Drohbriefe von Nazis an Unterstützer der Blockaden

Berliner Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregime und der Linkspartei, sowie Mitglieder der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen erhalten nach dem verhinderten Naziaufmarsch am 13. Februar 2010 Drohbriefe von Nazis, in denen mit Brandanschlägen gedroht wird – sie alle hatten im Vorfeld des 13. Februar die Aufrufe zu Massenblockaden unterschrieben.


Junge Welt
23.02.10

Zivilcourage – gefährlich
Drohbriefe von Neonazis: Unterstützer der Aufmarsch-Blockade in Dresden im Visier. Verfassungsschutz warnt vor rechten Provokationen am 1. Mai

Von Lothar Bassermann

Das Fiasko, in dem der geplante Aufmarsch von 6000 Neonazis am 13. Februar in Dresden endete, liegt den Rechten schwer im Magen. Etwa 12000 Antifaschistinnen und Antifaschisten hatten den Aufzug alter und neuer Faschisten mit einer Sitzblockade verhindert. Rechte Internetforen und Kommentarspalten einschlägiger Websites sind seither voll von haßerfüllten Beiträgen über eine angebliche »Kumpanei zwischen Antifa und Polizei«. Die Neonazis mußten in diesem Jahr erstmals hinnehmen, daß ihr seit 1998 alljährlich zelebriertes geschichtsrevisionistisches Gedenken an den »Bombenholocaust« ins Wasser fiel.

Unterdessen berichtete die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) am Montag von anonymen Drohbriefen, die mehrere Berliner Unterstützer der Erklärung »13. Februar 2010: Dresden nazifrei. Gemeinsam blockieren« in den letzten Tagen in ihren Briefkästen vorgefunden hätten. Ins Visier der Neonazis gerieten Geschäftsstellen der Linkspartei ebenso wie bekennende Neonazigegner. Nach Informationen der Berliner VVN-BdA erhielten alle Betroffenen ein mit »Kommando 13. Februar« unterzeichnetes Schreiben, auf dem der Spruch »Dein Leben interessiert uns brennend!« zu lesen war. Auch ein einzelnes Streichholz fanden die Empfänger in den unbeschrifteten Briefumschlägen, die die Neonazis somit vermutlich selbst verteilt haben.

Die Linkspartei teilte mit, daß in allen Fällen Anzeige gegen Unbekannt erstattet wurde. Betroffen waren die Kreisgeschäftsstellen der Partei in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Pankow. Die VVN-BdA stellte sich in ihrer Erklärung »ausdrücklich hinter alle Menschen, die sich gegen Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus engagieren« und appellierte eindringlich an die Dresdner Staatsanwaltschaft, sämtliche Ermittlungen gegen Antifaschisten im Zusammenhang mit den Protesten am 13. Februar einzustellen.

Betroffene sind aufgerufen, sich an die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (info @ mbr-berlin.de) oder den Verein Reach Out (info @ reachoutberlin.de) zu wenden.

Daß Drohungen dieser Art auch Taten folgen können, mußten linke Gruppen und Hausprojekte in Berlin in den letzten Wochen immer wieder erfahren. Mitte Januar begann im Bezirk Neukölln eine Anschlagserie, die sich gegen linke Bars, Büros und Nachbarschaftszentren richtete. Vorwiegend wurden dabei nachts Steine durch die Fensterscheiben der Einrichtungen geworfen. Ziele waren unter anderem die Chile-Freundschaftsgesellschaft »Salvador Allende«, die Galerie Olga Benario und das Büro der Grünen. Auch Einrichtungen in den Stadtteilen Friedrichshain, Weißensee und Wedding waren betroffen. Einige Monate vor Beginn der Attacken war auf der Internetseite einer Berliner Neonazi-»Kameradschaft« eine umfangreiche Liste »linker Läden« veröffentlicht worden – verbunden mit der Erwartung, daß diese »Euch im praktischen Sinne effektiv« sein möge.

Die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) bereitet sich unterdessen auf den 1. Mai vor – auch an diesem Tag wollen Neonazis aus ganz Deutschland erneut in Berlin marschieren. Die Sicherheitsbehörden rechnen dabei mit einer zunehmenden Aggressivität der Rechten. Es könne sich nach der Niederlage von Dresden eine »Jetzt-erst-recht-Stimmung« entwickeln, vermutete etwa der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2010/02-24/005.php


WELT online
25. Februar 2010
Politik

Rechte Szene schüchtert Gegner ein
Teilnehmer von Anti-Nazi-Demonstration in Dresden bekommen Drohbriefe

Berlin – Die rechte Szene versucht offenbar derzeit, Neonazi-Gegner in Berlin einzuschüchtern. Wie die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes mitteilte, haben mehrere Antifaschisten in den vergangenen Tagen anonyme Drohbriefe in ihren privaten Briefkästen gefunden. Darin stand: „…dein Leben interessiert uns brennend…“. Den Briefen lag jeweils ein Streichholz bei. Als Absender war ein „Kommando 13. Februar“ angegeben, das auf Angehörige der rechtsextremen Szene deutet. Vergleichbare Drohbriefe gingen in drei Geschäftsstellen der Berliner Linkspartei ein.

Die Adressaten seien allesamt Unterzeichner des Aufrufs „13. Februar 2010 Dresden Nazifrei. Gemeinsam blockieren“, sagte ein Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Damit wurde gegen den Aufmarsch von Neonazis mobilisiert. „Den neonazistischen und antisemitischen Tätern muss sofort das Handwerk gelegt werden“, forderte die Vereinigung.

In Dresden hatten weit mehr als 10 000 Gegendemonstranten durch Blockaden verhindert, dass rund 6400 Rechtsextreme aus dem In- und Ausland durch die Stadt ziehen konnten. Seit langem versuchen Neonazis, den Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13. Februar für Propagandazwecke zu nutzen. Gleiche Drohbriefe gingen in den Geschäftsstellen der Berliner Linkspartei in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Pankow ein, wie ein Parteisprecher mitteilte. Das Schreiben in Pankow war namentlich an den Bundestagsabgeordneten Stefan Liebich gerichtet. Die Partei erstattete in allen Fällen Anzeige gegen unbekannt.

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus kann das Ausmaß der Bedrohung noch nicht einschätzen. Nach ihrer Kenntnis seien bisher derartige Briefe nur innerhalb Berlins verschickt worden, teilte eine Sprecherin mit. Die Schreiben seien ein weiterer Beleg für die seit Mitte 2009 festzustellende „zunehmende Radikalisierung der rechten Szene“.

Quelle: http://www.welt.de/die-welt/politik/article6549443/Rechte-Szene-schuechtert-Gegner-ein.html


Niederlausitz aktuell
25.02.10
Brandenburg/Politik

Rechtsextreme Bedrohung gegen Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen – Staatsschutz ermittelt

Die in den vergangenen Tagen kursierenden Drohbriefe der rechtsextremen Organisation „Kommando 13. Februar“ haben sich auch gegen die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen (BVB) gerichtet. Der im Januar zur Barnimer Landratswahl angetretene Bewerber der BVB, Dr. Frank Valentin, erhielt am vergangenen Montag einen an ihn adressierten Brief per Post, in welchem mit dem Text „Dein Leben interessiert uns brennend“ unverhohlen gedroht wurde.
Dabei handelte es sich um denselben Text, welcher in dieser Woche mehrere politisch aktive Personen in Berlin und Brandenburg erreichte.

Die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen verurteilen diesen perfiden Einschüchterungsversuch politischer Extremisten und wenden sich entscheiden gegen demokratiefeindliche Bestrebungen.
Wir sind entsetzt, dass solch menschenverachtendes Gedankengut derart unverschämt zur Schau gestellt wird. Valentin gehörte zu den Unterzeichnern des Aufrufes für die friedliche Verhinderung des Dresdener Neonaziaufmarsches am vergangenen Wochenende.

Der gesamte Landesverband der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen stellt sich schützend vor sein Mitglied und aktiven Mitstreiter Valentin, der bei der vergangenen Wahl 14,9% erzielt und somit ein Zeichen für Demokratie und Pluralismus gesetzt hat.
Der Landesvorstand der BVB bittet alle Mitglieder, die ebenfalls derartige Schreiben erhalten haben, sich zeitnah an Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus und Gewalt zu wenden. Derartige Bedrohungen müssen ernst genommen werden.

Deshalb wurde Strafanzeige erstattet, das Schreiben zwecks Spurenanalyse dem Staatsschutz überreicht. Ermittlungsergebnisse sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.

Trotz dieses besorgniserregenden Angriffs aus dem rechtsextremen Lager werden die Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen ihren Einsatz für Demokratie und Meinungsvielfalt in Brandenburg unvermindert fortsetzen.

Quelle: Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen
http://www.niederlausitz-aktuell.de/artikel_6_8807.php

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