+++ Update 6.8.: Auch wenn es jetzt alle lokalen Medien und sogar Christian Demuth von Bürger.Courage behaupten, weil sie es von der Polizei abschreiben, die sich auf die Eigenaussage der Täter beruft: Wer Mahnmale an den antimuslimischen Mord zerstört, ist definitiv nicht links, unabhängig von der Selbstverortung, die auch eine Falschaussage sein kann! +++
Beim erfolgreichen Versuch, eine der Messer-Stelen von Bürger.Courage am Hauptbahnhof erneut umzustoßen, sind zwei Jugendliche gefasst worden, die behaupten, links und dem „alternativen Milieu“ entsprungen zu sein. Daran kann man getrost Zweifel hegen, denn die Argumentation, die sie als Motiv angeben, ist keineswegs links. So behaupten sie, dass Tote im Afghanistan-Konflikt keine solche Beachtung finden würden. Nun sind Linke keineswegs dafür bekannt, rassistische Morde und Kriegstote in einer Rangliste gegeneinander auszuspielen. Mit einer linken Demonstration am 1. Juli war explizit der Zusammenhang des Mordes mit antimuslimischem Rassismus betont worden. Daraus ist zu schließen, dass die Täter entweder pseudolinks sind – oder, was auch nicht ausgeschlossen ist, dass es sich um Nachwuchs der Dresdner Neonazis handelt, die sich nun möglicherweise kaputtlachen, dass es ihre Aussagen 1:1 in die Online-Ausgabe der Sächsischen Zeitung geschafft haben. Denn somit hätten sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Bürger-Courage Aktion in Gedenken an den antimuslimischen Mord in Dresden diskreditiert – welche in den Tageszeitungen bereits als „umstritten“ bezeichnet wird – und die Linken gleich mit.
Seit dem ersten Jahrestag des Mordes an Marwa El-Sherbini am 1. Juli werden die 18 geplanten Messer-Stelen schrittweise aufgestellt, und seit dem 22. Juli – wenn auch weit weniger schnell – durch Umstoßen wieder zerstört. Die Stele am Hauptbahnhof war erst kurz vorher wieder ersetzt worden, als die zwei Jugendlichen erwischt wurden.
Dresdner Neueste Nachrichten, 6. August 2010
Polizeiticker
Erneut Messer-Mahnmal umgeworfen – Polizei fasst zwei Tatverdächtige
Stephan Lohse
Erneut wurde eine der 18 Stelen umgeworfen. Dresden. Die Polizei hat zwei junge Männer gefasst, die in der Nacht zum Donnerstag eine der 18 Stein-Stelen zum Gedenken an die ermordete Marwa El-Sherbini umgestoßen haben sollen. Wie Staatsanwaltschaft, Landeskriminalamt und Bundespolizei am Donnerstag mitteilten, hatte eine Gruppe Jugendlicher den Bahnhof gegen 0.10 Uhr in Richtung St. Petersburger Straße verlassen.
Am Standort des Gedenksteins sollen ein 18- und ein 20-Jähriger das Mahnmal dann umgeworfen und beschädigt haben. Eine Streife der Bundespolizei stellte die mutmaßlichen Täter noch vor Ort und nahm sie in Gewahrsam.
Laut den Behörden war die Gruppe dem alternativen Milieu zuzuordnen. Die beiden Verdächtigen waren zum Tatzeitpunkt alkoholisiert und bezeichneten sich selbst als links ausgerichtet. Als Motiv nannten sie ihr Unverständnis, dass Tote im Afghanistan-Konflikt keine Beachtung fänden, zudem hätten sie sich an der Kunstaktion für die getötete Ägypterin gestört.
Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt nun wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung. Ob ein Zusammenhang mit anderen Sachbeschädigungen besteht, sei bislang unklar, hieß es am Donnerstag.
Bereits zuvor waren fünf der insgesamt 18 Gedenk-Steine umgeworfen worden. Daraufhin hatte die Soko Rex des Landeskriminalamtes die Ermittlungen übernommen.
Sächsische Zeitung, 6. August 2010
Betrunkene Jugendliche werfen Messer-Skulptur um
Von Alexander Schneider
Die Polizei hat zwei Täter gefasst, die eine Stele vor dem Hauptbahnhof zerstört haben. Sie zählen sich selbst zur linken Szene.
Eine Betonstele in Form eines Messers der Kunstaktion „18 Stiche“ liegt umgeworfen auf der Prager Straße in Dresden. Foto: dpa
Zwei Wochen, nachdem wiederholt messerförmige Beton-Skulpturen der Kunstaktion „18 Stiche“ beschädigt wurden, hat die Polizei zwei Täter gefasst. Es handelt sich um zwei 18 und 20 Jahre alte Männer. Eine Überraschung ist, dass sie sich ausgerechnet der linken Szene zurechnen.
Die betrunkenen Jugendlichen waren gestern gegen 0.10 Uhr gemeinsam mit weiteren aus dem Bahnhof gekommen und vor dem Beton-Messer stehen geblieben. Dann haben die beiden laut Polizei an der 600 Kilo schweren Skulptur gerüttelt und sie umgestoßen.
Eine Streife der Bundespolizei nahm die Täter noch vor Ort fest und brachte sie ins Gewahrsam. Gestern wurden sie von Beamten der Sonderkommission Rechtsextremismus des Landeskriminalamts vernommen. Zum Motiv gaben sie laut Polizei an, dass Tote im Afghanistan-Konflikt keine besondere Beachtung fänden. Hinzu käme, dass sie sich an der öffentlichkeitswirksamen Kunstaktion des Vereins „Bürger Courage“ störten. Die Polizei prüft nun, ob die jungen Männer auch für weitere Beschädigungen an anderen Mahnmalen als Täter infrage kommen.
Die Polizei nahm die wiederholten Beschädigungen an zuletzt fünf Messer-Skulpturen so ernst, dass die „Soko Rex“, die Fachleute für rechtsextremistische Straftaten, auf den Fall angesetzt wurden.
Erst am Mittwoch wurden die letzten Messer der Kunstaktion aufgestellt, auch ein zerstörter Stein am Bahnhof erneuert. Bürger Courage-Chef Christian Demuth sagte: „Es ist absurd, dass ausgerechnet linke Jugendliche so etwas tun. Es zeugt von mangelndem Respekt vor der Kunstaktion und vor Marwa El-Sherbinis Ermordung.“ Letzten Endes spiele diese dumme Tat den Rechtsextremen in die Hände.
Sächsische Zeitung online, 5. August 2010
Zwei Jugendliche bei Attacke auf Mahnmal gefasst
Die Stele am Hauptbahnhof wurde nicht zum ersten Mal umgestoßen. Bereits Ende Juli war das Mahnmal beschädigt worden. Foto: dpa
Dresden. Die Polizei hat bei einer erneuten Attacke auf eine Kunstinstallation gegen Fremdenhass in Dresden zwei Verdächtige auf frischer Tat gefasst. Die beiden 18 und 20 Jahre alten jungen Männer sind dem „alternativen Milieu“ zuzuordnen und bezeichneten sich selbst als Links, wie das Landeskriminalamt (LKA) am Donnerstag mitteilte. Nach den Angaben beobachtete eine Streife der Bundespolizei die beiden in der Nacht zu Donnerstag vor dem Hauptbahnhof, wie sie eine zur Kunstaktion „18 Stiche“ gehörende Beton-Stele umwarfen.
Die Staatsanwaltschaft leitete gegen die beiden Männer, die zur Tatzeit alkoholisiert waren, Ermittlungen wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung ein. Zum Motiv gaben sie an, es sei unverständlich, dass Tote im
Afghanistan-Konflikt keine besondere Beachtung fänden, während mit der
Kunstaktion öffentlichkeitswirksam an die Ermordung der Ägypterin Marwa
El-Sherbini erinnert werde.
Der Verein Bürger-Courage hatte das Kunstprojekt „18 Stiche“ zur Mahnung
gegen Fremdenhass und Alltagsrassismus und zum Gedenken an El-Sherbini
organisiert. Über ganz Dresden verteilt sollen 18 stilisierte Messer aus
Beton aufgestellt werden, die stellvertretend für Stiche und
Verletzungen stehen, die Ausländer durch Alltagsrassismus erleiden.
Anlass des Projekts war der erste Todestag von El-Sherbini.
Sie war im Juli 2009 in einem Dresdner Gerichtssaal von einem
Rechtsextremisten mit 18 Messerstichen getötet worden. Der Mann wurde
bereits zu lebenslanger Haft verurteilt. In den vergangenen Tagen waren
wiederholt bereits aufgestellte Stelen umgeworfen worden. Ob die beiden
Beschuldigten auch dafür verantwortlich sind, ist noch unklar. Die
Sonderkommission Rechtsextremismus des Landeskriminalamtes hatte nach
einer Häufung der Vorfälle die Ermittlungen an sich gezogen. (apn)
Sächsische Zeitung, 5. August 2010
Das Brachiale ist gewollt
Von Thilo Alexe
Die Messer-Kunstwerke von Bürger Courage provozieren. Fünf Skulpturen wurden zerstört. Der Verein macht weiter und stellt neue auf.
Eine Betonstele in Form eines Messers vom Kunstprojekt «18 Stiche» liegt umgeworfen und zerbrochen auf der Prager Straße. Unbekannte haben in Dresden mehrere dieser insgesamt 18 Denkmale zum Teil zerstört. Jedes der stilisierten Messer wog etwa 600 Kilogramm und war zur Erinnerung an die vor rund einem Jahr ermordete Ägypterin Marwa El-Sherbini in der Dresdner Innenstadt verteilt aufgestellt worden. Foto: dpa
Die Kunst hängt am Kran. Ein Lastarm hievt die 600 Kilogramm schwere Messer-Skulptur von einem Transporter durch die Luft. Das wuchtige Monument wirft bizarre Schatten aufs Pflaster. Kurz darauf steht der aus massivem Beton gegossene Messerschaft auf dem Neustädter Martin-Luther-Platz. Es sieht so aus, als ob ein Riese die Waffe mit stumpfer Gewalt in den Dresdner Boden gerammt hätte.
Das schockierende Kunstprojekt, das an den Mord an einer Ägypterin in Dresden vor einem Jahr erinnern soll, verursacht teils hitzige Diskussionen. Passanten bleiben stehen, blicken forschend auf das Messer. Manche wenden sich rasch ab und schimpfen. Andere kommentieren es wohlwollend. „Find ich gut. Das rüttelt auf“, sagt Anwohner Carsten Stahlke.
Seit gestern stehen die fast mannshohen Beton-Messer an zwölf Plätzen in der Stadt. „Ein Projekt gegen Alltagsrassismus und Fremdenhass“, erläutern angeschraubte Erklärungstafeln. Die vom Staatsschauspiel-Bühnenbildner Johannes Köhler entworfenen Skulpturen sollen an die Messerstiche erinnern, mit denen die Muslimin Marwa El-Sherbini vor einem Jahr im Dresdner Landgericht getötet wurde. Ein Russlanddeutscher hatte die schwangere 31-Jährige während einer Landgerichtsverhandlung angegriffen und erstochen.
„Wir wollen an den Tod der Frau erinnern“, sagt Jens Wittig. Der Politikstudent ist Sprecher der Initiative Bürger Courage. Der Dresdner Verein versteht sich als „Freundeskreis gegen rechtsextremes Denken“ und hat bereits mit mehreren spektakulären Aktionen wie Videoprojekten und Kunstinstallationen vor Neonazis gewarnt. Doch jetzt geht es nicht vorrangig um Rechtsextremisten – auch nicht nur um das Gedenken an die Getötete. Der Mord soll Anlass dazu sein, sich mit Rassismus im Dresdner Alltag auseinanderzusetzen.
Kleine und große Stiche
„Es gibt genügend Beispiele, dass Menschen mit anderer Hautfarbe und anderer Sprache diskriminiert werden“, sagt Wittig. Die Kunstaktion soll provozieren, zum Nachdenken anregen, auch sticheln. „Die Messer stehen stellvertretend für die kleinen und großen ,Stiche‘, die in Dresden Tag für Tag durch versteckten oder offenen Rassismus solchen Menschen widerfahren, die offensichtlich ihre Wurzeln nicht in Deutschland haben“, beschreibt Bürger Courage das Projekt.
Das Brachiale ist gewollt. Und ruft Widerstand hervor. Seit dem Beginn der Aktion am 1. Juli – am ersten Todestag der Ägypterin stellte der Verein die erste Messer-Skulptur vor dem Gericht auf – wurden fünf der Mahnmale umgestoßen und beschädigt. Die Sonderkommission Rechtsextremismus des sächsischen Landeskriminalamtes ermittelt. „Das Umstoßen hat etwas sehr Auffälliges“, sagt eine Sprecherin der Behörde. Nicht auszuschließen sei daher eine rechtsextremistische Provokation, obwohl derzeit „in alle Richtungen“ ermittelt werde. Am Landtag und vier weiteren Orten erhielt der Verein keine Genehmigung für das Aufstellen der Skulpturen – unter anderem wegen der „Neutralität“ der Orte.
Vor dem Hauptbahnhof tauschen die freiwilligen Helfer von Bürger Courage bei ihrer gestrigen Tour durch die Stadt ein beschädigtes Messer gegen ein neues Kunstwerk aus. Wieder hievt ein Kran die mit Stahl verstärkten Betonklötze durch die Luft. Wenn die Skulptur mithilfe von Holzstreben befestigt ist, greift Josephine Koch zum Pinsel. Die Studentin streicht das Messer weiß an.
„Ich habe dabei schon vieles erlebt“, sagt sie. Der Trupp von Bürger Courage muss sich für seine Messeraktion etlichen Kommentaren stellen. Manchmal wird er beschimpft. Die Aktion sei zu monumental und vermittle, dass ganz Dresden rassistisch sei, lautet der Hauptkritikpunkt. Andere bemängeln, erzählt Josephine Koch, dass nun offenbar Westdeutsche den Ostdeutschen Nachhilfe in Demokratie erteilen wollen. Manche fragen, wer denn etwas gegen kriminelle Ausländer unternehme. Wittig kennt das. „Unsere Truppe ist gemischt. Es sind Leute aus Ost- und Westdeutschland darunter: „Wir haben etwas gegen jede Form von Gewalt“, sagt er dazu. Vor dem Bahnhof bleibt es am Mittwoch ruhig, die meisten Reisenden ignorieren das Messer auf dem Weg zur Bahn.
Die Kunstaktion soll nicht nur in der Öffentlichkeit wirken. Sie soll auch Druck auf die Politik erzeugen. Nach Ansicht der Bürger Courage ist noch unklar, ob Trauer und „Aktionismus“ nach dem Mord nur eine „Eintagsfliege“ bleiben. „Ein seit Jahren diskutiertes Integrationskonzept kommt erst langsam in der Stadtverwaltung an“, heißt es in einer Erklärung des Vereins. „Es scheint auch so, dass oft zwischen ,nützlichen‘ und ,nicht nützlichen‘ Migrantinnen und Migranten unterschieden wird.“ Bis Ende August sollen die Skulpturen stehen bleiben. Zum Jahrestag des Mordes hat die Stadt die ersten 16 000 Euro eines Programmes gegen Fremdenfeindlichkeit freigegeben – für ein Demokratieprojekt in Laubegast. Doch schnelle Erfolge im Kampf gegen Extremismus sind nicht zu erwarten. „Wir werden Puste brauchen“, sagte Oberbürgermeisterin Helma Orosz damals.
Sächsische Zeitung online, 4. August 2010
Kunstinstallation gegen Fremdenhass vor dem Aus
Christian
Demuth (hinten/l) und Johannes Köhler installieren am 01.07.2010 vor
dem Landgericht Dresden ein stilisiertes Messer zum Gedenken der vor
einem Jahr hier ermordeten Ägypterin Marwa El-Sherbini. Foto: dpa
Dresden.
Der Kunstinstallation „18 Stiche“ zum Gedenken an die Ermordung der
Ägypterin Marwa El-Sherbini in Dresden droht wegen fehlender
Unterstützung auch aus der Politik vorzeitig das Aus. Es sei leider
nicht möglich, wie geplant alle 18 Stelen zu errichten, sagte
Projektleiterin Josephine Koch vom Verein Bürger Courage am Mittwoch der
Nachrichtenagentur DAPD. Grund seien fehlende Genehmigungen. Auch die
Staatskanzlei und der Landtag hätten der Aufstellung von Teilen der
Installation vor ihren Gebäuden nicht zugestimmt.
Anlass des
Projekts war der erste Todestag von El-Sherbini. Die junge Frau wurde
Mitte 2009 während einer Verhandlung im Landgericht Dresden von einem
Rechtsextremisten aus Fremdenhass mit 18 Messerstichen getötet. Der
Täter wurde Ende 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Landtag beruft sich auf Neutralität
Koch
sagte, mit den Absagen habe niemand gerechnet. „Wir sind enttäuscht und
überrascht, dass gerade auch der Landtag das Projekt nicht
unterstützt.“ Die Absage wurde unter anderem mit der politischen
Neutralität des Hauses begründet. Auch die Staatskanzlei lehnte die
geplante temporäre Aufstellung ab und machte „grundsätzliche Erwägungen“
geltend.
Der Verein Bürger Courage hatte das Kunstprojekt „18
Stiche“ zur Mahnung gegen Fremdenhass und Alltagsrassismus organisiert.
Über ganz Dresden verteilt sollten dabei nach und nach insgesamt 18
stilisierte Messer aus Beton aufgestellt werden, die stellvertretend für
die Stiche und Verletzungen stehen, die Ausländer durch
Alltagsrassismus erleiden. Bislang wurden 12 Stelen aufgestellt.
Fünf
davon wurden von Unbekannten umgeworfen und teils stark beschädigt. Die
Polizei leitete Ermittlungen ein. Vermutet wird ein fremdenfeindlicher
Hintergrund. Künstler und Bürgerverein wollten Stelen auch nahe der
Frauenkirche auf dem Neumarkt sowie auf den Brühlschen Terrassen in der
historischen Altstadt aufstellen. Auch dafür gab es keine Genehmigungen.
Koch sagte, dies sei unter anderem mit mit einer anstehenden Säuberung
des Pflasters begründet worden. (apn)
Dresdner Neueste Nachrichten, 29. Juli 2010
Betonmesser erinnern an Ermordung von Marwa El Sherbiny – Geteiltes Echo
Stephan Hönigschmid
Dresden.
Im Andenken an die Ermordung der Ägypterin Marwa El-Sherbiny vor einem
Jahr im Landgericht hat der Dresdner Verein „Bürger.Courage“ zusammen
mit dem Künstler und Bühnenbildner Johannes Köhler 18 Betonmesser im
gesamten Stadtgebiet aufgestellt. Die Anzahl der Messer steht dabei
stellvertretend für die Zahl der Stiche, mit denen die schwangere Frau
im vergangenen Jahr während einer Verhandlung des Landgerichts getötet
wurde.
Geteiltes Echo
Doch wie sieht die Resonanz auf die
Aktion aus? Wie nehmen die Passanten die weißen Betonskulpturen wahr?
„Mir ist das Betonmesser gar nicht aufgefallen. Es ist zu unscheinbar.
Aber prinzipiell halte ich die Aktion für eine gute Idee, wobei meiner
Meinung nach öffentliche Aufrufe noch besser geeignet sind, um auf das
Rassismusproblem hinzuweisen“, sagte die 24-jährige Dresdnerin Anne
Umlauf in der Nähe der Betonskulptur am Goldenen Reiter.
Eine andere Erfahrung
machten hingegen am selben Ort die Freundinnen Steffi Schmidt und
Kerstin Reznicek: „Ich habe das Messer sofort bemerkt und bin gleich
hingegangen, um mir alles genau anzusehen“, so die 52-jährige Schmidt.
Auch Kerstin Resznicek wollte gleich wissen, worum es sich handelt:
„Die
Aufmerksamkeit wird sofort erregt. Und das ist wichtig, damit man die
Tat nicht vergisst. Es ist überhaupt traurig, dass so etwas passieren
konnte“, betonte die 50-Jährige Dresdnerin. Nur die Hölzer am Boden, die
das Denkmal befestigen, gefielen ihr nicht so gut. „Eine schöne rote
Platte als Untergrund würde besser aussehen, so Reznicek.
Dank von Marwas Familie
An
der optischen Ausgestaltung hatte auch der aus Hamm stammende Tourist
Holger Hahne etwas zu bemängeln: „Da sollte auch rote Farbe dran sein,
die das vergossene Blut symbolisiert. So sieht es zu harmlos aus.“
Dennoch findet er die Grundidee nicht schlecht: „Ich denke, dass die
Betonmessser mit ihren Gedenktafeln eine Wirkung erzielen können“, so
der 41-jährige.
Beim Verein „Bürger.Courage“ freut man sich indes
über die große Resonanz der Aktion: „Wir haben so viele Zuschriften
bekommen wie noch nie. Das Ignorieren des Problems hat in der
Vergangenheit nicht funktioniert. Deshalb war es jetzt wichtig, eine
Debatte anzustoßen. Das ist uns gelungen“, hebt der Vereinsvorsitzende
Christian Demuth die Zielsetzung des Projektes hervor. Zudem habe sich
der Bruder der ermordeten Marwa im Namen der Familie ausdrücklich bei
dem Verein für sein Engagement bedankt.
Auch von anderen
Institutionen, die sich für die Rechte von Ausländern einsetzen, gab es
einhellige Zustimmung zu der Aktion. So begrüßte Victor Vincze, der als
Referent für ausländische Studierende im Studentenrat der TU Dresden
tätig ist, vor allem die Möglichkeit, viele Menschen auf das Problem
aufmerksam machen zu können: „Es kann sein, dass die Leute, die in
Dresden ankommen, erst einmal durch die Messer schockiert werden. Am
Ende ist aber alles gut, was das Thema in die Öffentlichkeit bringt, da
die Diskriminierung von Migranten noch immer allgegenwärtig ist“. Neben
den positiven Rückmeldungen erhielt der Verein „Bürger.Courage“ aber
auch ablehnende Briefe, die darauf hinwiesen, dass es auch Ausländer
gebe, die rassistisch seien.
„Wir haben kein Problem damit, weil
wir jede Form von Rassismus ablehnen. Dennoch spielen die Vorwürfe für
die Dresdner Situation eigentlich keine Rolle“, so Demuth. Noch bis zum
15. August werden die weißen Betonmesser zu sehen sein.
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