SäZ: Was brauchen „wir Dresdner“ im Februar 2010?

Mittwoch, 18. Februar 2009
(Sächsische Zeitung)

Was brauchen „wir Dresdner“ im Februar 2010?

Von Oliver Reinhard

Auch CDU-Mann Rohwer schlachtet das Gedenken an die Opfer vom Februar 1945 aus – und schadet ihm.
Der 37 Jahre junge CDU-Kreischef Lars Rohwer ist ein engagierter und ambitionierter Politiker. Das ist grundsätzlich gut. Man kann in ihm aber zudem einen Hitzkopf sehen, dem in seinem Wunsch nach Profilierung mitunter ganze Pferdeherden durchgehen. Wie jetzt, als Rohwer in kalkuliertem Lokalpatriotismus die sonnabendliche Abschlussveranstaltung des politisch breit gefächerten „GehDenken“-Bündnisses gegen den Aufmarsch von Rechtsextremisten aufs Korn nahm. Er verkündete in absolutistischer Manier: „Wir Dresdner brauchen an diesem Tag keine zu Rockmusik tanzenden Linken auf dem Opernplatz!“

Ewiger „Opfermissbrauch“

Nun muss und wird man sicher darüber diskutieren, in welcher Form „wir Dresdner“ künftig an die Bombenangriffe vom Febraur 1945 erinnern und „uns“ gegen rechtsextremen Missbrauch des Ereignisses wehren sollten. Nur darf ein derart wichtiges Anliegen keinesfalls Lars Rohwer überlassen werden. Und keinem Politiker, der wie er das „GehDenken“-Bündnis zur „linken“ Gruppe verfälscht und jegliche Protestformen gegen laute Nazi-Aufmärsche ablehnt. Außer die in diesem Falle leider wirkungslosen „Ruhe und Besinnung“. Der die Form des bürgerlichen Gedenkens Tausender Demokraten überdies schmäht, um daraus populistisches Kapital zu schlagen. Bedauerlicherweise mit jenem Totschlagsargument, das auch NPD-Chef Holger Apfel gerne benutzt: „Das ist eine Verhöhnung der Opfer.“ Also mit einem Satz, der seinerseits einen Opfermissbrauch darstellt.

Sehnsucht nach dem Bündnis

Im Gegensatz zu Rohwer war sein Parteifreund Patrick Schreiber stolz, „dass sich so viele Menschen an den verschiedenen Demonstrationen beteiligt haben und damit ein deutliches Signal gegen den braunen Sumpf und dessen Geschichtsverfälschung“ setzten. Zudem sind mittlerweile das „GehDenken“-Bündnis und Mitglieder aller demokratischen Parteien grundsätzlich einig, dass Dresden mit Blick auf den 13. Februar 2010 dringend ein überparteiliches Bündnis benötigt gegen rechtsextremistische Umtriebe, welche Form auch immer es haben wird. Eins, das die tapferen Worte der CDU-Oberbürgermeisterin Orosz („Die Bürger dieser Stadt wissen sich zu wehren“) in die Tat umsetzt.

Aber dieses dringend notwendige Bündnis, auch das wissen alle daran Interessierten, ist eine überaus schwere Geburt. Um so wichtiger wird es nicht nur für die CDU sein, offensichtliche Bündnisgegner wie Lars Rohwer, denen jegliche Toleranz gegenüber Anders-Gedenkenden abzugehen scheint, so schnell wie möglich zu integrieren.

 

Quelle:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2077556

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