Kranzniederlegungen
am 13. Februar auf dem Heidefriedhof beteiligten sich in den
vergangenen Jahren stets Rechtsextremisten. Vertreter der jüdischen
Gemeinde hatten daher zuletzt ihr Kommen abgesagt. Orosz zeigte sich
zuversichtlich, eine Lösung zu finden.

Zudem sei am 13. Februar eine Veranstaltung mit der Stiftung
Frauenkirche geplant. „Da sind wir schon sehr weit gekommen“, sagte die
CDU-Politikerin.


Samstag, 15. November 2008
(Sächsische Zeitung)
Erst das Gedenken, dann der Protest

Peter Ufer über Helma Orosz und ihren Plan für den 13. Februar

Oberbürgermeisterin
Helma Orosz will einen Aufruf zum Gedenken an den 13. Februar und zu
einer Demonstration am 14. starten. Die CDU-Politikerin schweigt
endlich nicht mehr zu dem großen Thema dieser Stadt.

Zum Selbstverständnis der Dresdner gehört die Erinnerung an die Opfer
des 13. Februar 1945. Das wird so bleiben. Dieses Gedenken darf auch
durch niemanden gestört werden.

Ganz anders der Tag danach. Hier ist auch ein Protest möglich. Erst
recht, wenn das Andenken an den 13. Februar durch braune Ideologen
missbraucht werden soll. Und wenn sich die Oberbürgermeisterin für eine
Demonstration für Demokratie stark machen will, so kann das nur
unterstützt werden.

Sinnlos indes wäre es, würden sich die Kräfte solch einer Bewegung
nicht zusammenfinden. Die CDU sollte mit den anderen zusammen gedenken
gehen.


Montag, 17. November 2008
(Sächsische Zeitung)
Geteiltes Echo auf Orosz-Bündnis zum 14. Februar

Die
von OB Helma Orosz (CDU) angekündigte Initiative gegen einen
Neonazi-Aufmarsch am 14. Februar ruft gegensätzliche Reaktionen hervor.
Die Grünen begrüßten den Vorstoß, forderten aber die Kooperation mit
dem schon bestehenden Bündnis „Geh Denken“. SPD-Fraktionschef Peter
Lames gab sich kritischer: „Die Oberbürgermeisterin sollte die Dresdner
einen und nicht spalten.“ Er forderte Orosz auf, das Engagement von
Kirchen und Gewerkschaften bei „Geh Denken“ anzuerkennen.

Linkspartei-Landeschefin Cornelia Ernst bezeichnete die Pläne von Orosz
als „unverständlich“. Alle Demokraten müssten gegen Neonazis
zusammenstehen. Linksfraktionschef André Schollbach kritisierte die
neue Rathauschefin generell: „Um ein guter Kapitän zu sein, braucht es
mehr als Fleiß und forsches Auftreten.“ Orosz hatte eine stille
Gedenkprozession für den 14. Februar angekündigt. Prominente Dresdner
unterstützen sie dabei. Orosz betonte, das sei ein wirkungsvoller
Protest gegen Rechtsextremisten. (SZ)


Freitag, 12. Dezember 2008
(Sächsische Zeitung)

Helma Orosz im Gespräch mit Sächsische Zeitung

„Bürger haben Probleme mit Demonstrationen“

13. Februar

Wie sehen Sie das Gedenken am 13. Februar?

Die Chancen stehen gut, dass am Heidefriedhof demokratische Kräfte am 13. Februar zusammenrücken. Ich kenne die Vorbehalte gegen die Gedenkfeier, und wir haben versucht, die protokollarischen Abläufe deutlich zu verbessern. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch die jüdische Gemeinde von dem Konzept überzeugen können.

Zwei Initiativen planen Gegenaktionen zu einem Neonaziaufmarsch am 14. Februar? Warum spricht die Stadt nicht mit einer Stimme?

Mich haben viele Bürger angesprochen, dass sie mit einer Demonstration Probleme haben. Auch für sie muss es eine Form des würdigen Gedenkens geben. Das heißt nicht, dass ich andere Veranstaltungen gegen Rechtsextreme ablehne. Was mir nicht gefällt, ist, dass Politprominenz aus dem ganzen Bundesgebiet sprechen soll.


Freitag, 12. Dezember 2008
(Sächsische Zeitung)

Orosz plant stilles Gedenken am 14. Februar

Dresden. Unterstützt von Prominenten wie Kurt Biedenkopf und Ludwig Güttler will Helma Orosz am 14. Februar eine stille Gedenkprozession veranstalten. Die CDU-Oberbürgermeisterin will so ein Zeichen gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremisten setzen. Viele Dresdner seien auf sie zugekommen und hätten sich für diese Idee ausgesprochen.

Details zu der Aktion sollen in der kommenden Woche bekannt gegeben werden, sagte die Oberbürgermeisterin in einem Interview mit der SZ. Sie sei jedoch auch mit anderen Initiativen in Kontakt. Die 55-Jährige äußerte sich zudem zu den ersten vier Monaten ihrer Amtszeit. Sie will die Verwaltung umstrukturieren und bürgerfreundlicher machen. Allerdings benötige der Prozess noch Zeit. (SZ)

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