Der 13. Februar 2009 in Dresden

Auf indymedia erschien heute ein Artikel zum 13. Februar in Dresden, kurz: Nazis, Bürgern und Gegenaktivitäten.
Als Anmerkung zur Idee innerhalb Geh Denkens – alternativ zum Heidefriedhof – mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK), zu gedenken, empfehlen wir die Lektüre dieses Artikels zum VDK. Im folgenden der Beitrag von Indymedia…

Der wohl neuralgischste Tag Dresdens rückt in
greifbare Nähe – der 13. Februar, 64. Jahrestag der Bombardierung der
Stadt im 2. Weltkrieg. Die Nazis rüsten sich, die Offiziellen und
Bürgerlichen bereiten sich vor, und die Antifa mischt hoffentlich
kräftig mit. Ein Überblick über die politische Situation in der Stadt
und die Möglichkeiten zu protestieren.

1.) Aktionswoche und Fackelmarsch der Nazis zum 13. Februar


Der
13. Februar in Dresden hat für die Nazis nach wie vor hohe Bedeutung.
In den letzten Jahren unternahmen sie verstärkt Aktivitäten, um den
Anschluss an bürgerliche Kreise wiederzugewinnen, der ihnen aufgrund
der allgemeinen inhaltlichen Abgrenzung durch Stadt, Parteien, Medien
und bürgerschaftlichem Engagement immer mehr schwindet; da bis hin zur
CDU auf eine historische Kontextualisierung und die Einbeziehung der
Opfer des Nationalsozialismus gesetzt wird.

Seit 2007
versuchen die Nazis mit einer sogenannten Aktionswoche mehr bürgerliche
Aufmerksamkeit zu erreichen. Dabei handelt es sich um eine minimale
Aufstockung des ohnehin seit zehn Jahren bekannten Programmes, also den
Großaufmarsch, eine Saalveranstaltung wahlweise mit Dr. Olaf Rose,
Peter Naumann und/oder Podium mit "eigenen" Zeitzeugen und einer
Kranzniederlegung bei einem Gedenkstein in Nickern. Auf eine Woche
gestreckt bedeutet dies, das am Montag wahlweise Transparente in der
Stadt aufgehängt oder Papierschnippsel herumgeworfen wurden, am
Dienstag oder Mittwoch ein "Die-In" mit als Skeletten verkleideten
Nazis stattfand, am Donnerstag Kerzenflöße die Elbe herabgelassen
wurden – dann folgen wie schon erwähnt am Freitag Saalveranstaltung und
am Sonntag Kranzniederlegung in Nickern (bzw. 2008 andersrum Freitag
Kranzniederlung und Sonntag Saalveranstaltung) und am Samstag
Großaufmarsch.

Am 13.2. selbst findet seit 2007 ein
zusätzlicher Großaufmarsch in den Abendstunden mit Fackeln statt. Das
es seit einigen Jahren also gleich zwei Aufmärsche gibt, hat ebenso den
Grund darin, dass mit der Präsenz am 13. abends in der Innenstadt die
unmittelbare räumliche Nähe zu den BürgerInnen gesucht wird, die zu den
offiziellen Veranstaltungen unterwegs sind. Außerdem finden am 13.2.
bundesweit Aktionen statt, auch hier aus dem genannten Programm:
Kranzniederlegungen, Mahnwachen, Kundgebungen, Transparent- und
Schnippselaktionen, sowie Veranstaltungen.

Auf der Straße
erzielen die Nazis mit ihren Aktiönchen auch kurzfristige Effekte, da
BürgerInnen in der Regel erst einmal freundlich gesinnt sind, wenn die
Schrecken der Bombardierung thematisiert werden. Meist ist es mit der
Freundlichkeit jedoch vorbei, sobald sich herausstellt, dass es sich um
Nazipropaganda handelt. Inwieweit es den Nazis gelingt, das zu
verbergen bzw. die BürgerInnen das nicht erkennen (wollen) ist die
andere Frage, abgesehen von dem nicht unbeträchtlichen Teil der
BürgerInnen, die ohnehin mit den Nazis symphatisieren.

Für die
Innenwirkung bei den Nazis selbst, ist eine erhebliche Wirkung
festzustellen. Mit den Aktionen und viel mehr noch den Aufmärschen
werden Symphatisanten eingebunden, es wird Ideologie über Emotion
vermittelt und damit viel stärker festgesetzt und vor allem wird mit
den Großaufmärschen Stärke und Zusammengehörigkeit vermittelt, die für
viele dazu führen, sich anschließend im Sinne der Nazis zu
"engagieren", was sich auch in einer steigenden Zahl brutaler Angriffe
vor allem auf MigrantInnen niederschlägt.

Für 2009 wird die
Bedeutung dieses kleineren Großaufmarsches gar noch steigen. Da sich
für den 14. breiter und massenmobilisierender Widerstand formiert, für
den 13. jedoch nicht in dem Maße, ist die Überlegung, hier noch einmal
relativ ungestört zu marschieren durchaus gegeben. Da es sich außerdem
um den Freitag vor dem Großaufmarsch am Samstag handelt, ist es auch
rein praktisch gesehen wahrscheinlicher, dass mehr Nazis die
Möglichkeit haben anzureisen, um dann gleich dazubleiben. Sollten es um
die 2.000 Nazis am 13.2.2009 werden, wäre das also keine Überraschung,
da sie bereits letztes Jahr, als der abendliche Fackelmarsch am
Mittwoch stattfand, weit über 1.000 Nazis waren.

2.) offizielles Gedenken auf dem Heidefriedhof am 13. Februar


Seit
vielen Jahren spielt sich bei der offiziellen Kranzniederlegung am 13.
Februar um 11 Uhr am Heidefriedhof ein regelmäßiger Skandal ab, der die
Öffentlichkeit als solcher nicht erreicht. In immer größeren Mengen
nehmen Nazis an der Veranstaltung teil, d.h. hier findet ein
gemeinsames Gedenken, der Hochoffiziellen Sachsens, der
Parteienvertreter, Botschafter, BürgerInnen und Nazis statt. Bisher war
die Stadt Dresden als Veranstalterin nicht in der Lage auch nur
irgendetwas dagegen zu unternehmen. Mittlerweile wächst aber Unmut und
Kritik – zumindest hinter den Kulissen. Einen öffentlichen
Antinaziprotest kann sich an diesem Tag offenbar – so nötig dieser ist
– noch immer niemand so richtig vorstellen. Hier zeigt sich auch die
ganze Unbeholfenheit, Schwerfälligkeit und Verbohrtheit der Stadt, wenn
es darum geht, auch an sensiblen Stellen richtig gegen Nazis zu handeln.

Dieses
Jahr ist die CDU am Drücker und versucht ihr Glück. Die bisherigen
Kritiker aus der Jüdischen Gemeinde wurden mit ins Boot geholt und die
langangekündigten "Protokolländerungen" sollen die Nazis auf Abstand
halten. Das wird darauf hinauslaufen, dass die ParteienvertreterInnen
und damit auch die der Abordnung der NPD im Landtag und des Nationalen
Bündnis Dresden im Stadtrat, nicht mehr zusammen mit den Vertretern der
Landeshauptstadt, der Landesregierung, den Botschaftern und religiösen
Vertretern ihre Kränze ablegen dürfen. Es wird also lediglich eine
räumliche und zeitliche Trennung der Offiziellen vom allgemeinen
‚Pöbel‘ geben. Die Oberbürgermeisterin erwartet dafür auch noch
zahlreiche Beteiligung aus der Bevölkerung. Jedoch hat diese
Beteiligung in den letzten Jahren – mit dem Anwachsen des Nazimobs –
deutlich abgenommen.

Unklar ist, ob es im Rahmen einer Rede
noch eine inhaltliche Abgrenzung geben wird, die wie schon erwähnt,
bitter nötig wäre, um die Nazis zu vergraulen bzw. ihnen das Wasser
abzugraben. Ein Lichtblick hätte dabei sein können, dass z.B. auch der
dieses Jahr anwesende Deligierte Coventrys, mit indisch-migrantischem
Background; durch einen entsprechenden Beitrag, zu Wort kommen könnte.
Doch dazu wäre es nötig, das bisher schweigende Zeremoniell zu ändern
und dafür glaubt das konservative Dresden in seinen verkrusteten
offiziellen Strukturen noch nicht bereit zu sein. Zynischerweise könnte
man wünschen, dass sich die Nazis an der Absperrung vorbeidrängen. Dann
wäre der Skandal wenigstens kein kaschierter mehr und es gäbe
hoffentlich endlich einmal den nötigen ‚Aufschrei‘ in der
Öffentlichkeit.

Auch VertreterInnen aus dem Stadtrat bzw. von
Geh Denken debattieren noch heiß, wie sie mit dem Desaster umgehen
werden. Als mögliche alternative Veranstaltung, um die
Heidefriedhofveranstaltung zu meiden, gilt dabei die
Gedenkveranstaltung der Evangelischen Kirche und des Volksbundes
Deutsche Kriegsgräberfürsorge 15.00 Uhr auf dem Johannisfriedhof. (Quelle)

3.) Gegenaktivitäten


Aus
alledem sollte klargeworden sein, wie wichtig auch dieses Jahr wieder,
die antifaschistischen Proteste am 13. Februar sein werden. Stilles
Gedenken hier, und stiller Trauermarsch dort – doch es bedarf
deutlicher und laut ausgesprochener Worte und Taten, um die Propaganda
der Nazis und Revisionisten wirkungslos zu machen.

Dabei
wünschen wir einer Linken, ihre antinationalen, antimilitaristischen
und humanistischen Basics nicht zu vergessen. Insbesondere ein Abfeiern
der Kriegstoten halten wir für ungeeignet, ja kontraproduktiv und
menschenverachtend, um am 13. Februar antifaschistische Kritik im
Gedenkdiskurs zu äußern.

Auf drei Kundgebungen sei an dieser
Stelle hingewiesen, an der sich wahrscheinlich unterschiedliche
Spektren formieren werden – No pasarán empfiehlt den Besuch der
Kundgebung am Rathaus, ohne direkt an dieser beteiligt zu sein. Das
bürgerliche Spektrum bzw. Geh Denken-Umfeld wird sich an der Synagoge
bei der Kundgebung des Kulturbüro Sachsens sammeln und ein weiteres
Antifa-Bündnis unter dem Label Venceremos manifestiert sich an der
Altmarktgalerie mit einem Electro-Konzert.

Die Kundgebungen im Überblick:


Rathaus "Goldene Pforte"/Trümmerfrau, Nähe Pirnaischer Platz
16 Uhr
Treffpunkt und Infos für AntifaschistInnen
Motto: Keine Abschlusskundgebung der Nazis an der Trümmerfrau

Synagoge, Nähe Rathenauplatz
16 Uhr
Kundgebung und Mahnwache
Motto: Erinnern als Engagement für Frieden, Demokratie und Menschenrechte

Altmarktgalerie, Dr. Külz Ring
17 Uhr
Kundgebung mit Auftritt von Egotronic und Frittenbude
Motto: Keine Versöhnung mit Deutschland

Nazitreffpunkt ist momentan 18 Uhr in der Nähe des Hauptbahnhofes.

 

Quelle:
de.indymedia.org/2009/02/240888.shtml

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