Nach dem 9. November steht der nächste Termin an, der im Zeichen des Nachdenkens und Erinnerns an den Nationalsozialismus steht – der Tag der Opfer des Faschismus am 27. Januar. Auch an diesem Tag gibt es ein offizielles Gedenken in der Stadt, und auch hier will der AK Antifa mit einer eigenen Aktion Akzente setzen.
Das Erinnern an die Geschichte, z.B. an die Deportationen am Bahnhof Neustadt, soll mit aktuellen Bezügen zum 13. Februar und zur Naziszene in Dresden verbunden werden.
Kommt daher zur Kundgebung um 17.30 Uhr am Bahnhof Neustadt!
Aufruf zum 27. Januar – Tag der Opfer des Faschismus
Vor 65
Jahren befreiten sowjetische Truppen das Vernichtungs- und
Konzentrationslager Auschwitz. Die Soldaten fanden in dem Hauptlager
über 6000 Gefangene vor, die an Unterernährung, Krankheiten,
sklavenhafter Zwangsarbeit und weiteren Misshandlungen litten.
Noch
in den Tagen zuvor versuchte die Wehrmacht durch die Evakuierung (die
sog. Todesmärsche) von ca. 60 000 Menschen, der Erschießung mehrerer
hunderter Menschen und den Versuch der Vernichtung materieller Beweise
die historische Realität zu verwischen.
Wenige Tage später wurde die Weltöffentlichkeit mit Bildern der realen Katastrophe Auschwitz konfrontiert.
Durch
die Bilder von den Gräueltaten wurde Auschwitz zum Symbol der
wahnsinnigen Vernichtung sämtlicher nicht im NS-System akzeptierten
Bevölkerungsgruppen.
Gestern
Das Lager Auschwitz
umfasste das Hauptlager „Auschwitz I (Hauptlager)“, Auschwitz II (
Auschwitz-Birkenau)“, Auschwitz III (Auschwitz-Monowitz), dazu kamen
weitere Außenlager. Insgesamt erstreckte sich das Lager auf eine Fläche
von ca. 40 km2 . In den angrenzenden Lagerbereichen hatte unter anderem
die Firma „I.G. Farben“ ein Werk in dem die Gefangenen synthetischen
Gummi herstellten.
Zwischen 1940 und 1945 wurden in dem gesamten
Lager ca. 1,1 Millionen Menschen systematisch ermordet. Darunter einer
sehr großer Teil Juden und Jüdinnen aber auch polnische Zwangsarbeiter,
politisch Intellektuelle, Homosexuelle, Sinti und Roma und
antifaschistische Widerstandskämpfer_innen.
Mit der militärischen Zerschlagung Nazideutschlands wurde der Vernichtung alle „anders gearteten“ ein praktisches Ende gesetzt.
Die
Ideologie ist aber damit nicht gestorben. Bei der sog. Entnazifizierung
Deutschlandes wurde ein nur geringer Teil der Verbrecher_innen
angeklagt und verurteilt. Viele konnten sich aber auch ihrer Strafe
entziehen und haben später in der BRD weiterhin wichtige Posten in
Politik und Wirtschaft besetzt. Als Beispiel sei hier der spätere
Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger genannt, der von 1933-1945, also von
der Machtergreifung bis zur militärischen Niederlage und damit ganz
bewußt, Mitglied in der NSDAP war und später stellvertretender Leiter
der „Rundfunkpolitischen Abteilung“ des NS-Staatsapparates.
Es
gibt noch viele weitere Beispiele die aufzeigen das die
NS-Vergangenheit schon so kurz nach Kriegsende nicht komplett
aufgearbeitet wurde und bestimmte wirtschaftlich wichtige Personen
scheinbar mit minderen Strafen bzw. Straf frei davon kamen. (siehe
Bundeswehr, Siemens, etc.)
Heute
In der sowjetischen
Besatzungszone und auch später in der DDR wurde die Dimitroffthese zur
Staatsdoktrin erhoben. Der Faschismus war demnach eine Diktatur von
Teilen des Kapitals, dem im wesentlichen nur die Arbeiterbewegung
heroischen Widerstand entgegen gesetzt hatte. Die breite Bevölkerung
die beim nationalsozialistischen Projekt teils begeistert mitgemacht
hatte, war somit fein raus.
Im Westen dagegen wurde demokratische
Umerziehung versucht. Die Entnazifizierung blieb hier weitgehend
symbolischer Natur. Zahlreiche hochgradig Belastete konnten in der BRD
weiter Karriere machen. Daran entzündete sich der Unmut der 68er
Bewegung, welche zu Recht, die mangelnde Ehrlichkeit im
postfaschistischen Deutschland hinsichtlich der Vergangenheit
monierten.
Seit den 80ern findet auch die sog. „Auschwitzlüge“
immer weitere Verbreitung. Diese Theorie, 1972 von dem ehemaligen
SS-Sonderführer Thies Christophersen veröffentlicht, besagt, dass
Auschwitz kein Vernichtungslager, sondern „nur“ ein Arbeitslager
gewesen sei. Ebenso wird dabei der Holocaust mit sechs Millionen
vorrangig jüdischen Opfern und ihre Vergasung bzw. die Existenz der
Gaskammern geleugnet. Damit wurde und wird auch heute noch von den
Protagonisten der Auschwitzlüge der Versuch unternommen, die deutsche
Geschichte von deren besonders grausigen Teil der
nationalsozialistischen Herrschaft rein zu waschen, um folglich als ein
„Volk ohne Schuld“ dazustehen.
In ländlichen Regionen Sachsens,
wie der Oberlausitz, Sächsischen Schweiz oder auf vielen Dörfern, sind
mittlerweile Kameradschaften fest in der Bevölkerung verankert. Sie
nennen sich seit ein paar Jahren „Autonome Nationalisten“ oder
„Nationale Sozialisten“. Schon allein durch diese Bezeichnung, die sie
sich selbst geben, wird ihre Nachfolgeschaft in der Tradition des NS
mehr als deutlich. Auch stehen sie ihren Vorbildern, wie der SA in
nichts nach. Hetzjagden auf Migrant_innen, politisch anders Denkende,
Antifaschist_innen oder einfach welche, die nicht in ihr Weltbild
passen, sind schon lange keine Besonderheit mehr.
Seit über 10
Jahren findet in Dresden ein Naziaufmarsch statt, der sich zum größten
regelmäßigen Neonazi-Aufmarsch in Europa, mit über 6000
Teilnehmer_innen entwickelt hat.
Morgen
Wo soll das alles
in den nächsten Jahren hinführen? Wird es zur Normalität gehören, dass
Nazis öffentlich ihre menschenverachtende Scheiße ungehindert unter das
sogenanntes „Volk“ bringen können? Müssen wir uns damit abfinden, dass
der Staat weiterhin Menschen die sich gegen Nazis stellen
kriminalisiert und die Justiz Täter mit rassistischen und
diskriminierenden Weltbildern frei spricht?
Wir sagen: NEIN!
Wir
wissen, dass das Problem der NS-Ideologie nicht einfach zu lösen ist.
Aber die Augenwischerei die heutzutage betrieben wird, ist definitiv
der falsche Weg.
Nazis gehören aus ihrer Anonymität geholt und ihre Taten müssen verurteilt werden.
Jeder
der heute sagt, dass es ihn nichts angehe, oder dass es egal ist, macht
sich mitschuldig an dem erstarken der „neuen Rechten“.
Wir werden nicht länger dabei zusehen, wie die Scheiße von „damals“ immer weiter um sich greift.
Wir werden weiterhin Ross und Reiter benennen und uns den Nazis entgegenstellen.
Der
65. Jahrestag wird aller Voraussicht nach der letzte runde Jahrestag
sein, an dem noch Zeitzeugen unter uns weilen, die ihre Erfahrungen und
Erlebnisse an die jüngere Generation weitergeben können.
Wir
rufen alle Antifaschist_innen auf, sich am 27. Januar 2010 gemeinsam
der Opfer des NS zu erinnern, um aus der Geschichte zu lernen.
Kundgebung zur Erinnerung an die Opfer des NS
Mittwoch, 27. Januar 2010
17.30 Uhr am Neustädter Bahnhof (Schlesischer Platz)
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