Ausführlicher Artikel von Recherche Ost auf Indymedia zur JLO, der Veranstalterin bzw. Anmelderin des Großaufmarschs der Nazis. In diesem Jahr stellt die NPD den stellvertretenden Versammlungsleiter. Die JLO hatte jedoch von Beginn an den Aufmarsch angemeldet.
Der Veranstalter des Großaufmarsches in Dresden – Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland
Einmal
im Jahr tritt eine neonazistische Vereinigung in das Blickfeld der
Öffentlichkeit, die ansonsten ein scheinbares Nischen-Dasein im braunen
Schatten der NPD und der Freien Kräfte führt. Dabei kommt dem "Junge
Landsmannschaft Ostdeutschland e.V." (JLO) weitaus mehr Bedeutung zu,
als das Projekt einiger weniger unentwegter "Bekenntnisvertriebener" zu
sein.
Seit Jahren tritt die JLO als Anmelder und quasi "Veranstalter" des "Trauermarschs" zum 13. Februar in Dresden auf.
Ursprünglich als "Junge Landsmannschaft Ostpreußen" als
Jugendorganisation der Vertriebenen-Organisation "Landsmannschaft
Ostpreußen" gegründet, wurde sie schnell zum "Sprungbrett" auf der
Karriereleiter für junge Neonazis. Mittlerweile gibt es eine ganze
Reihe von Kadern der NPD, die ihre ersten politischen Erfahrungen in
der neonazistischen Szene bei der JLO gesammelt haben.
Zwei prominente Vertreter sind hierfür Jürgen W. Gansel und Stefan Rochow.
Bevor
Jürgen W. Gansel 1998 in die NPD eintrat, war er zeitweise schon
Landesvorsitzender der JLO in Hessen gewesen. Als er 2004 für die NPD
in den Sächsischen Landtag einzog, hatte er es in der NPD schon bis in
den Bundesvorstand geschafft und entwickelte sich zudem als
"Chefideologe" der NPD. Seine Magisterarbeit im Fach Geschichte schrieb
er 1999 über "Antikapitalismus in der "Konservativen Revolution" in
Deutschland 1918-1932". Auch 10 Jahre später liegt sein Augenmerk nach
wie vor auf «sozialen» Themen, einem «Antikapitalismus» von rechts und
der sogenannten «Konservativen Revolution»
Durch seine
regelmäßigen ideologischen Texte in der Parteizeitung Deutsche Stimme
fungiert Gansel als Stichwortgeber für die inhaltliche Ausrichtung der
NPD. Im Sächsischen Landtag und weit darüber hinaus sorgte er mit
seiner Rede über den "Bombenholocaust" von Dresden für einen Eklat.
Ein
anderer, inzwischen in der NPD aufgestiegener Neonazi, ist Stefan
Rochow. Der 32jährige Greifswalder war zwischen 1997-2001
stellvertretender Bundesvorsitzender der JLO. 2004 wurde er
Fraktionsmitarbeiter der NPD im Sächsischen Landtag und später
Pressesprecher der NPD-Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern.
Schon
im Jahr 2000 hatte sich die "Landsmannschaft Ostpreußen" von der
Jugendorganisation getrennt, nachdem in den JLO Vorstand unter anderem
der Freiberger Alexander Kleber gewählt worden war, dem seine Nähe zur
NPD vorgeworfen wurde. Im Herbst 2006 musste sich die JLO zudem nach
juristischen Auseinandersetzungen mit der Mutterorganisation in "Junge
Landsmannschaft Ostdeutschland" umbenennen.
Seither propagiert die
JLO "die Wahrung der Einheit aller Deutschen und den Wiederaufbau
Deutschlands in allen seinen Teilen". Seit der Umbenennung gingen auch
ihre Aktivitäten zurück.
Hatte die ursprüngliche JLO
zeitweise über 8 Landesverbände verfügt, führt die JLO-Homepage derzeit
nur noch zwei Landesverbände, in Bayern/Österreich und
Sachsen/Niederschlesien auf. Von denen zudem nur der sächsische Verband
aktuelle Aktivitäten entfaltet. Schwerpunkt der eigenen Arbeit der JLO
ist die Auseinandersetzung mit den ehemals deutschen Gebieten in
Osteuropa. Sie veranstaltet entsprechende "Ostfahrten" sowie
völkisch-kulturelle Aktionen wie Volkstanzabende, Schulungen, Vorträge,
Wanderungen u.a.m.. Diese richten sich vorrangig in die Szene nach
Innen und sollen zur ideologischen und geschichtsrevisionistischen
Selbstvergewisserung beitragen. Ihre Mitglieder beteiligen sich jedoch
oft an Veranstaltungen ideologisch ähnlich ausgerichteter
Gruppierungen. So war der sächsische JLO Landesvorsitzende Kai
Pfürstinger einer der Teilnehmer am "Überbündischen Burgfest" in
Hohnstein, das im Oktober 2008 stattfand. Andere Teilnehmer kamen aus
den neonazistisch orientierten Bünden "Sturmvogel" und "Freibund" sowie
der rassistischen Religionsgemeinschaft "Bund für Gotterkenntnis –
Ludendorfer e.V." . Als Redner trat der Schweizer Holocaustleugner
Bernhard Schaub auf.
Nach Außen tritt die JLO fast ausschliesslich als Veranstalter des "Trauermarsch" in Dresden in Erscheinung.
Der
Freiberger Alexander Kleber, Jahrgang 1977, war lange Zeit der
Landesvorsitzende der sächsischen JLO. In dieser Funktion meldete er
mehrfach den Trauermarsch in Dresden an. Ausserdem pflegte er gute
Beziehungen sowohl zur sächischen NPD(,) als auch zur regionalen
militanten Szene der Freien Kameradschaften aus dem Umfeld der
inzwischen verbotenen Kameradschaft "Skinheads Sächsische Schweiz"
(SSS). Immer wieder war er als Teilnehmer bei Veranstaltungen der SSS
zu Gast. So beispielsweise bei einer Sonnwendfeier im Juni 2003 genauso
wie einem Rechtsrock-Konzert im selben Jahr. Zudem meldete er für
dieses Umfeld im Sommer 2005 in Pirna eine "Gegendemonstration" gegen
eine antifaschistische Kundgebung an. Gleichzeitig war Kleber Kandidat
für das von der NPD dominierte "Nationale Bündnis Dresden" bei der
Kommunalwahl 2004. Nach einem entsprechenden Gerichtsurteil aus dem
Frühjahr 2001 darf Kleber ausserdem als "Neo-Nazi" bezeichnet werden.
Und nicht zuletzt war es die Wahl von ihm in den JLO-Vorstand, die die
"Landsmannschaft Ostpreußen" zum Rauswurf der JLO nötigte.
Ein
anderer Aktivist der JLO Sachsen ist Stephan Roth aus Oybin im Zittauer
Gebirge. Seit Jahren tritt er als regelmäßiger Teilnehmer von
neonazistischen Veranstaltungen in der Region in Erscheinung.
Überregional bekannt wurde er im Zuge des so genannten
"Hirschberg-Prozesses" 2006. Vor dem Landgericht im polnischen Jenenia
Gora waren Roth, der damalige Görlitzer DSU-Stadtrat Jürgen Hösl-Daum
und Robert G. – ein Neonazi aus der Region Bautzen – angeklagt wegen
Beleidigung der polnischen Nation und Aufstachelung zum Völkerhass.
Hösl-Daum erhielt Zehn, die beiden anderen Angeklagten je Acht Monate
Haft auf Bewährung. Die drei hatten im Mai und Juli 2004 in einer so
genannten "Aktion Vergessen" in verschiedenen polnischen Ortschaften
des ehemaligen Schlesiens Plakate geklebt, die vermeintliche
Vertreibungsverbrechen von Polen und Tschechen an Deutschen
anprangerten. Die "Aktion Vergessen" war auch im Mai 2007 und 2008
massgeblich an neonazistischen Aktivitäten um das Gedenken an das
Freikorps Oberland im bayrischen Schliersee beteiligt. Im Namen der
Aktion fungierte Stephan Roth auch als Anmelder eines Fackelmarsches im
ostsächsischen Zittau im Februar 2007 zur "Erinnerung" an die
Bombardierung Dresdens.
Daneben ist Roth in völkisch-bündischen
Zusammenhängen aktiv. Für eine Veranstaltung der rassistischen
Religionsgemeinschaft "Bund für Gotterkenntnis – Ludendorfer e.V." im
November 2008 Dresden konnten sich TeilnehmerInnen bei ihm anmelden.
Ausserdem tritt er als Aktivist der HDJ in Erscheinung. So posiert der
passionierte Gitarrenspieler Roth als Liedermacher in einem Werbevideo
der HDJ.
Durch ihre Umtriebigkeit in den verschiedenen
Spektren des organisierten Neonazismus fungieren die sächsischen
JLO-Aktivisten als Multiplikatoren in der Szene. Obgleich ihre Zahl an
einer Hand abzulesen ist, entfalten sie als Schnittstellen und
Bindeglieder eine deutlich größere Wirkung. Ein Beispiel hierfür ist
der alljährliche Großaufmarsch zum 13. Februar in Dresden.
Die JLO
nimmt unter anderem dadurch im heutigen Geflecht der neonazistischen
Szene eine Schlüsselrolle ein. Unter ihrer, zumindest nominellen Regie,
als Anmelder und Veranstalter des "Trauermarsches" in Dresden
entwickelte sich dieser von einem ursprünglich regionalen zum
wichtigsten Großaufmarsch der Szene mit einer Bedeutung weit über
Deutschland hinaus. Als "Durchlauferhitzer" in neonazistischen
Polit-Karrieren spielt die JLO ebenfalls eine gewichtige Rolle.
Nichts
desto trotz wird der JLO, zumindest die Nähe zur NPD auch szeneintern
zum Vorwurf gemacht. Unter anderem die in den Jahren etablierte
Außendarstellung und -wahrnehmung des Marsches als eine
"NPD-Veranstaltung" führte dazu, dass sich Neonazis aus dem Spektrum
der freien Kräfte entschlossen, jährlich eine "Aktionswoche"
durchzuführen, deren Höhepunkt ein "Gedenkmarsch" bildet, welcher
direkt am Abend des 13. Februar stattfindet. An diesem Aufmarsch sind
im Gegensatz zum samstäglichen Großaufmarsch Parteifahnen u.ä. strikt
unerwünscht.
Quelle:
–
de.indymedia.org/2009/02/241165.shtml
– Artikel von Recherche Ost