SäZ: Wie andere Städte mit großen Neonazi-Demos fertig werden

Mittwoch, 18. Februar 2009
(Sächsische Zeitung)

Wie andere Städte mit großen Neonazi-Demos fertig werden

Von Claudia Parton

In Dresden gibt es neue Diskussionen, wie mit dem europaweit größten rechten Aufmarsch umzugehen ist

Jena/Dresden. Der bei dem Überfall nahe Jena von Neonazis schwer verletzte Teilnehmer der Demonstration „GehDenken“ in Dresden ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Gera auf dem Weg der Besserung. Er war mit einem Schädelbruch in die Jenaer Uniklinik eingeliefert worden. Nach drei schwedischen Rechtsextremisten fahnden die Ermittler noch. Unterdessen flammt in Dresden die Diskussion erneut auf, wie mit dem Aufmarsch der Neonazis rund um den Gedenktag der Bombardierung umzugehen sei. Was taten andere Städte?

15000 Kölner stoppen rechtsextremen Kongress

Rund 15000 Bürger stoppten im Herbst einen Kongress europäischer Rechtsextremisten in Köln. Taxifahrer weigerten sich, die Teilnehmer zu befördern. Wirte druckten „Kein Kölsch für Nazis“ auf Bierdeckel. Demonstranten blockierten die Innenstadt. An der Spitze: Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU). „Die Kölner wünschen sich von ihrem Oberbürgermeister deutliche Worte“, sagte eine Stadtsprecherin. Für Mai ist aber ein zweiter Kongress angekündigt.

Leipziger verhindern Marsch zum Völkerschlachtdenkmal

Sechs Jahre lang versuchten Neonazis, einen Aufmarsch zum Völkerschlachtdenkmal zu erzwingen. Leipziger meldeten zeitgleich große Feste an. Der Marsch wurde stets aus Sicherheitsgründen verlegt. Zudem erließ die Stadt zahlreiche Auflagen, deren Einhaltung die Polizei stundenlang kontrollierte. Nie erreichten die Neonazis ihr Ziel. Einen Aufmarsch 2008 sagten sie ab.

CSU-Sitzblockade gegen Hess-Marsch in Wunsiedel

Das Grab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im bayerischen Wunsiedel zog seit Mitte der 1980er Jahre Tausende Neonazis an. Bürgermeister Karl-Willi Beck (CSU) ertrotzte vom Bundestag eine Verschärfung des Strafrechts. Seit 2005 wurden die Aufmärsche verboten. In den Jahren zuvor hatte es große Gegendemonstrationen gegeben. Beck setzte sich 2004 mit Hunderten auf die Straße, blockierte so den rechten Zug. Beck heute: „Wir hatten auch deshalb so einen Erfolg, weil von der CSU bis zur Linkspartei alle demokratischen Kräfte zusammengearbeitet haben.“

Jenaer vertreiben rechtes Musikfestival

In Jena rufen Neonazis regelmäßig zum sogenannten Fest der Völker. 2007 campierten Tausende Jenaer zwei Tage lang auf der Wiese vor dem angemieteten Platz. Im Jahr darauf wichen die Rechtsextremisten nach Altenburg aus. 700 Jenaer reisten zum Protest hinterher, auch Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD). Anders als Dresden habe Jena seinerzeit die geplante Route der Rechtsextremisten bekannt gegeben, so Schröter. „Die Gegendemonstranten müssen in Ruf- und etwas mehr als Steinwurfweite zu den Rechtsextremisten protestieren dürfen. Es ist ein politisches Recht, dass ihr Protest auch wahrgenommen wird.“

 

Quelle:

http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2078014

Comments are closed.