Dienstag, 17. Februar 2009
(Sächsische Zeitung)
CDU-Chef kritisiert linke Demonstration
Von Thilo Alexe
Die 6000 Neonazis sind wieder abgezogen, die Probleme bleiben. Wie soll sich eine Stadt dagegen zur Wehr setzen? Welche Mittel sind im Kampf gegen Extremismus wirksam? Wie kann den schätzungsweise 25000 Bombentoten würdevoll gedacht werden? Ein schwelender Parteienstreit ist am Montag wieder aufgeflammt. Die Vehemenz, mit der er geführt wird, zeigt: Eine rasche Lösung ist nicht in Sicht.
CDU Bemängelt Rockmusik
Im Mittelpunkt stehen Dresdner CDU-Funktionäre. Besonders Äußerungen von Kreischef Lars Rohwer sind umstritten. „Wir Dresdner brauchen an diesem Tag keine zu Rockmusik tanzenden Linken auf dem Opernplatz! Das ist eine Verhöhnung der Opfer“, sagt Rohwer mit Blick auf den 14. Februar. Und: „Wir Dresdner brauchen keine Instrumentalisierung dieses schicksalhaften Tages durch wahlkämpfende linke Bundespolitiker.“ Gemünzt ist die Kritik auf die Kundgebung des Bündnisses „Geh Denken“ mit SPD-Chef Franz Müntefering, der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Links-Fraktionschef Gregor Gysi .
Dresdner Grüne für Merkel
Andere Parteien sind empört. „Wer die Demonstration gegen die Nazis diffamiert, arbeitet letztendlich den Rechtsextremen in die Hände“, wirft Grünen-Chef Stefan Kühn Rohwer vor. Er weist zudem dessen Kritik an linken Spitzenpolitikern zurück. „Wir hätten auch gern Frau Merkel in Dresden begrüßt.“ Linkspartei-Vorsitzender Hans-Jürgen Muskulus spricht von einem „Skandal ersten Ranges“. Der CDU-Abgeordnete beschimpfe Tausende, die trotz des Frostes in Dresden ein Zeichen gegen den modernen Faschismus gesetzt hätten.
SPD lobt Helma Orosz
SPD-Chefin Sabine Friedel bringt einen anderen Aspekt in die Debatte. „Herr Rohwer spricht nicht für die Dresdner CDU“, sagt sie. Sie lobt zugleich CDU-Oberbürgermeisterin Helma Orosz wegen ihrer klaren Worte gegen Rechtsextremisten. Friedel trifft damit den Kern. In der CDU stehen sich konservative Hardliner und eher moderate Politiker gegenüber. Ein Beispiel: Der Dresdner Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz vertritt gar die These, dass der Protest bei „Geh Denken“ die Neonazis stärke. Denn die profitierten von der Polarisierung.
Gesprächsrunde im März
„Dresden wird auch 2010 Pilgerstätte für Nazis aus ganz Europa sein.“ Christian Demuth von der Initiative „Bürger Courage“ sieht das Nein der CDU für ein Engagement bei „Geh Denken“ als Grundproblem. Rohwer zeigt sich allerdings gesprächsoffen. „Wir stehen bereit“, sagt er mit Blick auf den 65. Jahrestag der Zerstörung 2010. Allerdings lehne die Union laute Proteste ab. Demokraten müssten „inne halten“ und zu einem Konsens auf Basis der „Dresdner Gedenkkultur“ finden. Rohwer meint damit stille Andachten und Gottesdienste, die auch Zeichen gegen Extremisten seien. Nach Angaben von Grit Hanneforth, die sich im Kulturbüro Sachsen seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagiert, ist für März ein Treffen aller Demokraten geplant. Die Stadt schließt derweil ein Demonstrationsverbot für Rechte aus. Das sei mit der jetzigen Gesetzeslage nicht vereinbar. Die Linke wirft Dresden vor, den Nazis einen „beschwerdefreien Marsch“ durch die City erlaubt zu haben. Ein Stadtsprecher verweist dagegen auf Auflagen für die Rechten.
Quelle:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2077026