Bericht vom Gedenkstadtrundgang am 27. Januar 2011 in Dresden

Ex-KPD-Zentrale in der Columbusstr. 9 in DD-Löbtau

Zum Gedenken an den Tag der Opfer des Nationalsozialismus lud der AK Antifa Dresden zu einem politischen Stadtrundgang ein, bei dem bekannte und unbekanntere Aspekte des Widerstands und des Lebens und Leidens der Opfer des NS beleuchtet werden sollten. 50 Menschen beteiligten sich an der Veranstaltung, die sich über vier Stationen erstreckte und zwischendurch einen Zug durch die Innenstadt ermöglichte.

Zum Beginn der Veranstaltung wurde noch einmal kurz erläutert, was der 27. Januar für ein Gedenktag ist und das ihm ähnliche Gedenktage, wie der Tag der Opfer des Faschismus am zweiten Sonntag im September und der Jom haScho’a zur Seite stehen.

Die erste Station befand sich in Löbtau auf der Columbusstraße 9, wo sich in den 1920iger Jahren die KPD-Zentrale Ostsachsen befunden hatte. Bei den Versuchen, den aufkommenden Nationalsozialismus frühzeitig zu stürzen spielte dieses Haus eine wichtige Rolle. Aus ihm wurde von Antifaschisten wie beispielsweise Ernst Thälmann und Rudolf Renner die Arbeit der einzelnen Ortsgruppen koordiniert, Kontakt zu kampfbereiten SPD-Gruppen gehalten und Vorbereitungen für die illegale Tätigkeit getroffen. Rudolf Renner soll einmal gesagt haben: „Nur der Mensch wird stark, der kämpft und die Widerstände überwindet.“ In Dresden ist heute eine Straße in den Stadtteilen Löbtau und Cotta nach ihm benannt, welche an den Widerstandskämpfer und Antifaschisten erinnert.

Gedenkstein an das Blutbad im Keglerheim am 25.1.1933

Zur zweiten Station ging es anschließend ins benachbarte Viertel Friedrichstadt. An der Ecke Friedrichstraße / Weißeritzstraße befand sich das Keglerheim, wo vor 88 Jahren eine antifaschistische Versammlung von der Polizei zusammengeschossen wurde. An dieser Stelle erinnert heute ein Pultstein an das Geschehen. Vor dem Redebeitrag mit den ausführlicher Darstellung des Ereignis und der darauffolgenden Massenproteste, wurde die Frage gestellt, wer von diesen Geschehnissen bereits wusste. Nur drei Leute konnten dies von sich behaupten, darunter ein Älterer, der es aus einem DDR-Stadtführer kannte. Als Grund dafür wurde gemutmaßt, dass es sich um Antifaschisten gehandelt hat. Aber es wurde auch angemerkt, dass wir nun also gefordert sind, es bekannter zu machen. Schließlich hatten die Proteste nach dem Blutbad zu einer der größten antifaschistischen Manifestationen Dresden geführt, mit mehreren zehntausend Beteiligten. Das zeigt, dass die Dresdner nicht immer so lethargisch waren, was Widerstand angeht 😉

Innenhof des Dresdner Zwinger

Auf dem Weg zur dritten Station, der Synagoge, wurde beschlossen auf die Straßenbahn zu verzichten und statt dessen demonstrationsartig durch die Innenstadt zu ziehen. Durch den Zwinger und über den Neumarkt gelangte man so zur Brühlschen Terasse, an dessen Ende sich die Neue Dresdner Synagoge befindet. An dieser Stelle hatte auch die alten, am 9.11.38 angezündete Sempersynagoge gestanden, sowie die Gemeindehäuser auf der Zeughausstraße 1 und 3, die später zu Judenhäusern wurden. Deswegen wurde an dieser Stelle ein Redebeitrag zu dem hier stattgefundenen jüdischen Gemeindeleben und der Verfolgung der Juden gehalten. Die Judenhäuser hatten die Funktion, die jüdischen Menschen zu konzentrieren, was Überwachung, Terror und Zugriff vor allem bei den ab 1942 einsetzenden Deportationen „vereinfachen“ sollte. Die beiden Judenhäuser auf der Zeughausstraße 1 und 3, deren BewohnerInnen in sogenannten „Mischehen“ lebten, bekamen während der Bombardierung am 13. Februar 1945 Volltreffer ab und wurden komplett zerstört. Einige starben dadurch, andere jedoch konnten sich retten. Die meisten von ihnen waren für die Deportation am 16. Februar nach Theresienstadt vorgesehen.

ehemaliges Goehle-Werk: Zwangsarbeit und KZ-Außenlager

Die vierte Station schließlich führte nach Pieschen zu den ehemaligen Goehle-Werken der Zeiss Ikon AG. Dort war ein Außenlager des Konzentrationslagers Flössenburg eingerichtet wurden mit dem Ziel, die Arbeitskraft der Gefangenen auszubeuten. Auch die Insassen des Judenlager Hellerberg mussten zu Fuß hierher zur Arbeit kommen. Produziert wurde für die Rüstung und so kam es auch zu Sabotageakten und anderen widerständigen Handlungen durch die KZ-Häftlinge.

Am Ende wurde darauf hingewiesen, dass wir uns spätestens am 13. und 19. Februar wieder auf der Straße sehen und dann zerstreuten sich die mittlerweile durchgefrorenen TeilnehmerInnen.


Geschichtliche Abrisse zu den einzelnen Stationen:

1. KPD-Zentrale Ostsachsen und Rudolf Renner

Columbusstraße 9

Im Zuge der Novemberrevolution 1918/1919 gründete sich am 1. Januar 1919 die Kommunistische Partei Deutschlands. Im gesamten Land entstanden Ortsgruppen der KPD. Sachsen wurde in drei Bezirke ein geteilt. Den Gebieten Ostsachsen, Westsachsen und Erzgebirge/Vogtland. Dresden wurde zur Bezirkszentrale für Ostsachsen. Mitte Januar konstituierten sich in Dresden Ortsgruppen in den Stadtgebieten Altstadt, Trachenberge, Kaditz, Übigau, Pieschen, Trachau und Mickten. Es wurde versucht eine kommunistische Räterepublik nach Vorbild der Sowjets aufzubauen. Aber auch der Kampf gegen den erstarkenden Nationalsozialismus war zentraler Bestandteil der KPD-Arbeit. Aus diesem Grund wollen wir hier ein paar Worte über die KPD in Gedenken an ihren Widerstand verlieren. Eine bedeutende und zentrale Rolle im kommunistischen Widerstand gegen die Nationalsozialisten in Ostsachsen spielte Rudolf Renner. Über den wir nun einige Sätze erzählen wollen. Wir wollen aber auch darauf hinweisen, dass wir hier keinen Personenkult betreiben wollen und auch mit den politischen Ansichten, des Moskautreuen Renners nicht übereinstimmen. Sondern Rudolf Renner nur als ein Beispiel für den Antifaschistischen Widerstand der Kommunisten nehmen, da er hier vor Ort wirkte.
Der 1894 geborene Renner kam schon als Jugendlicher in Kontakt mit den kommunistischen Ideen und war Mitglied im Gewerkschaftsverband der deutschen Buchdrucker und der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung. Im ersten Weltkrieg wurde er als Infanterist eingezogen und beteiligte sich für den Spartakusbund an Antikriegsarbeit an der Front. Wegen seiner antimilitaristischen Agitationen wurde er verhaftet, doch durch den Kieler Matrosenaufstand entging er einem Gerichtsverfahren. Nach den Kämpfen der Novemberrevolution arbeitete er kurze Zeit im Rheinland und war Mitbegründer der Ortsgruppe der KPD Wuppertal/Elberfeld. 1920 wurde Rudolf Renner von seiner Partei nach Sachsen berufen. In Sachsen arbeitete er zunächst als Voluntär der KPD-Zeitung „Kämpfer“ aus Chemnitz. Und nach kurzer Zeit ging er nach Dresden, um in der Redaktion eines Kopfblattes des „Kämpfer“, dem „Volksblatt“ mit zu arbeiten. Rudolf Renner machte sich einen Namen als guter Schreiber und Journalist. Seit 1921 war er Landtagsabgeordneter der KPD im Sächsischen Landtag. Auch während der Zeiten, als die KPD verboten wurde, arbeite er in der Illegalität weiter. Im Jahr 1929 wurde er Mitglied im Zentralkomitee der KPD und politischer Sekretär für die neu gegründete Bezirksleitung Sachsen. Die 3 Bezirksleitungen wurden zusammengefasst, um eine bessere Gegenmacht zu den Faschisten auf zu bauen. Rudolf Renner trat als Redner in Unzähligen Veranstaltungen für den Kommunismus und für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus und Faschismus auf. Ab 1932 gab er in Leipzig die „Sächsische Arbeiter-Zeitung“ heraus. Zu seiner Lebzeit war er ein hartnäckiger Verfechter der Idee der Einheitsfront gegen die Nationalsozialisten. Unermüdlich versuchte er eine Solche auf die Beine zu stellen, doch leider vergebens. Zu tief waren die inneren Konflikte von KPD, Gewerkschaften und SPD. Noch im Februar des Jahres 1933 rief er im sächsischen Landtag zum gemeinsamen Kampf auf. Mit dem Erlass der „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes“ am 4. Februar 1933 wurde die Arbeit der KPD faktisch in die Illegalität getrieben. Am 7. Februar des gleichen Jahres kam es im Sportshaus Ziegenhals bei Niederlehme im Landkreis Königs-Wusterhausen zu einem geheimen Treffen mit ca. 40 Teilnehmern. Thema des Treffens war unter anderem „ die Schaffung einer antifaschistischen Aktionseinheit“. Aufgrund der Angst entdeckt zu werden wurde die Versammlung nach wenigen Stunden aufgelöst. Rudolf Renner versuchte danach in Freiberg und Chemnitz noch einmal für eine Einheitsfront zu werben. Doch auch wieder gelang es ihm nicht. Nach den Reichstagswahlen am 5. März ließen die Nationalsozialisten Haftbefehle gegen alle kommunistischen Abgeordneten. Renner ging in die Illegalität und setzte seine politische Arbeit unter falschen Namen fort. Am 13.April wurde Rudolf Renner dann verhaftet und wegen des Tragens eines falschen Namens zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Diese saß er im Gerichtsgefängnis am Münchner Platz ab. Doch auch nach drei Monaten wurde er nicht freigelassen. Er wurde noch des Hochverrates, wegen seiner Artikel, in denen er zum Kampf gegen den Faschismus aufgerufen hatte, für schuldig gesprochen. Am 26.April 1934 wurde  er zu 3  Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach den 3  Jahren Zuchthaus folgten Internierungen  in den Konzentrationslagern Sachsenburg,  Oranienburg und im Frühjahr 1938 Buchenwald. Am 30. Juli 1940  starb Rudolf Renner an den Folgen der 7 jährigen Inhaftierung und den Misshandlungen durch die Nationalsozialisten. In Dresden wurde er beigesetzt. Rudolf Renner soll einmal gesagt haben :“Nur der Mensch wird Stark, der kämpft und die Widerstände überwindet.“ In Dresden ist heute eine Straße in den Stadtteilen Löbtau und Cotta nach ihm benannt, welche an den Widerstandskämpfer und Antifaschisten erinnert.

2. Blutbad im Keglerheim, Friedrichstraße Ecke Weißeritzstraße und anschließende Massenproteste

Rotfrontkämpferbund und Reichsbanner ehren die Toten vom Keglerheim bei der Beerdigung auf dem Friedhof Tolkewitz

Vor 88 Jahren, am 25. Januar 1933, wurden an dieser Stelle, im Keglerheim, bei einer Veranstaltung des „Kampfbund gegen den Faschismus“, neun Antifaschisten durch Polizisten erschossen. Die darauffolgenden Proteste gipfelten in einer der größten antifaschistischen Manifestationen Dresdens mit mehreren Zehntausend Anteilnehmenden am Tag der Beerdigung.

Fragen an die Anwesenden: Wer wusste bereits vor dem Flyer des AK Antifa von dieser Geschichte? Woher? Warum gibt es nur so wenige Quellen über das Ereignis? Warum bezieht sich niemand darauf?

Die Situation auf der Straße hatte sich kurz vor der Machtübertragung an Hitler, die mit organisiertem Terror gegen politische Gegner einherging, zugespitzt: Als Reaktion auf Aufmärsche der Nazis am 22. Januar rief die KPD zu Massendemonstrationen am 25. Januar und zur „Sturmwoche der Antifaschistischen Aktion“ auf. Im „Roten Berlin“ kamen etwa 100.000 Menschen zusammen, in Dresden einige Tausend. Redner riefen zur Einheitsfront gegen den Faschismus auf. Nach der Demonstration zogen etwa 1000 Menschen hierher zum Keglerheim zur Veranstaltung des „Kampfbund gegen den Faschismus“. Mit der Begründung, es werde zur Gewalt aufgerufen, löste die Polizei die Veranstaltung auf. Die Leute gingen, doch plötzlich schoss die Polizei in den Saal und tötete neun Menschen, elf wurden schwerverletzt. Zusätzlich behinderte die Polizei die Arbeitersamariter, welche die Verletzten behandeln wollten.

Am Tag darauf verbot das Polizeipräsidium sämtliche Versammlungen unter freiem Himmel. Dennoch formierten sich spontane Demonstrationen in den Vierteln. Die Aufzüge in der Neustadt und in Löbtau wurden von der Polizei aufgelöst, der in Pieschen war jedoch zwei Stunden lang unterwegs. Heute vor 88 Jahren, am 27. Januar 1933, trat die Belegschaft eines der größten Industriestandorte Dresdens, des Sachsenwerks in Niedersedlitz, in Proteststreik. Vor dem Arbeitsamt auf der Maternistraße löste die Polizei immer wieder Gruppierungen auf. Am 29. Januar 1933 fand eine Massenprotestkundgebung unter Umgehung des Versammlungsverbots im Zirkus Sarrasani am Straßburger Platz statt. Dort wurde zum Proteststreik für den Tag der Beerdigung aufgerufen.

Am 30. Januar 1933 ernannte Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Einen Tag danach, am 31. Januar 1933 fand die Beerdigung auf dem Tolkewitzer Friedhof statt. Trotz eines kleinen Belagerungszustandes durch die Polizei formierte sich ein Zug von 30.000 Menschen, mit dem „Kampfbund gegen den Faschismus“ an der Spitze und geschlossenen Verbänden der militanten Arme von KPD und SPD (Rotfrontkämpferbund und Reichsbanner) mittendrin. Zehntausende sammelten sich auf den Straßen und nahmen auf diese Weise Anteil an der vorbeiziehenden Demonstration. Auch auf dem Friedhof hatten sich 10.000 versammelt. Dort uniformierten sich die militanten Kampfverbände und erwiesen den Toten mit erhobener geballter Faust die Ehre.

3. Gemeindeleben und Judenhäuser in der Zeughausstraße

Fahne zu Ehren der Roten Armee, die mit großen Verlusten am Sieg über den NS beteiligt war, im Hintergrund Synagoge

In den Häusern der Zeughausstraße befanden sich Wohnungen und zentrale Gemeindeeinrichtungen der jüdischen Gemeinde zu Dresden. Einen großen Schatz bildete dabei die Gemeindebibliothek mit Lesehalle im Hinterhaus der Zeughausstraße 3. Diese wurde ab 1911 auf Initiative des damaligen Gemeindevorstehers Max Elb mit Mitteln der „Marie-Ascher-Stiftung“ ausgebaut und nach dem Tode von Prof. Karl August Wünsche, einem evangelischen Theologen und Hebraisten, im Jahre 1913, durch Aufkauf aus dessen Nachlass, mit mehr als 5.000 Bänden alter sowie neuer hebräischer und jiddischer Literatur zu einer der größten jüdischen Bibliotheken Deutschlands erweitert.
Ebenso befanden sich in diesem Haus die Gemeindeverwaltung und die Wohlfahrtsstelle. Letztere, 1925 gegründet, war von hohem Stellenwert, weil ihre Leistungen unter anderem Gesundheits-, Alters- und Jugendfürsorge, sowie die Unterstützung durchreisender Jüdinnen und Juden umfasste, ebenso aber auch Hilfe in komplizierten wirtschaftlichen Verhältnissen. Sie entsprach damit ökonomischen und sozialen Verhältnissen in Deutschland, die vorrangig durch den I.WK und die Nachkriegszeit hervorgerufen wurden und diente als zentrale Anlaufstelle für Fürsorge. Zahlreiche Vereine hatten hier ihre Geschäftsadresse und fungierten als Partner_innen bei der Bewältigung dieser verschiedenen Aufgaben. Zu nennen wären hierbei unter anderem der „Israelitische  Armenunterstützungsverein“ (formell gegr. 1851), der „Israelitische Frauenverein“ (gegr. 1791) und der Krankenhilfsverein „Mischenes Chaulim“ („Zur Unterstützung der Kranken“, gegr. 1807). Gemeindesteuern, Spenden, Mitgliedsbeiträge, Wohltätigkeitsveranstaltungen und zahlreiche Stiftungen bildeten die materielle Grundlage der gesamten Hilfstätigkeiten. Während des NS kamen unter anderem noch Auswanderungs- und Lebenshilfe dazu, dies selbstverständlich unter stark erschwerten Bedingungen.
Ein weiterer Verein, der aufgrund seiner Bedeutung Erwähnung finden soll, war hier in der Zeughausstraße beheimatet: der „Mendelssohn-Verein“.
Der Verein wurde zum 100. Geburtstag Moses Mendelssohns, eines deutsch-jüdischen Philosophen der Aufklärung und Zeit seines Lebens Vorkämpfers für die Gleichberechtigung der Jüdinnen und Juden, gegründet und nach diesem benannt. Gründungsmitglied war unter anderem Bernhard Beer, der der erste Gemeindevorsteher der 1837 gegründeten jüdischen Religionsgemeinde zu Dresden war.
Bedeutsamkeit erlangte dieser Verein vor allem deshalb, weil er auf tatsächliche Emanzipation der Jüdinnen und Juden abzielte, was mit kultureller und sozialer Assimilation als deutsche Staatsbürger einhergehen sollte. Der Verein bewirkte im Laufe der Zeit eine Veränderung der sozialen Strukturen der ärmeren Schichten unter den Juden, indem er zahlreichen mittellosen jungen Männern das Erlernen von Handwerksberufen ermöglichte oder aber das Studium  verschiedenster Wissenschaftszweige und Kunstrichtungen. Nach dem I.WK wurden auch Frauen in verschiedensten Bereichen ausgebildet und es wurde verstärkt versucht, gegen den drastisch zunehmenden politischen Antisemitismus vorzugehen. 1933 dann wurde der Verein, unter Einbeziehung des Vermögens, verboten.
Im Jahre 1935 wurde die jüdische Schule gegründet. Dies war Resultat der sich seit 1933 anhäufenden öffentlichen Anfeindungen gegenüber Kindern von Jüdinnen und Juden in den staatlichen Schulen. So traten im März 1935 zunächst 100 Kinder der Klassen 1-4 im ersten Stock der Zeughausstraße 1 den Unterricht an. Schwerpunkte bildeten Religionsunterricht, Hebräisch und jüdische Geschichte, im Weiteren Sport und manuelle Ausbildung. Die Unterrichtssprache war Deutsch. (→ bei eventuellen Nachfragen oder Unklarheiten: Es wurde nach dem staatlichen „Lehrplan für Volksschulen der Stadt Dresden“ von 1929 und den „Richtlinien zur Ausgestaltung von Lehrplänen für jüdische Volksschulen“,1933 herausgegeben von der Reichsvertretung deutscher Juden, gelehrt. Auffällig ist, dass „das deutsche Element“ Grundlage aller Fächer war, hierbei aber in der Quelle und bei weiterer Recherche nicht herauszufinden war, worauf sich das genau stützt oder etwa bezieht. Sicherlich kann man sich viel drunter vorstellen, aber nunja. Dies ist insofern interessant, als das man sich dabei schließlich denken kann, dass Jüd_innen nicht lehren konnten, was und wie sie wollten.)
Ab 1936 entstand auf dem Gelände ein neuer Anbau, in dem ein Hort zur Betreuung der Kinder eingerichtet wurde. Bis 1942 konnte in der Schule unterrichtet werden, im Frühjahr desselben Jahres wurde dann eine große Gruppe Jüdinnen und Juden ins KZ Riga deportiert, unter ihnen die letzten Schüler_innen der jüdischen Schule, die damit die Reise in den Tod antraten.
Mit dem „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939 wurde Schritt für Schritt der Mieterschutz für Jüdinnen und Juden aufgehoben. Unter Anweisung von Gestapo und Reichssicherheitshauptamt folgte diesem ab Herbst des Jahres 1939 eine Konzentration von Jüdinnen und Juden in sogenannten „Judenhäusern“, unter sehr beengten Wohnverhältnissen. Auf Grundlage dieser Anweisung hatten alle Dresdener Jüdinnen und Juden bis zum 1. April 1940 ihre Wohnungen zu räumen und die dafür vorgesehenen „Judenhäuser“ zu beziehen. 37 dieser „Judenhäuser“ waren ursprünglich in Dresden vorgesehen. In der Zeitschrift „Grund- und Hauseigentum Sachsen. Größte Hausbesitzerzeitung Deutschlands.“ Nr. 53 von 1940, sind dann 32 solcher entsprechenden Häuser benannt worden. Die Zeughausstraße war eines dieser 32 „Judenhäuser“.
Ziel dieser sogenannten „Umsiedlungen“ war es, „(…)Störungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu vermeiden(…)“. Desweiteren sollte dies zur Konzentration und Vermeidung von Ghettobildung dienen, was Überwachung, Terror und Zugriff auf Jüdinnen und Juden und vor allem den Zugriff bei den ab 1942 einsetzenden Deportationen „vereinfachen“ sollte.
Die Menschen wurden in sehr beengtem Wohnraum untergebracht: normal war eine Person ein  kleines Einzelzimmer in den Wohnungen vorgesehen. Ausschließlich privilegierte Jüdinnen und Juden, die sich unter anderem in „Mischehen“ befanden, hatten die Möglichkeit, zwei Zimmer zu bekommen.
Victor Klemperer, der mit seiner Frau Eva in verschiedenen Dresdener Judenhäusern wohnte, notierte einmal über ein Dresdener Judenhaus:
„Cohns, Stühlers, wir. Badezimmer und Klo gemeinsam. Küche gemeinsam mit Stühlers, nur halb getrennt – eine Wasserstelle für alle drei […] Es ist schon halb Barackenleben, man stolpert übereinander, durcheinander.“
Die ohnehin schlechten Lebensverhältnisse verschlimmerten sich zunehmends und 1942 war die jüdische Bevölkerung in Dresden bereits von vormals ca. 6000 auf weniger als 1000 Personen reduziert worden. Zwischen Juli 1942 und Anfang Februar 1945 wurden allein 495 Dresdener Jüdinnen und Juden in das KZ Theresienstadt deportiert. Viele von ihnen weiter nach Auschwitz, wo sie dann den grauenvollen Tod fanden. Die übrigen Dresdener Jüdinnen und Juden, die nicht in einer Mischehe lebten, wurden im November 1942 von den Judenhäusern in das neu errichtete „Judenlager Hellerberg“ verschleppt, das in Zusammenarbeit von Gestapo, NSDAP-Kreisstelle und der Zeiss Ikon AG eingerichtet worden war.  Es waren insgesamt ca. 300 Jüdinnen und Juden, unter ihnen Männer, Frauen, Kinder. Die Arbeitsfähigen unter ihnen mussten von dort aus täglich zu Fuß zum Göhle-Werk der Zeiss Ikon AG, Heidestraße 4, gehen, um dort Zwangsarbeit zu leisten. Im März 1943 wurden alle ca. 300 Personen nach Auschwitz deportiert.
Von den einst 32 Judenhäusern waren Anfang Februar 1945 noch 8 übrig, unter ihnen die Zeughausstraße 1 und 3. Auch die in diesen Häusern noch lebenden 174 Dresdener Jüdinnen und Juden, die in einer „Mischehe“ lebten, waren für die Vernichtung vorgesehen. Sie erhielten von der Gestapo am 12. Februar den Deportationsbescheid, der für den 16. Februar ausgestellt war. Die Bombardierung Dresdens hatte vielen von ihnen das Leben gerettet. Sie flüchteten und versteckten sich, soweit sie konnten, bis zum Ende des Krieges. Bei der Bombardierung der Stadt wurden beide Häuser der Zeughausstraße vollkommen zerstört. Erst im Zusammenhang mit dem Bau der Neuen Synagoge Dresden, 2001, entstand hier auch wieder ein neues Gemeindezentrum.

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