Reaktionen auf den Kampagnenstart von Dresden-Nazifrei

Etwas ungläubig schreibt die Dresdner Tagespresse über die Unterzeichner von Dresden-Nazifrei: da hätten selbst die Toten Hosen und die Beatsteaks unterzeichnet. Nicht nur das, es gibt auch ein schönes Zitat von Bela B.:

»Blockieren wir die Blockköpfe. Es bleibt ein unerträglicher Zustand, dass wieder Nazis durch Dresden marschieren wollen. Wenn die Politik sie nicht stoppt, stoppen wir sie mit unseren Mitteln. Sitzblockaden muss es geben, bis der Aufmarsch Geschichte ist!« (Bela B., Musiker und Schlagzeuger der Band Die Ärzte)

Schnell musste sich auch Oberbürgermeisterin Helma Orosz zum Thema äußern, auch wenn sie vielleicht lieber selbst den Zeitpunkt gewählt hätte um ihrerseits mit großer Geste ihre Pläne zu präsentieren: Man wolle die Menschenkette nun auch da machen, wo die Nazis sind, sprich: sicherheitshalber auf beiden Elbseiten. Da zeigt sich, dass das Bündnis bereits erreicht hat, dass die OB in die Pflicht gerät, auch ihren Teil zur Verhinderung der Naziaufmärsche beizutragen.

Auch auf Indymedia werden die aktuellen Entwicklungen besprochen und diskutiert.


Dresdner Neueste Nachrichten, 14. Dezember 2010

13. Februar

Bündnis gegen Nazi-Aufmärsche formiert sich

Zahlreiche Politiker und Musiker haben sich dem Aufruf des Dresdner Bündnisses „Nazifrei“ für die Blockade geplanter rechtsextremer Aufmärsche am 13. Februar 2011 angeschlossen. Es werde nicht akzeptiert, dass Neonazis „die Geschichte verdrehen und die eigentlichen Opfer des Nationalsozialismus verhöhnen“, heißt es in einem Appell. Jede „Leugnung und Relativierung der deutschen Schuld“ am Holocaust werde abgelehnt.

Zu den ersten Unterzeichnern gehören den Angaben zufolge Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Neben antifaschistischen Gruppen, Vereinigungen der Grünen, Linkspartei und Gewerkschaften hätten auch prominente Bands wie die „Toten Hosen“ und „Beatsteaks“ den Aufruf unterstützt.

Dem Bündnis „Nazifrei“ gehören Gewerkschaften, demokratische Parteien, Jugend- und Studentenverbände sowie antifaschistische und zivilgesellschaftliche Gruppen an. In diesem Jahr verhinderten etwa 10 000 Menschen einen Aufzug von mehr als 6000 Rechtsextremen durch Blockaden. Zeitgleich hatten Politiker und Kirchen zu einer Menschenkette in der Altstadt aufgerufen, um das Rathaus symbolisch vor Neonazis zu schützen. OB Helma Orosz (CDU) kündigte an, auch 2011 wieder Menschenketten als Form des Protests gegen Rechtsextremismus zu nutzen. Sie sollen sich diesmal zu beiden Elbseiten formieren.

Neonazis versuchen alljährlich am 13. Februar, den Jahrestag der Bombardierung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkriegs für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Nach Medienberichten planen Rechtsextreme 2011 mehrere Aufzüge in einem sogenannten Sternmarsch.

Auf der Internetseite www.dresden-nazifrei.com können sich Bürger dem Aufruf „Nazifrei“ anschließen.


Indymedia, 14.12.2010

13. Februar: Bundesweiter Kampagnenstart für Massenblockaden

Auch im Jahr 2011 soll es in Dresden Massenblockaden gegen den Naziaufmarsch geben. Zwei Monate vorher hat das Bündnis Dresden-Nazifrei nun offiziell den Kampagnenstart verkündet.
Warum das Bündnis es dieses Jahr vielleicht sogar schwerer haben wird und welchen Einfluss No Pasaran hat…

Das Bündnis, welches auf Initiative des bundesweiten antifaschistischen Zusammenschluss No Pasaran im Anschluss an die Aktionskonferenz 2009, entstanden ist, konnte auch in diesem Jahr zahlreiche Prominente für den Aufruf als Erstunterzeichner gewinnen. Als Organisationen unterstützen u.a. NoPasaran, der VVN-BDA, Die Linke, Die Grünen und die Föderation demokratischer Arbeitervereine den Aufruf. Namentlich konnte Wolfgang Thierse (Bundestagsvizepräsident), Petra Pau (Bundestagsvizepräsidentin) Stefan Kramer (Generalsekretär des Zentralrats der Juden), Aiman Mazyek (Vorsitzender des Zentralrats der Muslime), Frank Bsirske (Vorsitzender von Verdi), Petra Pau, Die Toten Hosen, Bela B. und Axel Honneth (Philosoph) und viele andere gewonnen werden.
Damit setzt das Bündnis die Strategie des letzten Jahres fort, durch breite gesellschaftliche Verankerung den politischen Preis für die Räumung von Blockaden in die Höhe zu treiben. Seit dem 13. Dezember können auch andere Gruppen und Einzelpersonen den Aufruf unterstützen, der auch in englisch, französisch, russisch, hebräisch, spanisch, tschechisch und polnisch erschienen ist.

Das Antifabündnis No Pasaran war von Teilen der linken Szene kritisiert worden, weil man angeblich nur auf Masse und nicht auf Inhalte setzt. Bei No Pasaran würde nicht über den Opfermythos geredet werden, sondern man arbeitet stattdessen mit Teilen der Zivilgesellschaft zusammen die selbst dem Mythos frönen. Tatsächlich versuchte jedoch No Pasaran kontinuierlich das Thema auf die Agenda zu setzen. Offenkundig nicht unerfolgreich, so heißt es in einer Pressemitteilung der sächsischen Linken:

Eine rege Debatte entspann sich um die Frage, ob sich die LINKE auch am Gedenken auf dem Heidefriedhof beteiligen solle. Ein Argument dafür ist, dass den Nazis sonst zuviel Raum beim offiziellen Gedenken der Stadt gegeben werde. Allerdings haben wir in der Diskussion darauf abgestellt, dass auf dem Heidefriedhof auch Dresden auf einer der Stelen erscheint – Dresden darf nicht länger unkommentiert neben den Opfern von Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges bis 1945 stehen. Wir fordern die Stadt Dresden auf, sich schnellstmöglichst um eine Umgestaltung der Anlage zu bemühen und die NPD nicht zum offiziellen Gedenken einzuladen.Im Ergebnis der Diskussion schließt sich die sächsische LINKE daher der Initiative des Stadtverbandes Dresden an, im Januar 2011 eine Veranstaltung zur Auseinandersetzung mit dem „Mythos Dresden“ durchzuführen.
Die Veranstaltung soll von der Linken, der SPD, den Grünen und jüdischen Gemeinde veranstaltet werden.

Als im letzten Jahr der Naziaufmarsch erfolgreich verhindert werden konnte (Indymedia Feature 2010) waren die Nazis sichtlich überrascht. In der Annahme Dresden würde wie in den Vorjahren zum ’nationalen Selbstläufer‘ werden, hatten sie es versäumt sich adäquat auf breiten antifaschistischen Widerstand einzustellen. Doch nach dem Desaster begann man bereits frühzeitig Gegenstrategien zu entwickeln. Im Oktober versuchte man sich an einen Testlauf für Dresden in Leipzig – allerdings mit wenig rühmlichen Ausgang. Es ist wohl kein Zufall, dass seitens der Veranstalter des alljährlichen „Trauermarsch“ man sich bisher zurückhält mit Ankündigungen, wann es zum Großevent kommen soll. Für den 13. Februar bewirbt man augenblicklich einen Trauermarsch, der sich angeblich vor allem an regionale Kräfte richten soll. Sechs Tage später am Samstag den 19. Februar sind mehrere Demonstrationen angemeldet. Unter der Annahme mögliche Massenblockaden würden so zerfasern, soll durch dieses Konzept ein Erfolg sichergestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass es den Organisatoren kaum gelingen wird an zwei Terminen zu Großveranstaltungen zu mobilisieren.

So sind drei Szenarien denkbar: Erstens einen „kleineren“ Aufmarsch direkt am Sonntag und das ’nationale Megaevent‘ dann am darauf folgenden Samstag. Oder der Großaufmarsch soll bereits am Sonntag stattfinden, während der Samstag als Spielwiese für die eher aktionsorientierten autonomen Nationalisten sein wird. Und schließlich drittens stellt sich der 19. als Fakeanmeldung heraus und alle Aktionen finden am 13. selbst statt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies aber alles Spekulation. Für beide Seiten könnte dies jedoch erhebliche Schwierigkeiten in der Mobilisierung bedeuten, so dass innerhalb der nächsten Wochen sicher für mehr Klarheit gesorgt wird. Beide Seiten dürften in diesem Jahr hoch motiviert sein. Für Antifaschisten geht es darum den Trend zu bestätigen. Sollte man auch 2011 erfolgreich sein, wird es für Neonazis sehr schwierig werden ihrer eigenen Klientel eine Erfolgsperspektive für 2012 und darüber hinaus zu präsentieren. Sind die Nazis hingegen im Februar kommenden Jahres erfolgreich, würden das Desaster in diesem Jahr als Betriebsunfall darstellen.

Eins spricht jedoch für die Antifaschisten. Der Mythos, dass in Dresden ’nichts geht‘, konnte im letzten Jahr eindrucksvoll widerlegt werden. Grund genug also sich notfalls auch zweimal nach Dresden zu begeben. Dann werden sie auch nicht durchkommen. No Pasaran!

Informationen zum 13. Februar mit vielen Hintergrundinformationen gibt es auf dresden1302.noblogs.org

Bündnis Dresden-Nazifrei dresden-nazifrei.com


Neues Deutschland, 14.12.2010

Nazigegner legen los
Dresdner Bündnis will 2011 erneut blockieren

Dresden (ND-Meyer). Sie wollen wieder blockieren: Das Bündnis »Nazifrei – Dresden stellt sich quer« hat am Montag seinen Aufruf zur Massenaktion in der sächsischen Landeshauptstadt veröffentlicht und damit den offiziellen Startschuss für die Mobilisierung gegen den Naziaufmarsch im Februar 2011 gegeben. In diesem Jahr war es über 12 000 Menschen erstmals gelungen, den größten Naziaufmarsch Europas zu verhindern. An diesen Erfolg will das aus antifaschistischen und zivilgesellschaftlichen Gruppen sowie Gewerkschaften, Parteien, Jugend- und Studierendenverbänden bestehende Bündnis anknüpfen. Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufes gehören Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), ver.di-Chef Frank Bsirske oder der Schlagzeuger der »Ärzte«, Bela B.
Online-Spiel

Wann genau die Rechten marschieren wollen, ist indes noch nicht klar. »Zwar verdichten sich die Anzeichen, dass der Naziaufmarsch am 13. Februar stattfindet, aber sie haben für 2011 mehrere Aktionen angekündigt«, sagte Bündnissprecher Thomas Bergmann gegenüber ND. Klar sei aber, dass blockiert wird – egal an welchem Tag. »Wir haben am 13. und am 19. Februar Zeit, und wir können flexibel reagieren«, so Bergmann.

In diesem Jahr kamen rund 6000 Nazis zu der geschichtsrevisionistischen Veranstaltung zusammen. Der Streit um das Gedenken an die alliierten Bombenangriffe ist jedoch auch in der Mitte der Gesellschaft seit Jahren Thema in Dresden. Die Stadt hatte lange an ihrem Gedenken festgehalten und sich Aktionen gegen Rechts verweigert. Das hatte sich in den letzten Jahren geändert.


xtranews.de, 13.12.2010

SPD unterstützt Protest gegen Nazis in Dresden

Der SPD-Parteivorstand hat beschlossen, die friedlichen Proteste bei der großen Anti-Nazi-Demo in Dresden zu unterstützen. Dazu erklärt der Juso-Bundesvorsitzende Sascha Vogt:
„Wir Jusos begrüßen, den Beschluss des SPD-Parteivorstands sich mit der breiten Protestbewegung solidarisch zu erklären und die Mitglieder zur Teilnahme an den Protesten aufzurufen. Die Sozialdemokratie hat schon immer entschlossen auf der Seite derjenigen gestanden, die sich dem braunen Mob konsequent entgegenstellen.

Wir Jusos lassen es nicht zu, dass Geschichtsrevisionismus und rechtes Gedankengut auf Dresdens Straßen zur Schau getragen wird. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass nur mit Blockaden verhindert werden kann, dass Nazis durch Dresden marschieren. Wir unterstützen als Erstunterzeichner den Aufruf zur Blockade. Aus dem gesamten Bundesgebiet mobilisieren wir Unterstützung für die sächsischen Genossinnen und Genossen.

Wir fordern alle Dresdnerinnen und Dresdner auf, an der Demonstration unter dem Motto „Dresden nazifrei“ teilzunehmen.“

2 comments