In dem 1994 vom Direktor des Stadtmuseum Dresdens herausgegebenen Buch Verbrannt bis zur Unkenntlichkeit – Die Zerstörung Dresdens 1945 beschreibt Friedrich Reichert, wie es zur Legendenbildung, lokal und international, um die Bombardierung Dresdens noch während der Zeit des Nationalsozialismus kam. Weiter geht er kritisch auf den Umgang mit dem 13. Februar in der DDR ein.
Zum Geschehen ab 1990 ist leider kaum noch eine kritische Analyse heraus zu lesen. Beispielsweise wird die Veranstaltung mit dem Holocaustleugner David Irving vor etwa 500 Dresdenern, der einen großen Anteil an der Verbreitung des Mythos Dresden um die Welt hatte, ohne einen Kommentar unkritisch aufgezählt. Dennoch sind die Abschnitte zur Zeit des NS und der DDR lesenwert. Wer sich über die aktuelle Rezeptionsgeschichte nach 1990 informieren will, sollte die Beiträge von Matthias Neutzner lesen, die man auf unserer Seite einsehen kann.
Zusätzlich stellen wir einen Auszug aus dem Buch Inferno Dresden vom ehemaligen Dresdener Oberbürgermeister Walter Weidauer zur Verfügung. Obwohl auch er in seinen Büchern es mit der Wahrheit nicht so genau nahm und nicht frei von antiwestlicher Polemik war (siehe auch Textauszug von Friedrich Reichert), zeigt es, dass Irving bereits vor 1966 über die falschen Zahlen und wie diese zum internationalen Opfermythos Dresdens beitrugen, informiert war. Trotz seiner damals geäußerten Selbstkritik verbreitet er bis heute seine, mittlerweile wissenschaftlich widerlegten, Falschinformationen über die Bombardierung Dresdens.
Verbrannt bis zur
Unkenntlichkeit
Die Zerstörung Dresdens 1945
Herausgegeben
von der Landeshauptstadt Dresden, Stadtmuseum Dresden, Direktor
Matthias Griebel
1994
Zur Rezeptionsgeschichte des 13.
Februar 1945
Friedrich Reichert
Der Umgang mit der Thematik
„Dresden – 13. Februar 1945“ besitzt eine eigenständige
fast 50jährige Geschichte. Besondere Bedeutung hatten dabei die
Gedenkveranstaltungen zu den jeweiligen Jahrestagen.
Aber auch
Publikationen, die Erzählungen Betroffener sowie die Eindrücke und
Aussagen der Gedenkveranstaltungen gehören zur Rezeptionsgeschichte
des 13. Februar 1945. Zwei Problemkreise standen im Mittelpunkt der
Betrachtungen: Die Schilderungen der Ereignisse am 13. und 14.
Februar sowie die Schuldfrage. Im Laufe der Jahre zeichneten sich
große Unterschiede in den Darstellungen ab.
„Der Tod von
Dresden – ein Leuchtzeichen des Widerstandes“
Wie sahen
Dresdner Bürger die Katastrophe des 13. Februar? Seit 1943 hatten
sie fast täglich Nachrichten über Bombardements in anderen Städten
erhalten, insbesondere durch Augenzeugenberichte, die mündlich
weitergegeben wurden. Der Bezirksinnungsmeister für das
Elektrohandwerk Sachsens Karl Steglich, der 1943 während der
schweren Bombenangriffe auf Hamburg dort zu Besuch weilte, äußerte
danach, daß Hitler daran die Schuld trage. Aufgrund dieser
Äußerungen wurde er zum Tode verurteilt. Auch andere kritische
Dresdner sahen die Bombardements als ein Ergebnis der Wahnidee
Hitlers und befürchteten zunehmend, daß schließlich alles zugrunde
gehen würde. Die Mehrzahl folgte jedoch mehr oder weniger den
Vorstellungen der nationalsozialistischen Ideologie. Diese erkärte
die Toten der Luftangriffe zum „Gemeinschaftsopfer“, das
die Heimatfront für den Endsieg aufbringe. In diesem Sinne schrieb
ein junger Soldat an seine in Dresden ausgebombte Tante, daß der
Endsieg teuer erkauft werden müsse.
Also gingen die Dresdner mit
unterschiedlichen Gedanken am 13. Februar 1945 in die
Luftschutzkeller. Was die Überlebenden danach sahen, war
schrecklicher als das bisher aus Erzählungen Gehörte. Dies trug
dazu bei, die erahnte Zahl der Opfer zu vervielfachen, zumal die
tatsächlich von den Behörden ermittelten Zahlen geheim blieben, so
daß Gerüchte unwidersprochen kursieren konnten.
Die erste
öffentliche Wertung der Ereignisse des 13. Februar gab der Artikel
„Der Tod von Dresden. Ein Leuchtzeichen des Widerstandes“
von Rudolf Sparing am 4. März 1945 in der Wochenzeitung „Das
Reich“.
Sparing bestätigte die schon geschilderte Sicht des
an den Endsieg glaubenden Deutschen. Dazu schrieb er: „Der Gang
in den Keller gehört zum Tagesablauf von Millionen, die Ausbombung
zu den Episoden des Krieges oder seinen kühl erwogenen
Eventualiäten. Über alles das werden seit langem nicht viele Worte
gemacht.“
Und bei Sparing beginnt auch der politische
Mißbrauch mit den Toten des 13. Februar, indem er sie zu
Leuchtzeichen des Widerstandes erklärt: „Wir machen keine
Mitleidskampagne, wir rücken die Kriegsführung des Feindes nur in
das Licht eines Feuers, das er selbst entzündet hat. Er will uns von
der einen Seite her durch Massenmord zur Kapitulation zwingen, damit
dann am verbleibenden Rest, wie sich die andere Seite ausdrückt, das
Todesurteil vollstreckt werden kann. Gegen diese Drohung gibt es
keinen anderen Ausweg als den des kämpfenden Widerstandes.“
In
diesem Sinne waren schon die „Kurznachrichten für die vom
Luftkrieg betroffene Bevölkerung. Dresden, 14. Februar 1945“
angelegt. Dort erfuhr der Leser zunächst: „Unsere Führung ist
unaufhörliche bestrebt, die materielle Überlegenheit er
Bolschewisten mit den modernsten Kampfmitteln auszugleichen. Eine der
wirksamsten Waffen gegen Panzer ist die Panzerfaust. Sie gibt dem
beherzten Soldaten eine Kampfkraft, mit der er selbst die großen
bolschewistischen Panzer erledigen kann.“ Erst am Schluß
erfährt der Leser: „Die Angriffe der Luftgangster in den
Abendstunden des 13. und in den Morgenstunden des 14. Februar 1945
waren von einer noch nie dagewesenen Abscheulichkeit.“
Ein
Artikel in der New Yorker Staatszeitung und Herold vom 5. November
1945 trug mit zu einem verzerrten Bild von den Geschehnissen am 13.
Februar bei. Abgedruckt wurde die Schilderung eines Dr. Paul Schwarz
aus einer Schweizer Zeitung, der als Augenzeuge über den 13. Februar
berichtete. Es wurden Angaben verbreitet, zu denen Schwarz keinen
entsprechenden Einblick hatte. So behauptete er, daß der Angriff am
13. Februar 1945 der erste und letzte auf Dresden gewesen sei, daß
sich eine halbe Million Ostflüchtlinge in der Stadt befunden hätten
und daß in der Innenstadt kein Mensch überlebt habe. Mancher
deutsche Kriegsgefangene in den USA erfuhr so erstmals Einzelheiten
über den 13. Februar, die er als in der Zeitung gelesene Wahrheit
mit nach Hause brachte.
(…)
„Kampftag gegen die
Bonner Ultras“
Zum elften Jahrestag der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1956 fand keine Großkundgebung statt.
In der zweiten Hälfte der 50er Jahre wurde der 13. Februar zum Kampftag gegen den deutschen Militarismus erklärt; die Schuldigen wären immer noch und wieder in der Bonner Bundeswehr vertreten.
Unter dem Vorwand, den Frieden schützen zu müssen, erhielten die Gedenkkundgebungen zum 13. Februar nun auch militante Züge. So bildete den Abschluß der Großkundgebung auf dem Altmarkt am 13. Februar 1957 „ein Vorbeimarsch bewaffneter Kräfte der Arbeiter- und Bauernnmacht.“ Die Kampfgruppen hatten sich am Dr.-Kurt-Fischer-Platz zu stellen.
Von der Kranzniederlegung am 13. Februar 1958 auf dem Heidefriehof wurde berichtet: „Während sich die Delegationen zur Gedenkfeier aufstellten, zogen über ihnen Flugzeuge ihre Bahn, kamen vom nahen Flugplatz in Klotzsche oder kehrten zu ihm zurück – Maschinen unserer jungen Flugzeugindustrie, die von friedlicher Arbeit zeugen und nichts gemein haben mit den Bomberstaffeln, die vor nunmehr 13 Jahren Dresden in einer Nacht in Schutt und Asche legten.“ Nachdem ein Jahr später der DDR-Flugzeugbau scheiterte, wurden in der Flugzeuwerft Dresden Militärflugzeuge gewartet.
In einem am 13. Februar 1960 veröffentlichten Appell der Bevölkerung Dresdens an die friedliebenden Menschen der Welt wurden nun als schuldig an der Zerstörung Dresdens die westdeutschen Militaristen benannt. Es hieß in diesem Appell: „Die zehntausenden Toten unserer Stadt, Millionen Kriegsopfer aller Länder mahnen uns: Nicht zum dritten mal darf es den westdeutschen Militaristen gelingen, das Leben von vielen Millionen Menschen zu vernichten.“
In seiner Rede auf der Großkundgebung am 13. Februar 1960 gebrauchte Ministerpräsident Grotewohl den Begriff „anglo-amerikanischer Terrorangriff“ nicht. Das geschah sicher mit Rücksichtnahme auf das zu diesem Zeitpunkt vom sowjetischen Parteichef Chruschtschow angestrebte Gipfeltreffen mit führenden Politikern der Westmächte.
Die Gedenkveranstaltungen in den 60er Jahren ähnelten sich sehr. Bis auf eine Ausnahme (1963 in der Halle des Straßenbahnhofes Waltherstraße) fanden die Kundgebungen stets auf dem Altmarkt statt. Redner waren sieben Mal Werner Kolikowski, 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Dresden, und zwei Mal Hermann Matern, Mitlgied des Polibüros des ZK der SED und Vizepräsident der Volkskammer. Bereits damit kam zum Ausdruck, daß auf diesen Kundgebungen vorrangig politische Agitation der SED betrieben werden sollte. Der 13. Februar war nur noch Anlaß zu diesem Zweck.
Stets wurde als Schuldiger der Katastrophe des 13. Februar der deutsche Faschismus benannt, den man nun mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland in Verbindung brachte, was in der speziellen Begriffsschöfpung „Bonner Ultras“ gipfelte. So berichtete die Sächsische Zeitung am 14. Februar 1962 unter der Überschrift „Dresden mahnt – schlagt die Ultras“ von der Kundgebung am Vortag. Wenige Tage zuvor war in der DDR die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden. Zum anderen wurden in den Reden Bekenntnisse zur Stärkung des sozialistischen Systems beschworen. Krolikowski erklärte am 13. Februar 1963: „Die Lehren des 13. Februar richtig ziehen, heißt auf dem Wege des Sozialismus erfolgreich voranzuschreiten.“ Oberbürgermeister Schill verkündete in einem Leitartikel der Sächsischen Zeitung: „Heute, 18 Jahre nach dieser Schreckensnacht, zeigt sich unsere Stadt bereits im sozialistischen Gewand.“
Mit dem verstärkten Engagement der USA im Vietnam-Krieg seit Mitte der 60er Jahre wurden Vergleiche zwischen dem 13. Februar und dem Krieg in Fernost gezogen.
In den 60er Jahren erschienen im Westen das Buch von David Irving „Der Untergang Dresdens“ (Gütersloh 1964) und im Osten Walter Weidauer’s „Inferno Dresden“ (Berlin-Ost 1965). Im Unterschied zu den bereits genannten Publikationen von Axel Rodenberger und Max Seydewitz, die ihre Bücher als Tatsachenberichte verstanden, erhoben Irving und Weidauer für ihre Bücher den Anspruch wissenschaftlicher Aufarbeitung.
Am 8. Februar 1964 hatte Weidauer in einer Sonderbeilage der Sächsischen Zeitung sein Konzept unter dem Titel „Dresden, Legenden und Lügen um einen teuflischen Plan“ vorgestellt. Das war eine Reaktion auf die Veröffentlichung Irvings, der in seinem Buch unter Berufung auf die nicht belegbare Aussage von Hanns Voigt, dem Leiter der Vermißtenzentrale, die Zahl der Todesopfer in Dresden nach dem 13. Februar mit 135.000 beziffert hatte. Somit hätten die Dresdener Luftangriffe mit herkömmlichen Waffen mehr Todesopfer gefordert als die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. Die politisch-agitatorische Polemik gegen diese Darlegung wurde zum Hauptinhalt des Buches „Inferno Dresden“, das 1965 in erster Auflage erschien.
Zu bemerken wäre hier, daß Weidauer selbst in vorangegangenen Jahren zu denjenigen gehörte, die Lügen und Legenden zumindest verbreiten halfen, da solche unwidersprochen blieben. Das zeigt sich auch darin, daß Weidauer, der nun verkündete, daß der britische Premier Churchill mit der Aktion „Donnerschlag“ die Zerstörung Dresdens gefordert habe, 1953 verbreitet hatte, daß es der damalige Präsident der USA, Eisenhower war, der die Zerstörung Dresdens befohlen hatte.
In seiner Gedenkrede am 13. Februar 1946 hatte Weidauer noch 25.000 Todesopfer genannt, was mit der angeführten Schlußmeldung vom 15. März 1945 übereinstimmte. Ausgehend von einer nicht belegbaren Zeugenaussage des Oberfriedhofsgärtners Zeppenfeld schrieb er nun von 35.000 Toten. Neben den hier benannten Ungereimtheiten erschlossen jedoch die Bücher von Irving und Weidauer neues Quellenmaterial – Irving besonders aus den Archiven der Britischen und amerikanischen Luftwaffe und Weidauer aus der aufgefundenen Schlußmeldung vom 15. März 1945.
Zwischen Helsinki,
nuklearer Nachrüstung und Wende
In den 70er Jahren änderte
sich der Umgang mit dem Problemkreis 13. Februar grundlegend. Während
die Kundgebung zum 25. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Jahre
1970 nochmals im Stil der 60er Jahre verlief (Großkundgebung auf dem
Altmarkt, Redner: DDR-Ministerpräsident Stoph), fanden 1971 bis 1979
keine Großkundgebungen zum 13. Februar statt. Hauptveranstaltung war
jeweils die Kranzniederlegung auf dem Heidefriedhof. Im Gegensatz zu
den 50er Jahren wurden auch hier keine Reden mehr gehalten. Zum 30.
Jahrestag der Zerstörung Dresdens fand zusätzlich eine
Sondersitzung der Stadtverordnetenversammlung mit einer Rede des
Oberbürgermeisters Schill statt. Neben den Kranzniederlegungen auf
dem Heidefriedhof wurden zunehmend als Gedenkverstanstaltungen
Requiem-Aufführungen des Kreuzchores, der Staatskapelle oder der
Dresdner Philharmonie in der Kreuzkirche und im Kulturpalast
durchgeführt.
Die veränderte Art des Umgangs mit dem 13. Februar
in den 70er Jahren stand ganz offensichtlich im Zusammenhang mit der
weltweiten diplomatischen Anerkennung der DDR, dem Abschluß des
Grundlagenvertrages mit der Bundesrepublik und der Unterzeichnung der
Schlußakte von Helsinki.
Im Jahr 1977 erschien mit „Dresden
im Luftkrieg“ von Götz Bergander erstmals ein Sachbuch zum 13.
Februar 1945, das frei von ideologischem Ballast war und durchgehend
auf exakter Quellenanalyse basierte. Da als West-Literatur auf dem
Index, kam es nicht im Buchhandel der DDR zum Verkauf. Interessenten
mußten sich das Buch illegal verschaffen. Dennoch wurde in der
Neuauflage von Weidauers „Inferno Dresden“ im Jahre 1983
Berganders Buch mehrmals wohlwollend zitiert.
In den 80er Jahren
erfuhren die Großkundgebungen zum 13. Februar eine Wiederbelebung.
Als Friedensdemonstrationen deklariert, fanden sie vor dem letzten
großen Trümmerberg Dresdens, der Ruine der Frauenkirche statt.
Nachdem der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche von den
Regierenden der DDR als nicht wichtig angesehen wurde, hatte man den
Trümmerberg zum „Mahnmal für die Lebenden im Kampf gegen
imperialistische Barbarei. Für Frieden und Glück der Menschheit“
erklärt. Als Kriegsgegner hier mit brennenden Kerzen das Recht auf
Wehrdienstverweigerung einforderten, sah man sich zu Gegenreaktionen
in Form dieser neuerlichen offiziellen Kundgebungen herausgefordert.
Der Stil dieser Veranstaltungen wurde jedoch gegenüber den 50er und
60er Jahren wesentlich geändert. So traten nun zumeist mehrere
Redner aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten auf. Die Angriffe
gegen die Bundesrepublik und die USA erfolgten nicht mehr im Ton des
kalten Krieges und konzentrierten sich auf das aktuelle Thema der
nuklearen Nachrüstung.
Einen anderen Charakter erhielt die
Kundgebung zum 40. Jahrestag der Zerstörung Dresdens. Im Mittelpunkt
stand hier die weltweit verfolgte Eröffnung der wiederaufgebauten
Semperoper. Die Regierenden der DDR, die Dresden ansonsten im Rang
einer einfachen Bezirksstadt behandelten, erschienen, um sich selbst
und die Erfolge der DDR gleichermaßen anläßlich dieses
internationalen Ereignisses zu präsentieren.
Als der Platz vor
der Ruine der Frauenkirche in den Jahren 1988 und 1989 von den
Baustelleneinrichtungen für das Devisen-Hotel „Dresdner Hof“
belegt war, fanden die Kundgebungen auf dem Schloßplatz statt, der
damals noch Georgi-Dimitroff-Platz hieß. Diese Kundgebungen ließen
sich in ihrem krampfhaften Konzept bereits Zerfallserscheinungen der
untergehenden DDR erahnen. Der Raum der Kreuzkirche dagegen konnte
nicht mehr alle fassen, die an den Friedensgebeten, welche hier seit
1982 zum 13. Februar stattfanden, teilnehmen wollten.
Im Jahre
1985 bildete sich unter dem Dach des Kulturbundes der DDR eine
Fachgruppe interessierter Dresdner Bürger, die sich nunmehr intensiv
mit der Thematik des 13. Februar 1945 befaßte und insbesondere
Augenzeugenberichte sammelte und dokumentierte. Der Initiative des
Leiters dieser Gruppe, Matthias Neutzner ist zu danken, daß die
Ergebnisse im September/Oktober 1989 in der Austellung
„Lebenszeichen“ im Museum für Geschichte der Stadt Dresden
vorgestellt wurden. Anfang Februar 1990 veranstaltete die nunmehrige
Interessengemeinschaft ein großes Forum zum 45. Jahrestag der
Zerstörung Dresdens mit Vertretern aus anderen deutschen Städten,
die ebenfalls durch den Lufkrieg schwer zerstört worden waren,
darunter auch aus vielen westdeutschen Städten. Das war möglich
durch die am 9. November 1989 im Zuge der politischen Ereignisse
erfolgte Grenzöffnung. Damit änderte sich auch der Charakter der
Gedenkveranstaltungen zum 13. Februar grundlegend.
Am Abend des
13. Februar 1990 versammelten sich zehntausende Dresdner mit
brennenden Kerzen auf dem Altmarkt und am gleichen Tag bildete sich
ein Bürgerinitiative zum Wiederaufbau der Frauenkirche. Im
Kulturpalast fand ein spektakuläres Forum mit David Irving statt.
In
den Jahren 1991, 92, 93 und 94 waren die Kranzniederlegungen auf dem
Heidefriedhof wieder die Haupveranstaltungen des Gedenkens neben
Requiem-Aufführungen, Gottesdiensten und schweigendem Gedenken an
der Ruine der Frauenkirche. Am 13. Februar 1994 besichtigten
zehntausende Dresdner den freigelegten Altar der bereits in
Enttrümmerung für den bevorstehenden Wiederaufbau befindlichen
Frauenkirche. Die nun als eingetragener Verein wirkende
„Interessengemeinschaft 13. Februar“ eröffnete am 13.
Februar 1992 im Dresdner Rathaus die erweiterte Ausstellung
„Lebenszeichen“, welche dann auch von den Städten Hamburg
und Mainz übernomen wurde und, wieder in Dresden, auch in der
Kathedrale und im Schloßturm viele Besucher fand und findet.
Inferno Dresden
Über
Lügen und Legenden um die Aktion „Donnerschlag“
Walter
Weidauer
3. Auflage 1966
Vorwort zur dritten
Auflage
(…)
Inzwischen (das Manuskript der dritten
Auflage war schon im Satz) hat der englische Historiker David Irving
in der Londoner Zeitschrift „The Times“ am 7. Juli 1966
einen recht interessanten Brief veröffentlicht. Darin schreibt er:
„Die Bombardierung Dresdens 1945 ist in den letzten Jahren von
einigen Leuten als Beweis dafür angeführt worden, daß eine
konventionelle Bombardierung mehr Verwüstungen anrichten kann als
nukleare Angriffe und andere haben daraus falsche Schlußfolgerungen
zu ziehen gesucht. Mein eigener Anteil an diesem Vorwurf ist groß…
Vor zwei Jahren beschaffte ich mir von einer privaten ostdeutschen
Stelle Auszüge aus dem Bericht des Polizeipräsidenten, die das
endgültige Totenverzeichnis als ‚eine Viertelmillion‘ anführten,
… aber es ist jetzt offenbar, daß die Statistik des
Totenverzeichnisses, vermutlich 1945, gefälscht worden ist. Die
ostdeutschen Behörden… haben mir jetzt eine Kopie des 11 Seiten
umfassenden ‚endgültigen Berichts‘ verschafft, den der
Bezirkspolizeichef etwa einen Monat nach den Angriffen auf Dresden
geschrieben hat, und über die Glaubwürdigkeit dieses Dokuments gibt
es keinen Zweifel… Der Verfasser des Dokuments, der Höhere SS- und
Polizeiführer Elbe, war für zivile Verteidigungsmaßnahmen in
Dresden verantwortlich, muß dazu bemerkt werden. Seine Zahlen sind
sehr viel niedriger als die von mir zitierten…
Ich habe kein
Interesse daran, falsche Legenden zu wecken oder zu verewigen, und
ich denke, es ist wichtig, daß der Bericht (die von Irving als
‚echt‘ veröffentlichte Fälschung Goebbels‘ – W.W.) in dieser
Beziehung richtiggestellt werden sollte.“
Es ist erfreulich,
daß sich David Irving nach jahrelangen Auseinandersetzungen endlich
berichtigt und von dem von Goebbels gefälschten Befehl und von
anderen aus ebenso trüben Quellen stammenden Lügen und Legenden
über die Zahl der Toten der barbarischen Luftangriffe auf Dresden im
Februar 1945 abrückt.
Trotzdem kommt diese Berichtigung reichlich
spät, denn schon in der zweiten Auflage von „Inferno Dresden“
im Januar 1966 ist das echte Dokument abgedruckt worden. Aber auch
bei noch früher liegenden Besuchen in Dresden wurden David Irving
Dokumente vorgelegt, zusammengestellt von einer Kommission bewährter
Antifaschisten, die die tatsächliche Totenzahl auswiesen. Irving hat
diese Dokumente nicht als authentisch anerkannt. Ich bin überzeugt,
daß er früher oder später auch von anderen unrichtigen Angaben und
den daraus gezogenen falschen Schlußfolgerungen abrücken muß, wenn
er sein Ansehen als ernsthafter Historiker behalten will.
Eines
müssen alle zur Kenntnis nehmen: Lügen, Legenden und Fälschungen
sind letzten Endes immer nur den Imperialisten von Nutzen. Deshalb
treten wir so leidenschaftlich für die Wahrheit ein.
Dresden,
im September 1966
Walter Weidauer
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