Stadt will gemeinsamen Protest gegen Nazis, Sächsische Zeitung hetzt weiter gegen Autonome

Das Rätselraten um den Umgang der Stadt mit dem Naziaufmarsch zum halbrunden Jahrestag der Bombardierung ist zum Teil beendet: Oberbürgermeisterin Orosz kündigt an, den Protest unter ihre Fittiche zu nehmen und so die Spaltung in der Bürgerschaft, die letztes Jahr durch das Gezetere der CDU ausgelöst wurde, zu beenden. Auch wenn in den Zeitungsartikel schon von konkreten Aktionen wie der Menschenkette die Rede ist: Soweit sind die gemeinsamen Planungen des städtischen Bündnisses und der Zivilgesellschaft dann doch noch nicht.

Alexander Schneider hingegen schreibt die verdrehten Tatsachen, die die Sächsische Zeitung schon kurz nach dem 13.2. brachte, weiter fort („Randale überschattet Gedenken“). Die Realität sah anders aus: Nachdem die Polizei mit einem mehrreihigen Spalier, weiträumigen Absperrungen mit Hamburger Gittern auf dem Altmarkt und Wasserwerfern jeglichen Blockadeversuch unterbunden hatte, stoppte die Polizei die Demonstration von No pasarán noch bevor diese ihre Abschlußkundgebung erreicht hatte und zwang sie zur Auflösung. Dies war nur mit einem gewaltsamen Polizeieinsatz aus heiterem Himmel zu machen, und der blieb nicht gänzlich unbeantwortet. Von den 30 verletzten Beamten, die Alexander Schneider im Artikel als Beleg heranzieht, sind jedoch lediglich vier „tätlich angegriffen“ worden, so die Antwort auf eine Kleine Anfrage von Cornelia Ernst im Sächsischen Landtag. Den eigentlichen Skandal stellte also das Vorgehen der Polizei dar, wie auch der gewalttätige Einsatz am späten Nachmittag an der Synagoge zeigt, der von der Sächsischen Zeitung nach wie vor ignoriert wird.

Sächsische Zeitung, 13. Oktober 2009

Stadt plant Menschenkette zum 13. Februar

Tausende sollen sich rund um das Zentrum versammeln. Dresden will ein Zeichen für Frieden und gegen Neonazis setzen.

Dresden
– Die Stadt hat mit den Vorbereitungen zum 65. Jahrestag der Zerstörung
Dresdens begonnen. Nach mehreren kleinen Runden debattierte
Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) gestern mit rund 25 Vertretern
aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Religion über
Aktionen zum 13.Februar 2010. „Konsens war, dass wir der Zerstörung der
Stadt gedenken, und ein Zeichen gegen Rechtsextreme setzen wollen“,
sagte die CDU-Politikerin im Gespräch mit der SZ.

In der Altstadt sollen voraussichtlich ab dem Mittag mehrere Veranstaltungen
angeboten werden. Die wohl eindrucksvollste: Mit einer Menschenkette
will Dresden ein Zeichen gegen Rechtsextreme setzen, die den 13.Februar
alljährlich zum Anlass für einen sogenannten Trauermarsch durch die
Stadt nehmen. Nach Orosz‘ Vorstellung sollen sich „zwischen 5000 und
7000 Dresdner“ für ein bis zwei Stunden zu einer Kette formieren.
Voraussichtlich soll sie das Gebiet zwischen Frauenkirche, Synagoge,
Altmarkt und der Gedenkstätte Busmannkapelle umschließen.

Details sind unklar, die Planungen noch nicht abgeschlossen. Orosz betonte,
dass die Stadt an Schulen über den 13.Februar aufklären und möglichst
viele Jugendliche animieren will, sich an der Kette zu beteiligen.
Geplant sind unter anderem eine Andacht an der Frauenkirche und
Gespräche mit Zeitzeugen.

Die Aktionen sollen unter dem Dach der Stadt ablaufen. So soll Streit zwischen demokratischen Parteien vermieden werden. Die waren in diesem Jahr uneins, wie sie den Rechten entgegentreten sollen. (SZ/ale)

Quelle:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2286744


Sächsische Zeitung, 7. Oktober 2009

Großdemos zum 13. Februar angekündigt
Von Alexander Schneider

Sächsische Verfassungsschützer machen derzeit wenig Hoffnung, dass am 13. Februar
2010 weniger Nazis in Dresden marschieren werden als 2009. Der Tag wird
auf einen Sonnabend fallen und ausgerechnet da jährt sich die
Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg zum 65. Mal. Es ist zu
fürchten, dass noch mehr Rechtsradikale in Dresden ihr durchschaubares
Trauerspiel veranstalten werden als 2009. „Einen Einfluss darauf hat
auch, inwieweit Rechtsextremisten an anderen Demonstrationen
festhalten“, sagt Alrik Bauer, Sprecher des Verfassungsschutzes.

Am 14. Februar 2009, auch ein Sonnabend, nahmen 6500 Rechtsextreme an dem
„Trauermarsch“ der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) –
unterstützt von der NPD – teil. Das war laut Verfassungsschutz die
bislang größte Nazi-Demo in Dresden. Schon am Vorabend waren 1300
Rechte durch die City gezogen.

Die Landeshauptstadt hat sich in den letzten fünf Jahren zum bundesweit bedeutendsten Aufzugsort der Szene entwickelt. Sie reist aus ganz Europa an. Und weil das so ist,
werden – neben Tausenden friedlichen Demonstranten – auch Hunderte
gewaltbereite Autonome und Linksextremisten bundesweit anreisen.
Möglicherweise auch in einem nicht dagewesenen Ausmaß. 2009 waren es
laut Verfassungsschutz rund 2000.

Schon jetzt laufen bei der Polizei die Vorbereitungen des Großeinsatzes an – 2009 waren 4300 Beamte im Einsatz. Sie müssen die Lager konsequent trennen, um eine
Eskalation der Gewalt zu verhindern. 2009 gelang das nicht ganz: Der
Zorn der auf Distanz gehaltenen Gegendemonstranten – sie wollten den
rechten Trauermarsch gewaltsam stoppen – richtete sich bald gegen die
Beamten. Es gab Ausschreitungen, 30 Beamte wurden verletzt, ebenso
viele Polizeifahrzeuge beschädigt. Vor und nach dem Trauermarsch kam es
auch zu Übergriffen von Rechtsextremen in Dresden, bei Chemnitz und
Jena, wo Antifaschisten zum Teil schwerst verletzt worden waren.

Polizei und Justiz reagierten konsequent. Seit Februar wurden Verfahren gegen
rund 100 Verdächtige eingeleitet, 30 Beschuldigte angeklagt, meist
wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung.

Für 2010 gibt es schon jetzt im Dresdner Ordnungsamt Anmeldungen für sieben
Veranstaltungen. Der JLO-Marsch wurde bereits im März 2007 eingereicht.
Auch das unterstreicht seine Bedeutung für die rechte Szene.

Quelle:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2281445


Sächsische Zeitung, 6. Oktober 2009

Orosz will Dresdner für Gedenken zum 13.Februar einen

Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) will einen erneuten Streit um das Gedenken am 13. Februar verhindern und mit allen demokratischen Akteuren auch gegen den
Missbrauch des Tags durch Rechtsextremisten Flagge zeigen.

Anlässlich des diesjährigen Braunen-Aufmarsches hatten sich die demokratischen
Kräfte über Gegen-Aktionen zerstritten. Das soll sich nicht
wiederholen. Seit Wochen sitzt Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) an
einem Konzept für diesen Tag. Oberstes Anliegen: Die Einigkeit der
Demokraten. „Ziel ist es, dass alle Veranstaltungen von Stadt, Kirchen
und demokratischen Initiativen unter einem Dach stattfinden“, sagte
Orosz der SZ. „Dazu bin ich in guten, konstruktiven Gesprächen.“

Das war nicht immer so. Anlässlich des diesjährigen 13. Februars stand
Dresden bundesweit in den Schlagzeilen. Ein Bündnis aus vorwiegend
linken Parteien, Kirchen und Gewerkschaften hatte unter dem Motto „Geh
Denken“ zu einer Kundgebung gegen den europaweit größten
Neonazi-Aufmarsch aufgerufen. Allerdings ohne die CDU. Der „Geh
Denken“-Aufruf sei in Teilen aggressiv und werde dem Ziel „Versöhnen
durch Erinnerung“ nicht gerecht, sagte CDU-Kreischef Lars Rohwer
damals. Die Folge: Auch Orosz schloss sich nicht an. Sie rief das
stille Gedenken auf dem Altmarkt ins Leben. So entstand der Eindruck,
dass Dresdner ohne ihre erste Bürgerin gegen Neonazis demonstrieren. Am
Gedenken auf dem Altmarkt dürfte Orosz festhalten. Dort erinnert ein
Spruchband an die Verbrennung Tausender Leichname 1945. Geplant sind
zudem Gottesdienste, womöglich eine Andacht vor der Frauenkirche sowie
Proteste gegen Rechtsextreme. Da der 13. Februar im kommenden Jahr auf
einen Sonnabend fällt, rechnen Sicherheitskreise mit viel Zulauf für
die Braunen. In diesem Jahr waren es rund 6000, die am 14. Februar –
einem Sonnabend – durch Dresden zogen. (SZ/ale)

Quelle:
http://www.sz-online.de/Nachrichten/Dresden/Orosz_will_Dresdner_fuer_Gedenken_zum_13_Februar_einen/articleid-2280554

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