Ein Denkmal für Dresden

Am 10.11. hatte die Sächsische Zeitung ins Haus der Presse geladen, um die Debatte um einen neuen Denkmalort für den 13. Februar in Dresden und die Gestaltung des 13. Februar 2010 weiter zu befördern. Wir dokumentieren hier den Indymediabericht von der Veranstaltung und die Artikel in der Sächsischen Zeitung zum Thema.

Ein Denkmal für Dresden…

Heute hatte die Sächsische Zeitung in Dresden zu einer Diskussionsveranstaltung im Haus der Presse geladen, um über die Ausrichtung des Gedenkens am nächsten 13. Februar und über einen Denkmalvorschlag einer von lokalen Prominenten getragenen Bürgerinitiative zu diskutieren. Hier ein paar Eindrücke für alle die nicht an dieser Veranstaltung teilnehmen konnten.

Begonnen hat die Debatte mit der Veröffentlichung eines Vorschlags in der Sächsischen Zeitung für ein neues Denkmal zur Bombardierung in Dresden. Eine Art Skulptur mit 4 Metern Höhe und 10 Metern Breite sollte auf einem momentan freien Rasenplatz neben dem Theaterplatz an der Semperoper einen Menschen darstellen, der sich aufbäumt und damit quasi die Auferstehung Dresdens aus der Asche symbolisieren soll. Dieser Vorschlag offiziell zwar unterstützt von der Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz und dem sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und vorgebracht von Prominenten wie dem Dresdner Barocktrompeter Ludwig Güttler, Sänger Gunther Emmerlich und Michael Muster (war mal Ministerialdirigent im sächsischen Finanzministerium), stieß in Dresden selbst auf wenig Gegenliebe. Auch der Dresdner Kulturbürgermeister Lunau und die Kunstkommission, die über fördernswerte Kunst im öffentlichen Raum in Dresden entscheidet, lehnten den Denkmalvorschlag ab. Ein Grund ist sicherlich die abstrakte Darstellung des Denkmals, dass im Prinzip eine meterhohe 2-dimensionale Wand mit Löchern drin ist (siehe Bilder). Eine Erklärung des Arbeitskreis „Mythos Dresden“, welche die politische Dimension des Themas in den Vordergrund stellte, fand dagegen weniger Beachtung.

Nachdem die Debatte um das Denkmal langsam wieder einschlief und damit die Gefahr oder Hoffnung bestand, dass diese Idee als eine von vielen wieder in der Versenkung verschwinden würde, lud die Sächsische Zeitung heute zu einer Diskussionsveranstaltung im Haus der Presse ein. Grund war natürlich auch, dass der 13. Februar immer näher rückt, und sich bereits auf anderen Veranstaltungen, wie die von der Sächsischen Zeitung verschwiegenen Aktionskonferenz vom letzten Wochenende, über den Ablauf des nächsten 13. Februars in Dresden Gedanken gemacht wurde und man den „Linksextremisten“ nicht den Diskurs überlassen will. Trotz hochkarätiger Besetzung des Podiums, geladen waren Ludwig Güttler, Gunther Emmerlich, Ralf Lunau und Michael Muster, und tagelanger Werbung in der Sächsischen Zeitung für diese Veranstaltung, fanden sich gerade einmal um die 70 Zuschauer ein.

Der Moderator Peter Ufer von der Sächsischen Zeitung ließ dann als erstes Ludwig Güttler zu Wort kommen, der als erstes einen Vorschlag für einen Gedenkweg am 13. Februar vorstellte, an dem auch noch Personen wie Harald Bretschneider, in der der DDR beliebter Jugendpfarrer und einer der Initiatoren der „Schwerter zu Pflugscharen“-Bewegung, beteiligt sind. Stationen dieses Gedenkwegs sollen die Synagoge, die Frauenkirche, die Kreuz- und die Hofkirche und natürlich das vorgeschlagene Denkmal am Theaterplatz sein. Thematisiert werden sollen neben der Erinnerung an die Bombardierung auch menschenverachtende, extremistische Ideologien und es soll Frieden und Versöhnung angemahnt werden.

Ralf Lunau der Kulturbürgermeister stellte die überraschend konkreten Vorstellungen der Stadtverwaltung bzw. der Oberbürgermeisterin zum nächsten 13. Februar vor. Demnach wird von 14 – 16 Uhr zu einer Menschenkette aufgerufen. Diese soll vom Rathaus ausgehen und in die eine Richtung die Synagoge erreichen und in die andere Richtung über den Dr.-Külz-Ring bis zum Altmarkt gehen, je nachdem wieviel Menschen daran teilnehmen. Damit soll symbolisch ein menschlicher Schutzwall um die Altstadt gebildet werden, damit die Nazis da nicht reinkommen. Dabei wurde betont, dass man bewußt, den Dr.-Külz-Ring mit einbezieht, auf dem letztes Jahr noch die Nazis liefen.

Danach entspann sich eine kleine Diskussion unter Beteiligung vor allem der Älteren im Publikum, ob denn nun viele Dresdner schon gegen die Nazis auf der Straße waren, und dass der Verlauf im letzten Jahr nicht zufriedenstellend war. Die Demonstrationen von Gehdenken wurden als Wahlveranstaltungen der Parteien kritisiert, das Abschlußkonzert auf dem Theaterplatz als nicht angemessen und die Aktion der Oberbürgermeisterin als Spalterei dargestellt. Die Idee der Menschenkette als gemeinsame Veranstaltung wurde positiv aufgenommen. Dann entspann sich eine etwas absurde Diskussion darum, ob die Stadt nicht darauf hinwirken solle, dass es nur eine große Veranstaltung geben soll, wobei sich ständig gegenseitig mißverstanden wurde (ohne dass es je aufgeklärt wurde), ob es nun um eine zentrale Gedenkveranstaltung oder um geschlossenen Protest gegen die Nazis ging. Ralf Lunau musste dann gegen die Mehrheit andiskutieren, dass die Stadt nun mal nicht andere Veranstaltungen einfach untersagen kann, aber die Oberbürgermeisterin nur zu einer Aktion aufrufen wird. Auf Drängen von Güttler und einem Teil des Publikums, eine Art Bannmeile zu errichten, andere sprachen davon, dass die Polizei die Nazis schon außerhalb der Stadt abfangen müsste, ein älterer Herr forderte gar den Einsatz der Bundeswehr, erklärter Lunau, dass dem Problem Naziaufmarsch nicht juristisch beizukommen ist, und sich das Problem nur auf einen anderen Tag verlagern würde, und juristische Formalien nicht die notwendige Auseinandersetzung um das Thema ersetzen können.

Bemerkenswert war, dass sich offenbar alle darin einig waren, dass die Nazis ein Problem sind. Ärgerlich waren die Bestrebungen des Podiums, ständig von Rechts- und Linksextremismus zu reden, Peter Ufer brachte es gar fertig, von dem Problem der rechtsextremen und linksextremen Übergriffe in der Stadt zu reden, was völlig fernab jeglicher Realität ist. Auch Gunther Emmerlich schaffte es ständig, das Problem Nationalsozialismus auf das Thema Diktatur zu reduzieren, als ein älterer Herr an den Schwur von Buchenwald „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ erinnerte machte Emmerlich prompt „Nie wieder Krieg, nie wieder Diktatur“ daraus. Interessanterweise ging das nur vom Podium aus, für das Publikum war Linksextremismus offensichtlich überhaupt kein Thema.

Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es dann um den Denkmalvorschlag. Dabei wurden vor allem Kunstaspekte diskutiert. Obwohl Ralf Lunau mit der Ablehnung des Denksmals im Podium eine absolute Minderheitsposition hatte, bekam er den meisten Applaus vom Publikum. Für den Vorschlag waren nur offensichtliche Kapazitäten, die sich z. B. als Kunsthistoriker in der Runde präsentierten, während der Rest sich auch mit der Trümmerfrau am Rathaus und der Förster-Plastik "Der Trauernde Mann" zufrieden geben würden. Die politische Dimension bei der Schaffung eines solchen künstlichen Gedenkorts in Dresden kam nicht zur Sprache. Insofern wirkte dieser Teil der Veranstaltung eher belanglos und war nur noch für an Kunst interessierte Menschen interessant.

Quelle:
http://de.indymedia.org/2009/11/265398.shtml



Mittwoch, 11. November 2009
(Sächsische Zeitung)

Wie Dresdner am 13. Februar gedenken
Von Thilo Alexe

Mit einer Menschenkette will Dresden ein Zeichen gegen Neonazis setzen, Künstler schlagen einen Weg des Gedenkens und ein Mahnmal vor.

Knapp drei Monate vor dem 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens haben die Stadt und mehrere Künstler ihre Pläne für Gedenken, Erinnern und Protest gegen Neonazis veröffentlicht. Kulturbürgermeister Ralf Lunau (parteilos) rief bei einer Podiumsdiskussion der „Sächsischen Zeitung“ die Dresdner zur Teilnahme an einer Menschenkette am 13. Februar 2010 auf. Sie solle am Nachmittag gebildet werden und von der Synagoge über das Rathaus zum Altmarkt verlaufen. Die Aktion richte sich gegen einen geplanten Aufmarsch von Rechtsextremisten, die das Datum alljährlich für ihre Propaganda missbrauchten.

Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) werde vor dem Rathaus sprechen, fügte Lunau gestern Abend im Haus der Presse hinzu. Sie setze damit nicht nur ein Zeichen gegen Neonazis. Sie gehe auch auf den Krieg, dessen Ursachen und Folgen ein und werbe für Versöhnung. Lunau sagte: „Wir leben in einer Welt der Bilder.“ Es gehe der Stadt darum, Gegenbilder zu den Neonaziaufmärschen zu schaffen. Allerdings sei die Menschenkette nur eine von vielen Veranstaltungen am 13. Februar. Gedenken und Protest benötigten Vielfalt.

Von der Synagoge zur Frauenkirche

Trompeter Ludwig Güttler warb vom Podium aus für einen Weg des Gedenkens. Er könne von der Synagoge über Kreuzkirche, Busmannkapelle und Kathedrale zur Frauenkirche führen. Der Weg veranschauliche die Zerstörung, den Schrecken des Krieges, aber auch die Hoffnung. Motto sei: „Versöhnung leben“. „Der Weg kann in seiner Gänze erlebt werden, er kann teilweise beschritten und punktuell wahrgenommen werden“, sagte Güttler, der auch Vorstand der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche ist. Der Plan sei Rathauschefin Helma Orosz und Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bekannt. Der Weg solle keine Demonstration sein, dennoch aber ein Signal gegen den Missbrauch des 13. Februars durch Extremisten.

In der Diskussion warben mehrere Zuhörer dafür, ein Neben- und Gegeneinander verschiedener Initiativen wie in diesem Jahr zu vermeiden. Zudem mahnten sie, dass die Stadt gut erreichbar sein müsse. In diesem Jahr fuhren etliche Busse und Bahnen gar nicht oder wurden weiträumig ums Zentrum geleitet.

Sänger Gunther Emmerlich unterstützte die Initiative. Auch er warnte vor einer Zersplitterung durch Parteiinteressen. Gute Ideen müssten fernab von Wahlkampf gebündelt werden. Die Künstler warben zudem mit Michael Muster für eine Skulptur vor der Semperoper. Das von dem Chemnitzer Michael Morgner geplante Kunstwerk soll einen Gestürzten darstellen, der sich aus eigener Kraft wieder aufrichtet.

Muster, ehemals Ministerialdirigent und nun Sprecher der Initiatoren, sagte, die zehn Meter lange Stahlskulptur solle Raum zum Gedenken und Kranzniederlegen bieten. Denkmalschützer sind allerdings mit Blick auf den möglichen Standort vor der Oper skeptisch.



Freitag, 13. November 2009
(Sächsische Zeitung)

Hier schreiben die Leser

Zum Beitrag „Wie Dresdner am 13. Februar gedenken“ in der SZ vom 11. November:

Die Trümmerfrau ist Denkmal genug

Wir haben bereits ein ehrwürdiges, schlichtes und daher sehr einprägsames Denk- und Mahnmal an den 13. Februar 1945 – die Trümmerfrau. Auf keinen Fall darf einer der schönsten Plätze Europas, der Theaterplatz in Dresden, durch ein bizarres Stahlgeflecht entehrt werden. Im Übrigen sind die wiedererstandenen monumentalen Gebäude am Theaterplatz, wie Semperoper, Hofkirche und Zwinger, ein wahrhaftiges und unvergängliches Zeichen des Aufbau- und Friedenswillens der Dresdner Einwohner.

Prof. Helmut Löffler, 01326

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