SäZ: Nazi-Aufmarsch löst Debatte zum Umgang mit Rechtsextremen aus

Sächsische Zeitung, Montag, 16. Februar 2009

Nazi-Aufmarsch löst Debatte zum Umgang mit Rechtsextremen aus

Der Aufmarsch von rund 6.000 Neonazis am Samstag in Dresden hat die Debatte zum Umgang mit Rechtsextremen erneut entfacht.
Dresden – Der Zentralrat der Juden sprach von einem dramatischen Signal. Der Aufzug zeige, dass die Warnungen vor der wachsenden Gefahr von Rechts weder Phantomschmerzen seien noch unnötige Hysterie oder Panik, sondern berechtigte Sorge, sagte Generalsekretär Stephan Kramer am Montag in der „Berliner Zeitung“. Er kritisierte, dass sich keine Bundesprominenz von konservativer und liberaler Seite auf der Gegendemonstration in Dresden blicken ließ.

Rechtsextreme aus ganz Deutschland und dem Ausland hatten am Samstag den Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13./14. Februar 1945 wie jedes Jahr für einen Aufmarsch genutzt. Allerdings gab es noch nie so viele Teilnehmer wie diesmal. Laut Verfassungsschutz war es europaweit eine der größten Kundgebungen der Rechtsextremisten in der jüngeren Geschichte. Ein parteiübergreifendes Bündnis rief unter dem Motto „Geh denken“ dazu auf, ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. CDU und FDP beteiligten sich nicht, da sie mit Blick auf die 25 000 Opfer der Angriffe ein stilles Gedenken für angemessen hielten.

„Dieses Datum ist nicht für politische Kundgebungen geeignet“, sagte der Fraktionschef der CDU im sächsischen Landtag, Steffen Flath, am Montag der dpa. Solch ein Politspektakel sei nicht im Sinne der Dresdner. Zugleich hielt er es für dringend geboten, dem „braunen Spuk in Dresden“ zu unterbinden. Flath schlug vor, große Teile der Innenstadt künftig nicht mehr für solche Demonstrationen freizugeben. Dresdens CDU-Chef Lars Rohwer bedauerte, dass es kein einheitliches Vorgehen gab. Für eine Demonstration mit „Bannern und Plakaten“ stehe die Union aber nicht zur Verfügung. Ähnlich äußerte sich die FDP.

Wegducken, wegsehen, schönreden?

„Wegducken, wegsehen und schönreden, das ist im Kampf gegen Rechts offenbar die Strategie der CDU“, erklärte SPD-Generalsekretär Dirk Panter und kritisierte namentlich den CDU-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz. Der hatte auf seiner Website die Ansicht geäußert, dass eine Teilnahme am „Geh denken“ letztlich den Rechtsextremismus stärke, weil dieser mit einer wohlkalkulierten Konfrontation international Aufmerksamkeit zu erlangen versuche.

Die Linken sprachen von einem Armutszeugnis für ganz Sachsen. „Im Gegensatz zu vielen anderen Regionen Deutschlands hat bei uns die CDU ein gemeinsames Auftreten aller Demokraten gegenüber den Nazis verhindert, auf diese Weise die Bevölkerung verunsichert und die Wirkung des Widerstandes gegen die Nazis geschwächt“, erklärte die Parteichefin der Linken, Cornelia Ernst. Es sei ein schweres Versagen der Dresdner Stadtverwaltung, den Rechtsextremen einen „völlig beschwerdefreien Marsch mitten durch 1-a-Innenstadtlagen ermöglicht zu haben“. (AP)

Quelle:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2076252

Comments are closed.