angemessener Tag der Opfer des Faschismus: Kundgebung und mehr

Über 100 Menschen beteiligten sich heute, anläßlich des Jahrestages der Auschwitz-Befreiung, an der Kundgebung vor dem Bahnhof Neustadt. Mit Liedern, Gedichten und Redebeiträgen wurde an die Opfer des Nationalsozialismus und an den Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplex Auschwitz erinnert, darunter eine eher ungewöhnlichere Interpretation des Moorsoldatenliedes (anhören: HeliumVolaMoorsoldaten.mp3).

In Dresden-Reick kam es wenig später zu einer Spontandemonstration, einmal die komplette Oskar-Röder-Straße hinunter bis zu einem Wohngebiet. Dort wurde in einer Kundgebung darauf aufmerksam gemacht, wer in der Oskar-Röder-Straße 10 seit Jahren ein festes Domizil gefunden hat: Die organisierten Dresdner Neonazis. Diese zogen es vor, in ihrem Treffpunkt zu verbleiben und zu telefonieren. Auf dem Weg zurück traf ein Sixpack der Polizei, allerdings nur mit zwei Polizisten besetzt, just vor einem Seiteneingang der Oskar-Röder-Str. 10 ein und stellte sich der Demonstration in den Weg. Die Demo zog weiter zum Haupteingang und kündigte dort den Nazis weitere Gegenwehr am 13. Februar und darüberhinaus an. Dann gings zügig zurück, ohne dass die Polizei mehr erreichte, als ein paar verwackelte Videoaufnahmen im vollen Zug.

Bericht und Fotos auf Indymedia: de.indymedia.org/2010/01/271844.shtml

Redebeitrag zum Nazitreff Oskar-Röder-Straße 10

Liebe Anwohner_innen,

wir sind heute hier um über die Nutzung
des Geländes Oskar-Röder-Straße 10 aufzuklären. Denn hinter der äußeren
Fassade steckt weit mehr als eine traditionelle Kunstschmiede. Hier in
der Reicker Nachbar_innenschaft, hat sich einer der wichtigsten
Treffpunkte für Neonazis in Dresden etabliert.

Eigentümer des
Objektes Oskar-Röder-Straße 10 ist Alfred Schmidt, seines Zeichens
Kunstschmied aus Trappenkamp in Schleswig-Holstein. Nach der
Wiedervereinigung kam dieser nach Dresden und baute hier einen
Kunstschmiede-Betrieb auf. Schmidt ist jedoch nicht nur Vermieter des
Neonazi-Treffpunktes, er versucht auch schon mal selbst
geschichtsrevisionistische Inhalte über seine Arbeit zu transportieren.
So hatte er bereits in einer für das Norderstedter Rathaus von ihm
hergestellten Wappenwand die Wappen der ehemaligen Ostgebiete, sowie
eine Karte Deutschlands in den Grenzen von 1937 integriert. Nach
Protesten musste er diese Teile verändern.

Vor diesem Hintergrund
erscheint es wenig verwunderlich, dass er seine Räumlichkeiten der
organisierten Neonazi-Szene zur Verfügung stellt.

Vermietet
wurde zunächst nur eine Holzbaracke, die sich im hinteren Bereich des
Geländes befand. Als diese im März 2007 unter tatkräftiger Mithilfe der
Nazis abgerissen wurde, zogen diese in das Haupthaus um, in dem ihnen
nun inklusive des Kellers über 100m² zur Verfügung stehen.

Als
Mieter war hierbei der einschlägig bekannte Tilo Kriegel zur Stelle.
Kriegel trat ansonsten meist dann auf, wenn sich organisierte Neonazis
zu Übergriffen auf politisch Andersdenkende und deren Veranstaltungen
trafen. So beteiligte er sich an Angriffsversuchen auf eine
antifaschistische Demonstration am 12.06.2004 in Pirna. Er war
ebenfalls dabei, als am 16.06.2005 ein Mob von ca. 20 Neonazis
versuchte eine Veranstaltung der Initiative Bürger.Courage zm Thema
Rechtsextremismus in der Kunsthofpassage in Dresden-Neustadt zu stören.
Als am 31.05.2007 das sogenannte Bürgerbüro der NPD in Dresden-Pieschen
eröffnet wurde, meldeten Antifaschist_innen eine Protestkundgebung an.
Wohl aus diesem Grund hatten sich in der Nähe auch mehrere Nazischläger
versammelt, die gemeinsam versuchten antifaschistisch Engagierte, sowie
ein alternatives Wohn- und Kulturprojekt im Viertel anzugreifen. Unter
den ca. 15 Nazis befand sich auch Tilo Kriegel. Wenn er nicht gerade
damit beschäftigt ist zu randalieren oder Menschen anzugreifen,
versucht er sich im Studium der Architektur. Um dieses zu finanzieren
arbeitete er schonmal für den Sicherheitsdienst „Ihre Wache“, wobei er
auch Erfahrungen aus dem Kickbox-Training an der Kampfsportakademie
Dresden nutzen konnte. Nach einer Outingaktion an der HTW, bei der
seinen Mitstudent_innen und Dozent_innen über seine Aktivitäten
berichtet wurde, entschied er sich sein Engagement an der Hochschule
für den Fachschaftsrat einzustellen.

Neben NPD Funktionären
wie Rene Despang, Paul Lindner und Jens Baur sind vor allem auch
sogenannte „Freie Kräfte“ häufig auf der Oskar-Röder-Straße zu Gast.
Tilo Kriegel unterhält Kontakte unter anderen zu Sebastian Reiche, Toni
Beger und weiteren bekannten Neonazis.

Diese Beiden beispielsweise
sind ebenso an dem Störversuch in der Kunsthofpassage 2005 beteiligt
gewesen. Reiche und Beger pflegen gute Kontakte in die Hooliganszene
Dresdens. Genau aus diesem Spektrum wurden die Angriffe auf Dönerläden
nach dem EM-Spiel Deutschland Türkei im Sommer 2008 begangen.

Toni
Beger, der wichtiges Bindeglied zwischen Nazi- und Hooliganszene ist,
war Betreiber verschiedener Geschäfte in Dresden. Mit dazu gehörte das
mittlerweile geschlossene „Eastyle“ Bekleidungsgeschäft, das unter
anderem die in der rechten Szene beliebten Marken „Thor Steinar“,
„Brachial“ sowie „Eric and Sons“ führte. Das Geschäft stand mehrfach im
Zentrum antifaschistischer Proteste.

Das Objekt Röder-Straße
10 wird von der rechten Szene in der Region vielfältig genutzt. Es
werden Schulungen durchgeführt, es gibt Möglichkeiten zum
Fitness-Training, sowie eine Bar. Mehrfach haben in dem Gebäude
Konzertveranstaltungen mit einschlägig rechten Bands stattgefunden. Auf
dem Gelände sind verschiedene Demonstrationsmittel hergestellt worden
und gelagert, unter anderem Fahnen und Transparente. Des weiteren
fanden diverse Vorträge und Gruppentreffen statt. Seit 2005 organisiert
die Dresdner Naziszene in der Oskar-Röder-Straße mit dem
„Jugendstammtisch“ einen Teil ihrer Jugendarbeit.

Das dieses Gelände für jeglichen Anlass durch Neonazis genutzt wird sollen folgende Beispiele verdeutlichen:

Im
Zusammenhang mit der vom revisionistischen „Bündnis gegen das
Vergessen“ seit einigen Jahren organisierten „Aktionswoche“ im Vorfeld
des 13.Februars fand am 12.02.2007 ein Vortrag mit dem NPD-Mitarbeiter
Peter Naumann in der damals noch existierenden Baracke auf dem Gelände
statt.

Nachdem ein Neonazi-Konzert im sächsischen Gränitz am 03.
April vergangenen Jahres durch die Polizei verhindert wurde, nutzten
die dadurch frustrierten Nazis die Oskar-Röder-Straße als
Ersatztreffpunkt.

Nach einer Demonstration der „Autonomen
Nationalisten“ am 01. Mai 2009 in Freiberg trafen sich verschiedene
Rechte um den Nazikader Maik Müller ebenfalls in der Reicker Immobilie.

In der lokalen Presse wurde das Objekt bisher nur einmal
erwähnt . Als nämlich Anfang 2007 bekannt wurde, dass eine sogenannte
„Anti-Antifa-Akte“ durch Unbekannte aus der Baracke entwendet worden
war. In dieser hatten Personen aus dem Umfeld der „Freien Kräfte
Dresden“ personenbezogene Daten über antifaschistisch Aktive
zusammengestellt.

Auch von offizieller Seite scheint es wenig
Interesse an einem konsequenten Vorgehen gegen und Informieren über die
Umtriebe Dresdener Neonazis in Reick zu geben. Der Fund der
„Anti-Antifa-Akte“ führte für den Nazitreffpunkt und seine Betreiber zu
keinerlei Konsequenzen, lediglich das alternative und antifaschistische
Projekt „a.l.i.a.s.“ wurde, wohl auf Grund einer Pressemitteilung, von
den Behörden durchsucht. Auf eine kleine Anfrage bezüglich der
Oskar-Röder Straße 10 durch die Grünen, zog das Innenministerium den
Verweis auf die Geheimhaltung seiner Arbeitsweise einer Antwort
bezüglich der Erkenntnisse zum Objekt vor. Auch sonst berichtet der
Verfassungsschutz trotz besseren Wissens nicht über die Gefahren und
die strukturelle Wichtigkeit für die rechte Szene, die der Existenz
solch eines Treffpunktes immanent sind.

Die obigen Tatsachen
und die Analysen antifaschistischer Gruppen aus Dresden lassen nur
einen Schluss zu. In Reick existiert seit Jahren ein nationales Zentrum
mit herausragender Bedeutung für die Naziszene in der Region. Es als
solches zu benennen und eine kritische Öffentlichkeit zu schaffen sehen
wir als unsere Aufgabe. Unser Engagement beinhaltet in der Konsequenz
die Schließung des Nazitreffpunktes zu fordern und entschlossen dafür
einzutreten.
AK Antifa des Libertären Netzwerks Dresden

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