Bericht aus Dresden vom Wochenende: Diskussion und Probesitzen

Probesitzen auf dem Theaterplatz vor Reiterstandbild König Johann vor der Semperoper

Am Freitag, den 14.1.2011 lud die SPD zur kritischen Diskussion: Sind Blockaden ge- oder verboten? Damit es nicht langweilig wird, war ein notorischer Blockade-ist-Unrecht-Sager auf dem Podium dabei. Professor Dr. Jürgen Schwabe übernahm diesen Job. Für ihn ist der Aufmarsch eine Krankheit, gegen die man nichts machen kann, weil er von der Verfassung gedeckt ist (so wie übrigens auch die Blockaden – Recht auf Versammlung).

Die Nazis haben zwar mittlerweile große Mühe, bei allen Veranstaltungen aufzutauchen, wo es um sie geht, aber sie versuchen es trotzdem immer wieder. Das Personal wechselt bei ihnen nur sehr langsam, so tauchten die Alt-Kader und Schläger Ronny Thomas, Sven Hagendorf und Sebastian Reiche wieder auf, dazu inzwischen auch die altbekannten „Neulinge“ Christian Leister, Hans Böhm und Mirko Förster. Auch wenn sie es zweimal versuchten: Zu einer Störung der Veranstaltung brachten sie es nicht, wohl aber zu Platzverweisen durch die Polizei.

Christian Avenarius, ausführender Oberstaatsanwalt der Repressionswelle gegen Dresden-Nazifrei vor einem Jahr und Moderator der Diskussion, bekam von VertreterInnen des Bündnisses ein gerahmtes und mit Schleifchen versehenes Plakat geschenkt. Die Übergabe war ihm jedoch sichtlich peinlich und so versuchte er das Plakat schnell verschwinden zu lassen. Aber der Applaus des Publikums bewies die deutliche Symphatie der Anwesenden mit dem Bündnis Dresden-Nazifrei und seiner Aktionsform der Massenblockaden.

Am Sonnabend dann Fototermin vor großer Kulisse: Zwischen Semperoper, Zwinger und Schloss fand ein Probesitzen auf dem Theaterplatz statt. Fotos auf Indymedia

Und weiter geht’s: 18. Januar Plakatieraktion Dresden

Inzwischen sind mehrere zehntausend Plakate unseres Bündnisses verschickt und verteilt worden. Ein paar Exemplare gilt es dennoch auch in das Dresdener Stadtbild einzupflegen. Dazu rufen wir euch auf, Vertreterin unserer Bündnisorganisationen und plakatierwütige Elbstädter sind herzlich willkommen.

18. Januar | 15 Uhr | Plakatieren | Altmarktgalerie (Dr. Külz-Ring) Dresden


Indymedia, 17. Januar 2011

Probesitzen für den 13. und 19.2. in Dresden

Zum bundesweiten Aktionstag von Dresden-Nazifrei am 15. Januar in Dresden versammelten sich 50 AktivistInnen auf dem Theaterplatz in Dresden, um vor der barocken Kulisse schon mal eine kleine Blockade zu errichten – probehalber für die geplanten Massenblockaden am 19. Februar 2011 in Dresden.

Unter Live-Sambaklängen und mit allerlei Protestzubehör formierte sich auf dem Theaterplatz in Dresden eines schönen Nachmittags etwa einen Monat vor den geplanten Aktionen am 13. Februar und den Massenblockaden am 19.2. schon mal eine Blockade probehalber. Während ganz in der Nähe die Elbe bereits weit über ihre Ufer getreten ist und die Straße unterhalb der Brühlschen Terasse geflutet hat, zog es die Schaulustigen vom Terassenufer auch zum Reiterstandbild König Johanns, vor dem sich die AktivistInnen von Dresden-Nazifrei versammelt hatten. Dort posierte man vor Touristen, Presse und PassantInnen, informierte über Megafon, verteilte Flugblätter und die Massenzeitung von Dresden-Nazifrei.

Interessanterweise blieb die Staatsmacht bei dieser nicht angemeldeten Versammlung untätig, bzw. beschränkte sich auf das Zuschauen vom anderen Ende des Platzes aus. Noch in den Jahren zuvor sah dies völlig anders aus: Beim Probesitzen im Januar 2009 war eine gefühlte Hundertschaft zugegen und auch im Januar 2010 rückten Ordnungsamt und Polizei den Leuten mächtig auf die Pelle. Zuvor hatte das Ordnungsamt das Probesitzen gleich ganz verboten, was jedoch vom Verwaltungsgericht sowie vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. Allerdings verbot das Oberverwaltungsgericht Rollenspiele, die auf das Errichten von Blockaden abzielen. Ein Unding, jedoch wurde immerhin der Stadt Dresden klargemacht, dass Probesitzen legal ist, was das Ordnungsamt zähneknirschend akzeptieren musste, auch wenn es dann vor Ort noch versuchte, das Probesitzen als Rollenspiel zu deklarieren. Nun zeigt sich jedoch: Noch viel einfacher wird die ganze Angelegenheit, wenn mensch auf eine Anmeldung solcher Aktionen gänzlich verzichtet.

Vorbereitet wurde mit diesem Probesitzen das Großevent mit Massenblockaden am 19. Februar 2011 in Dresden. Die Nazis haben für diesen Tag mehrere Aufmärsche angekündigt und mobilisieren europaweit. Aber auch am Sonntagabend, den 13. Februar 2011 wollen die Nazis einen Fackelmarsch abhalten, vermutlich von der Innenstadt in Richtung Prohlis (nazidominierter Plattenbau in Dresden-Ost). Auch hiergegen wird es wirksame Aktionen von Dresden-Nazifrei geben. Mehr und stets aktuelle Infos über den Stand der Dinge findet ihr hier:  http://dresden1302.noblogs.org/mobilisierung-13-februar-2011-dresden/


Dresdner Neueste Nachrichten, 17. 1. 2011

Nazigegner proben den Protest – Juristen diskutieren Rechtmäßigkeit von Blockaden

Benjamin Griebe

Dresden. Rund 30 Aktivisten des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ haben am Sonnabend den Theaterplatz in Beschlag genommen, um auf die von ihnen angestrebten Blockaden der Naziaufmärsche am 13. und 19. Februar aufmerksam zu machen. „Die Aktion soll zeigen: Wir sind da, wir wollen blockieren, wir haben keine Scheu“, sagte Bündnissprecherin Judith Förster.

Bundesweit ruft das Bündnis, bestehend aus antifaschistischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen, Gewerkschaften, Parteien, sowie Jugend- und Studierenendenverbänden, zu Massenblockaden gegen den Naziaufmarsch am 19. Februar auf. Vertreter von „Dresden Nazifrei“ sind optimistisch, dass es dieses Jahr erneut gelingen wird, Neonazis an ihren Demonstrationen zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens zu behindern. „Wir haben uns durch den Erfolg vom letzten Jahr noch mal verbreitert. Das heißt auch, dass wir die Arbeit für dieses Jahr vielfältiger und professioneller angehen können“, erklärte Förster.

Im vergangenen Jahr hatten schätzungsweise 12000 Menschen den Naziaufmarsch vor dem Neustädter Bahnhof blockiert. Sprecherin Förster hofft, dass es dieses Jahr genau so viele, wenn nicht noch mehr werden“, bekräftigte die Pressesprecherin.

Am Freitagabend wurde im Dresdner Kulturrathaus diskutiert, ob Blockaden gegen Naziaufmärsche geboten oder verboten seien. Dabei betonte Rechtswissenschaftler Jürgen Schwabe, dass Blockaden gegen Demonstrationen von Nazis ein klarer Rechtsbruch sind. Der ehemalige Vizepräsident des sächsischen Landesarbeitsgerichtes Wolfgang Howald erklärte ebenfalls: „Es ist leider nicht so, dass Neonazis kein Demonstrationsrecht haben.“ Mit Blick auf die Opfer des Nationalsozialismus zeigte Howald aber Verständnis für die Menschen, die sich den Nazis entgegenstellen.


Neues Deutschland, 17.01.2011

Von Hendrik Lasch, Dresden

Gewissenspflicht mit Risiko

Juristen-Debatte vor 13. Februar: Blockade von Nazi-Demos nicht ganz legal, aber legitim

Weil Mitte Februar wieder Nazis durch Dresden marschieren wollen, ruft ein Bündnis zu Blockaden auf. Diese sind legitim, sagen Juristen – ob sie auch legal sind, ist aber umstritten. Das Risiko, vor Gericht zu landen, muss wohl in Kauf genommen werden.

Foto: Dresden vor einem Jahr: Blockieren erfordert auch Mut.

Die Einladung entbehrte nicht einer gewissen Pikanterie: Zu einer Diskussionsrunde über die Frage, ob Blockaden von rechtsextremen Demonstrationen legitim und auch legal sind, hatte am Freitagabend ausgerechnet Christian Avenarius eingeladen, Mitglied der AG sozialdemokratischer Juristen, vor einem Jahr aber auch Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden. Diese hatte kurz vor dem 13. Februar die Büros eines Bündnisses durchsuchen lassen, das zur Blockade von Europas größtem Neonazi-Aufzug aufrief. Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Behörde vier Politiker der LINKEN wegen des Aufrufs zu Aktionen, mit denen Nazis blockiert wurden, anklagen will.

Ob Avenarius‘ frühere Kollegen damit ihrer Pflicht nachkommen oder über das Ziel hinausschießen, blieb freilich auch am Ende des Abends unter den geladenen Experten strittig. Dabei billigen diese überwiegend die politischen und moralischen Motive derjenigen, die sich dem rechtsextremen Aufzug entgegenstellen. Bei dessen Organisatoren, sagt Wolfgang Howald, früherer Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts Sachsen, handle es sich nicht um Menschen, die »nur schweigend durch die Straßen laufen«: Im Umfeld der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) würden unverhohlen revisionistische Gebietsforderungen gestellt. Dass der Aufmarsch, der die Würde von Kriegsopfern beleidige, im vergangenen Februar nicht habe stattfinden können, habe nicht an der von der Dresdner OB organisierten Menschenkette gelegen, stellte Howald unter Applaus klar: »Dass es nicht passiert ist, lag an den Blockaden.« Frank Richter, Dresdner Wende-Aktivist und jetzt Chef der Landeszentrale für politische Bildung, verweist auf die Gewissensfreiheit, die in der Verfassung garantiert sei – und womöglich »eine gewisse Relativierung der Rechtsordnung« zulasse.

Dennoch werde so das Demonstrationsrecht, das in der Demokratie unstreitig auch Rechtsextremen zusteht, gravierend beeinträchtigt, sagt Jürgen Schwabe, Professor für öffentliches Recht in Hamburg. Er hält das für »zivilen Rechtsbruch«, der unter keinen Umständen hinzunehmen sei. Verfassungsmäßige Rechte dürften auch unter Verweis auf das Gewissen nicht von Bürgern beschnitten werden: »Das ist eine Rutschbahn.« Auch Avenarius fragt, ob es nicht »verhängnisvolle Folgen« haben könne, wenn sich das Szenario umkehre, wenn also etwa Neonazis zu Tausenden unerwünschte Demos behinderten.

Das sei sogar ihr Recht, solange sie sich gewaltfrei verhielten, sagt Thilo Weichert, Datenschützer in Schleswig-Holstein und Aktivist in der Anti-AKW-Bewegung, der oft wegen zivilen Ungehorsams verurteilt wurde. Er betonte, das auch Nazis »gottseidank« ihre Meinung kundtun dürften, aber hinnehmen müssten, wenn Bürger Protest dagegen äußern – »auch durch körperliche Präsenz und auf der Straße sitzend«. Allerdings kennt auch Weichert den von Avenarius zitierten Paragrafen 21 des Versammlungsgesetzes, der nicht nur Gewalt gegen genehmigte Demonstrationen unter Strafe stellt, sondern auch deren »grobe Störung«. Wenn die Rechtsordnung Blockaden als eine Straftat einstufe, dann »müssen wir dafür einstehen, auch vor Gericht«, so Weichert. Streng juristisch gesehen, gehe man mit einer Blockade ein Risiko ein. »Das ist aber zumutbar«, sagt der Ex-Richter Howald. Rechtsbruch sei nie legal, ergänzt Weichert: »Er kann aber legitim sein.« Dass er verfolgt wird, nutzt manchmal sogar den Delinquenten: Das Blockadebündnis überreichte Avenarius am Ende eines der Plakate, die vor einem Jahr die Durchsuchung auslösten – als Dank für, wie es hieß, die mit der Beschlagnahmung verbundene unfreiwillige Werbung.


Sächsische Zeitung, 17. Januar 2011

„Die Straße gehört erst mal allen“

Von Marcus Krämer

Wegen solcher Sitzblockaden in der Neustadt war es voriges Jahr am 13.Februar erstmals gelungen, einen Aufmarsch Tausender Nazis zu verhindern. Dass solche Blockaden gegen das Gesetz verstoßen, ist unbestritten. Die Frage ist jedoch, ob sie als „bürgerlicher Ungehorsam“ trotzdem moralisch gerechtfertigt sind.Foto: Jörn Haufe
Darf man das: Sich mitten auf die Straße setzen und eine Kundgebung blockieren? Verletzt so eine Sitzblockade nicht das Grundrecht auf Demonstration, auch wenn es Neonazis sind, die da marschieren wollen? Sollte Meinungsfreiheit in einer Demokratie nicht auch und gerade für extrem anders Denkende gelten? Oder gilt hier der Grundsatz: Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit?

Viele Dresdner stellen sich solche Fragen seit dem 13.Februar 2010. Damals war es gelungen, den wohl größten Nazi-Aufmarsch Europas zu verhindern – vor allem wegen der Blockaden in der Neustadt. Wie soll man sich also als Bürger verhalten, wenn sich dieses Jahr wieder am 13.und 19. Februar Rechtsextreme in der Stadt ankündigen?

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen lud am Freitagabend zu einer Podiumsdiskussion über dieses Thema ins Kulturrathaus ein. Der Saal war rappelvoll, viele Zuhörer mussten stehen. Trotz der sensiblen Streitpunkte, um die es dabei ging, herrschte zu großen Teilen eine verblüffende Einmütigkeit im Saal: Blockaden gegen Demonstrationen von Nazis hielten die meisten im Publikum offenbar nicht nur für gerechtfertigt, sondern geradezu für ein Gebot des „bürgerlichen Ungehorsams“.

Eine völlig andere Auffassung vertrat auf dem Podium Jürgen Schwabe, emeritierter Rechtsprofessor der Universität Hamburg. Er wies darauf hin, dass mit bürgerlichem Ungehorsam ursprünglich ein moralisch begründeter Protest eines Einzelnen gegen den Staat gemeint ist. Der Bürgerlich-Ungehorsame respektiert grundsätzlich die Rechtsordnung. Er verletzt aber bewusst ein bestimmtes Gesetz, das er für ungerecht und gefährlich hält, um dagegen zu protestieren.

Kann man tatenlos zusehen?

Dies sei bei Blockaden gegen eine Demonstration etwas völlig anderes, so Schwabe: „Eine Aktion gegen den Staat ist nicht gleichbedeutend mit Tausenden, die Zivilisten und politische Gegner bekämpfen.“ Zudem sei eine Blockade, die eine Demonstration verhindert, kein Kavaliersdelikt. „Sie beeinträchtigt ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut.“

Aber kann man tatenlos zusehen, wenn die Feinde der Verfassung deren Freiheiten höhnisch ausnutzen? Soll man als Bürger nicht aktiv werden, wo der Staat sich neutral verhalten muss? Frank Richter, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, sprach von einem „ethischen Dilemma“, auf das er an diesem Abend auch keine eindeutige Antwort wusste. „Aber das ethische Dilemma ist der beste Ort, um ethisch urteilsfähig zu werden“, sagte er. Er selbst habe aus seiner Erfahrung als Mitbegründer der „Gruppe der 20“ am 8.Oktober 1989 die Lehre gezogen: „Die Straße gehört erst mal allen.“

Ähnlich sah das auch Wolfgang Howald, Vorsitzender des Münchner-Platz-Komitees. Nicht nur die Nazis, sondern auch die Blockierer beriefen sich auf das Grundrecht zu demonstrieren – wenngleich sie mit ihrer Aktion des bürgerlichen Ungehorsams bewusst gegen das Gesetz verstießen. Howald mahnte, sich dabei verantwortungsvoll zu verhalten. „Es muss klar sein, dass man sich möglicherweise strafbar macht. Es ist unsinnig, dann gegen Polizei und Staatsanwaltschaft zu protestieren.“ Auch könne man nicht von allen Bürgern erwarten, dass sie bei einer Blockade mitmachen. Jeder solle das tun, was er für richtig halte. Die Aktion müsse auf jeden Fall gut begründet sein und vor allem ohne Gewalt.

In Teufels Küche

Dem stimmte auch Thilo Weichert zu, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein. Er war früher selbst oft bei Sitzblockaden der Friedens- und Umweltbewegung aktiv. „Wenn die Gewalttäter dominieren, dann gehe ich weg“, sagte Weichert. Solange sie gewaltfrei blieben, seien Sitzblockaden aber moralisch gerechtfertigt, auch wenn sie das Grundrecht auf Meinungsfreiheit berühren: „Dass Rechte Dritter beeinträchtigt werden, ist ganz normal in einer Demokratie.“

Moderator Christian Avenarius musste voriges Jahr selbst als Oberstaatsanwalt in Dresden gegen Blockadeteilnehmer vorgehen. Er gab zu bedenken, dass zum Beispiel ebenso gut Nazis eine Schwulendemonstration blockieren könnten – was dann? Weichert blieb in seiner Antwort konsequent und meinte, auch in diesem Fall hätte er nichts dagegen. Solange es keine Gewalt gebe, müsse man auch Blockaden durch Nazis dulden. Rechtsprofessor Schwabe verzog das Gesicht. Mehr als einmal klagte er im Lauf der Diskussion: „Da kommen wir in Teufels Küche!“


Dresden Fernsehen, 15. Januar 2011

Blockaden gegen Neonazis – geboten oder verboten?

Haben Rechtsradikale ein Recht, zu demonstrieren oder sollte ihnen nicht gerade in Dresden, sowie am letzten 13. Februar eine Grenze gezogen werden? Diese Frage wurde am Freitag im Kulturrathaus Dresden kontovers disktutiert. +++

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen Dresden/Ostsachsen veranstaltete am Freitagabend eine Podiumsdiskussion unter dem Titel »Blockaden gegen Neonazis – Geboten oder verboten?«. Am Rande sorgte das Bündnis »Dresden-Nazifrei« für Überraschung als es Oberstaatsanwalt Avenarius ein gerahmtes Bündnisplakat aus dem letzten Jahr überreichte. Dieser hatte im letzten Jahr in seiner damaligen Funktion als Oberstaatsanwalt mehrere Hausdurchsuchungen veranlasst und 30.000 Plakate beschlagnahmen lassen und damit eine öffentliche Solidarisierungswelle mit dem Bündnis ausgelöst . »Wir wollen Ihnen damit für Ihre ungewollte Unterstützung im letzten Jahr danken«, kommentierte eine Sprecherin die Plakatübergabe. Das Publikum reagierte mit Erheiterung und Applaus. An der Veranstaltung nahmen 200 Dresdnerinnen und Dresdner teil.

Im Eingangsstatement ließen die Podiumsteilnehmer verlauten, wie sie unter juriistischen, aber auch moralischen Gesichtspunkten zu Blockaden gegen Nazidemonstrationen stehen. Im letzten Jahr waren mehr als 12.000 Menschen dem Aufruf des Bündnisses „Nazifrei – Dresden stellt sich quer!“ gefolgt und hatten Europas größten Naziaufmarsch am 13.2. in Dresden blockiert.

Wolfgang Howald, Vizepräsident des Sächsischen Landesarbeitsgerichts im Ruhestand und Vorsitzender des Münchner-Platz-Komitees e.V erläuterte, in seiner Jugend selbst schon einmal auf Grund von Blockadeversuchen angezeigt worden zu sein und räumte juristischen Spielraum im Bezug auf Blockaden ein.

Frank Richter, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, vormals Domvikar an der Kathedrale in Dresden bezog sich in seinen Äußerungen positiv auf eine gesellschaftliche Grundhaltung, nach der geltendes Recht von Bürgerinnen und Bürgern hinterfragt wird. In diesem Zusammenhang distanziert er sich aber auch klar von Rechtsverstößen.

Dr. Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, vormals Landtagsabgeordneter der Grünen in Baden-Württemberg und juristischer Berater des Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit sieht in Blockaden gegen Naziaufmärsche einen Ausdruck eines demokratisch antifaschistischen Konsens unserer demokratischen Gesellschaft.

Das Bündnis Dresden-Nazifrei mobilisiert weiter zu Massenblockaden gegen den Naziaufmarsch am 19.02.2010. »Die Blockade von Naziaufmärschen ist für uns keine juristische Frage, sondern eine Frage des persönlichen Gewissens«, so Pressesprecherin Judith Förster.

Das Bündnis, bestehend aus antifaschistischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen, Gewerkschaften, Parteien, sowie Jugend- und Studierenendenverbänden, will im Fenbruar 2011 an den diesjährigen Erfolg der Massen anknüpfen, an denen sich mehr als 12.000 Menschen beteiligt hatten.

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