antifaschistische Deutung des 13. Februar nach 1945

Der folgende Text von Matthias Neutzner von 2004 soll einen kleinen Einblick darin geben, warum das Thema bis heute so intensiv verfolgt wird. Dabei wurden die Ereignisse des 13. Februars zunächst in klassischer antifaschistischer Sichtweite gedeutet, wie der Zeitungsartikel von 1946 und das Foto von der KPD-Demonstration im Juli 1945 illustrieren.
Der im nationalsozialistischen Deutschland langjährig Inhaftierte Walter Weidauer, KPD-Funktionär und spätere Oberbürgermeister Dresdens; war einer derer, die einen radikalen antifaschistischen und sozialistischen Neubeginn wollten, was sogar so weit ging, die zerstörte Bausubstanz in der Innenstadt zum Teil völlig abzureißen (Foto). In der Zeit vor dem Kalten Krieg ist dementsprechend die Deutung des 13. Februars als alleinige Schuld der Nazis verbreitet worden.
Matthias Neutzner, der bei der Veröffentlichung des Textes im Jahre 2005 selbst sagt, dass dieser nicht mehr dem letzten Stand der Diskussion entspricht, deutete die Befindlichkeit der DresdnerInnen in der Nachkriegszeit als Trauma. Dieses Trauma beschrieb er allerdings als bis heute wirksam, was sicherlich, schon aus demographischen Gründen, zu weit gegriffen ist.
Interessant ist der Aspekt, dass die rein antifaschistische Deutung offenbar nicht ausreichte, um das Thema in seiner Vielschichtigkeit zu erfassen und zu verarbeiten.

KPD-Demonstration über die Augustusbrücke am 28. Juli 1945

Demonstration der Dresdner KPD über die Augustusbrücke am 28. Juli 1945
Transparent im Vordergrund: "Die Nazis sind verantwortlich an unserer Katastrophe!"

Continue reading

junge Welt – Neonazis wollen erneut nach Dresden

junge Welt, 31. 12. 2008

Neonazis wollen erneut nach Dresden

Dresden. Am 14. Februar 2009 wollen Neonazis in Dresden wie in den vergangenen Jahren mit mehreren tausend Teilnehmern am Tag nach dem Jahrestag der Bombardierung durch die Alliierten durch die Stadt marschieren. Verschiedene antifaschistische Gruppen, darunter die Interventionistische Linke (IL), rufen dazu auf, den Aufmarsch zu verhindern. In der Stadt gebe es seit Jahren vielfältigen Widerstand gegen die Vereinnahmung des Gedenkens durch die Nazis, so die IL in einer Erklärung: »Manche Gründe und Aktionsformen liegen uns näher als andere. Was uns aber verbindet, ist die Entschlossenheit, den Nazis nicht die Straße zu überlassen.« (jW)

Dresden, 14. Februar 2009, 11 Uhr, Hauptbahnhof: Neonaziaufmarsch verhindern! Infos: dresden1302.noblogs.org

Quelle:
jungewelt.de/2008/12-31/005.php

Aufruf der iL zur antifaschistischen Demonstration am 14. Februar 2009 in Dresden

Im Februar 2009 wollen Neonazis in Dresden wie in den vergangenen
Jahren mit mehreren tausend Neonazis am Samstag nach dem Jahrestag der
Bombardierung durch die Alliierten durch die Stadt zu marschieren.
Auch im Jahr 2009 ist mit einer großen Mobilisierung zu rechnen. Der
jährliche Aufmarsch in Dresden ist der letzte große Aufzugstermin der
deutschen Naziszene, an dem sie mit internationalem Interesse rechnen
kann. Die Interventionistische Linke (iL) beteiligt sich am Bündnis
gegen den Naziaufmarsch.

 

NAZIS
NO WAY !

 

14. Februar 2009
11.00 Uhr
Hauptbahnhof Dresden

IL-Plakat

Continue reading

17.1.09 Magdeburg: Demo gegen Nazis und Opfermythos

Auch in Magdeburg jährt sich Mitte Januar 2009 zum 64. Mal die Bombardierung
während des Zweiten Weltkriegs. Obwohl Magdeburg kein solches Symbol wie Dresden geworden ist, führen die Nazis auch in Magdeburg jährlich einen "Trauermarsch" mit mehreren hundert Teilnehmern durch, um in geschichtsrevisionistischer Weise die Rolle von Tätern und Opfern im NS-Staat zu verdrehen.

Von antifaschistischer Seite werden selbstverständlich auch in diesem Jahr Gegenaktivitäten organisiert. Informationen gibt es auf der Seite des Autonomen Bündnis Sachsen-Anhalt: http://absa.blogsport.de/17_januar_magdeburg/

17.01.2009 – Antifaschistische Demonstration und dezentrale Aktionen gegen den Naziaufmarsch: 10 Uhr | Hauptbahnhof/ZOB | Magdeburg

Continue reading

Konzept von Geh Denken veröffentlicht

Am 16.12. sind die Organisatoren von Geh Denken mit ihrem Konzept für die Gegenaktivitäten zum Naziaufmarsch am 14.02.2009 an die Öffentlichkeit gegangen. Zentraler Punkt des Konzeptes sind Demonstrationszüge auf beiden Seiten der Elbe, die sich sternförmig in die Innenstadt bewegen sollen. Unsere Antifademonstration unter dem Motto ¡No pasarán! Kein Ort für die Verdrehung der Geschichte! ist ein inhaltlich und organisatorisch eigenständiger Teil davon.

Die Veranstalter von Geh Denken wollen außerdem ein Popkonzert mit vielen Prominenten organisieren (mehr dazu in den Presseartikeln). Die jüdische Gemeinde wird wie im letzten Jahr die Synagoge öffnen und ab 10:00 Uhr einen überkonfessionellen Gottesdienst durchführen.

Oberbürgermeisterin Helma Orosz wird am 17.12. ihr Konzept für eine stille Gedenkprozession am 14.02. vorstellen. Im Vorfeld wurde angedeutet, dass diese möglicherweise in das Konzept der Demonstrationszüge von Geh Denken integriert wird. Neu aufgelegt wird dieses Jahr auch wieder das Konzept des Tragens der weißen Rose. Erfunden wurde es zum 60. Jahrestag der Bombardierung von "Aktion Toleranz", eine Stiftung die von der Sächsischen Zeitung, der Stadt und den Kirchen unterstützt wird, und will bewußt Assoziationen an die während des Nationalsozialismus aktive Widerstandsgruppe Weiße Rose wecken. Anstatt sich aber tatsächlich in die Tradition der Widerstandsgruppe zu stellen, die aus antifaschistischer Überzeugung heraus unter Einsatz ihres Lebens praktische Widerstandsarbeit geleistet hat, soll es hier zum einen vor allem ein, in typisch sächsischer extremismustheoretisch motivierter Gleichsetzung, Zeichen des stummen Protests gegen den Auftritt "Rechtsextremer" und "Linksextremer" beim Gedenken an die Zerstörung Dresden sein. Zum anderen stünde es für Versöhnung, wobei offen gelassen wird, ob damit gemeint ist, dass die DresdnerInnen sich jetzt großzügigerweise mit den Alliierten und den Jüdinnen und Juden versöhnen wollen.


Update: Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) hat am 17.12. ihr Konzept vorgestellt. Wie schon angekündigt, sind am 14. Februar 2009 Friedensgebete und Stilles Gedenken geplant. Man will nach Friedensgebeten in der Kreuzkirche und der Kathedrale zum Altmarkt ziehen und dort nochmal eine Mahn- und Gedenkveranstaltung durchführen. Auf dem Altmarkt soll dabei eine Gedenkschrift an die Opfer der Bombardierung angebracht werden. So sehen die Vorstellungen der Dresdner CDU von einem Zeichen gegen den Naziaufmarsch aus…


Update2: Auf Telepolis erschien am 21.12. außerdem vom Dresdner Journalisten Olaf Meyer eine Einschätzung zum Verhalten der CDU-Stadtverwaltung in Bezug auf den bürgerlichen Protest gegen den Naziaufmarsch am 14. Februar.

Continue reading

Aufruf zur Bündnisdemonstration am 14. Februar 2009 in Dresden

¡No pasarán!
Kein Ort für die Verdrehung der Geschichte!
 
Antifademonstration
14. Februar 2009
11:00 Uhr, Dresden, Hauptbahnhof
 
 
Beteiligt euch an der europaweiten Mobilisierung und kommt zu den Aktionen gegen den Nazigroßaufmarsch!
 

Continue reading

Die Totenzahlen von Dresden – eine (un)endliche Geschichte?

Eines der wichtigsten Bestandteile des internationalen Opfermythos um Dresden sind die Totenzahlen. Kurz nach dem Angriff geisterten bereits Zahlen bis zu einigen Hunderttausend Toten weltweit durch die Presse. Goebbels Propagandaministerium startete damit eine Propagandakampagne, fälschte ein paar Dokumente und schon war der Mythos verfestigt und hat sich teilweise weltweit bis heute gehalten. Eines der bekanntesten gefälschten Dokumente war der Tagesbefehl Nr. 47 der Dresdner Ordnungspolizei. Erst 1965, als das echte Dokument auftauchte, wurde klar, dass dort einfach eine Null angehangen worden war.

Die hinter verschlossenen Türen arbeitende Kommission zur Ermittlung der Totenzahlen in der DDR 1946 trug das ihrige zur Mythenbildung bei, da die von der Kommission ermittelte Zahl von 35.000, oft als willkürlich „von oben“ festgelegt abgetan wurde. Die Zahl 35.000 wurde jedoch auch nach 1990 von den meisten Historikern und den Dresdner Stadtoffiziellen verwendet. Im 1995 vom Dresdner Stadtmuseum herausgegebenen Buch „Verbrannt bis zur Unkenntlichkeit“ wurde bereits eine detaillierte Aufschlüsselung veröffentlicht, derzufolge nur noch 25.000 Tote festgestellt werden konnten. Da dieses Ergebnis weitgehend ignoriert oder angezweifelt wurde, und auf einige Theorien, die zu höheren Totenzahlen führen, keine Antworten liefern konnte, berief im Jahr 2004 der damalige Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) eine Historikerkommission ein. Diese sollte die bisherigen Ergebnisse wissenschaftlich überprüfen und alternativen Theorien zur Schätzung der Totenzahlen nachgehen, um sie bestätigen oder widerlegen zu können.

Auf dem Historikertag 2008 veröffentliche die Kommission einen Zwischenbericht. Für viele überraschend konnten bisher nur 18.000 Tote festgestellt werden. Die Arbeiten sind weitestgehend abgeschlossen, und die Kommission geht davon aus, dass die Zahl im Abschlußbericht 2009 maximal 25.000 betragen wird. Wir dokumentieren hier die Erklärung der Historikerkommission auf dem Historikertag 2008 in Dresden und einige Berichte in der Presse zum Thema. In einem Artikel auf indymedia wird die Brisanz des Ortes der Veröffentlichung der neuen Ergebnisse zum Thema gemacht. Die Veranstaltung der Historikerkommission wurde in dem nach einem ehemaligen Waffen-SSler benannten Otto-Beisheimsaal der TU Dresden durchgeführt.

Continue reading

Kurzer Überblick zum Jahrestreffen von „Dresden für Demokratie“

Das Bündnis Dresden für Demokratie war ins Leben gerufen woren, um die Aktivitäten der Stadt, der Parteien von CDU bis Linkspartei.PDS, der Kirchen und Gewerkschaften und weiterer zivilgesellschaftlicher Initiativen gegen Antisemitismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu koordinieren.
Aus diesem Bündnis heraus wurden noch im Jahr 2007 die offizielleren Veranstaltungen unter anderem die Meile für Demokratie gegen den Naziaufmarsch am 13. Februar organisiert. Die Beteiligung der Bürger der Stadt an diesen Veranstaltungen war jedoch eher gering.
Für den 16. Februar 2008 wurde eine Demonstration mit etwa 3.000 Teilnehmern unter dem Motto Geh Denken gegen den Naziaufmarsch organisiert, an der die CDU jedoch wegen Beteiligung linker Gruppen wie der DKP nicht teilnahm. Die Demonstration wurde zwar noch auf der Seite des Bündnis "Dresden für Demokratie" beworben, war aber keine Aktion des gesamten Bündnisses mehr.

In diesem Jahr werden die bürgerlichen Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch von vorneherein durch das externe Bündnis "Geh Denken" organisiert. Seitdem die CDU die letzten Bürgermeisterwahlen gewann, wurde der Vertreter der Stadt im Bündnis "Dresden für Demokratie" abberufen und mit anderen Aufgaben betraut.
Bei der Jahresversammlung am 02. Dezember 2008 stellte sich heraus, dass die Oberbürgermeisterin keinen neuen Vertreter der Stadt für als Vertreter im Bündnis benannt hat. Damit fehlt die Koordinierung mit der Stadt und dementsprechend ist das Bündnis als solches quasi arbeitsunfähig. Dadurch ist auch der lokale Aktionsplan gegen Rechtsextremismus 2009/2010 gefährdet. Durch den fehlenden Ansprechpartner der Stadt werden keine Fördergelder für zivilgesellschaftliche Intervention und Prävention zur Verfügung gestellt.

Am 13. Februar hat die Stadt nichts weiter geplant als die Beteiligung am offiziellen Gedenken. Für den 14. Februar hat Oberbürgermeisterin Orosz immer noch ihre Gedenkprozession zu politisch und gesellschaftlich wichtigen Orten vor. Ohne in irgendeiner Form konkreter zu werden.

Die Kritik der jüdischen Gemeinde an der bisherigen Form des Gedenken auf dem Heidefriedhof wurde jedoch angenommen und soll jetzt umgestaltet werden, da es nicht mehr dem Gedenken der Dresdener entspräche. Man darf gespannt sein, was sich die CDU-Stadtverwaltung diesmal ausdenken wird.

Anbei der Artikel aus der Sächsischen Zeitung zum Thema, und ein Text der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zum Thema Naziaufmarsch und Erinnerungskultur anlässlich ihrer Teilnahme an Geh Denken (via).

Continue reading

Neues zum Heidefriedhof – CDU allein mit Nazis?

Auf dem Heidefriedhof in der Dresdener Heide, wird jedes Jahr am 13. Februar das offizielle Gedenken an die Opfer der Bombardierung Dresdens durchgeführt. Dabei werden im Rahmen eines stillen Gedenkens von offiziellen Vertretern der Stadt und das Landes Kränze niedergelegt. Seit mehreren Jahren nehmen auch Vertreter der NPD und weitere Nazis an der Gedenkfeier teil. Das stille Gedenken, das schon lange in der Kritik stand, da es auch revisionistischen Geschichtsinterpretationen Raum lässt, war damit endgültig an die moralischen Grenzen gestoßen.
Wie bereits berichtet wurde, kam die jüdische Gemeinde Dresdens dieses Jahr demonstrativ erst nach dem offiziellen Gedenken zum Heidefriedhof, und sorgte damit für eine öffentliche Diskussion um die Neuausrichtung des Gedenkens. Wenige Tage später war aber in der Öffentlichkeit kaum noch etwas davon zu hören.

Dennoch hat sich tatsächlich etwas getan. Am 13. April 2008 reichte die Linksfraktion im Stadtrat einen Antrag (pdf) „Gegen den Missbrauch des 13. Februar“ ein. Dieser beinhaltet die Aufforderung zur Neugestaltung des Gedenkens mit stärkerer Beachtung des historischen Kontexts. Gleichzeitig soll die Stadt aktiv alles unternehmen, Aktionen die diesem Anliegen entgegen stehen, zu unterbinden. Dieser Antrag stieß wohl vor allem bei der CDU auf Widerstand und am 3. Juli 2008 wurde dann vom Stadtrat nur noch ein weichgespülter kurzer Beschluß (pdf) gefasst. Der Oberbürgermeister wird damit beauftragt, das Gedenken so umzusetzen, wie es auf der Homepage der Stadt im Rahmen für das Erinnern vorgegeben wird, und der Missbrauch zur Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen soll verhindert werden. Weiterhin soll sich die Verwaltung mit Interessenvertretern zusammen setzen, um das Gedenken würdig zu gestalten. Dem sind bisher anscheinend noch nicht viele Taten gefolgt.

Als Reaktion auf das sich schleppende Verfahren, haben die Bündnismitglieder von Geh Denken angekündigt, nicht zum offiziellen Gedenken am Vormittag auf den Heidefriedhof zu gehen, sondern zusammen mit der jüdischen Gemeinde am Nachmittag Kränze zum Gedenken abzulegen. Damit bleiben für das offizielle Gedenken am Vormittag zwei Optionen. Entweder das Gedenken wird bis zum 13. Februar 2009 umgestaltet, oder die CDU-Vertreter werden nächstes Jahr mit den Nazis ziemlich allein auf dem Heidefriedhof stehen.