Zwei Fliegen mit einer Klappe… Castor und Nazis stoppen!

Jetzt aber schnell noch den Castor stoppen! Die Dresdner Neuesten Nachrichten (DNN) plaudern mal wieder aus dem Nähkästchen: Wenn der Castor nach Lubmin zum Stehen kommt, kommen möglicherweise auch die Nazis zum Stehen: Per verordneter stationärer Kundgebung. Polizeilicher Notstand noch bevor es alles losgeht? Die DNN enthüllen die dramatische Polizeiknappheit:


Dresdner Neueste Nachrichten, 16. Februar 2011

Titelseite oben links:

Castortransport könnte Nazis stoppen

Dresden. Castorgegner können möglicherweise Aufmärsche von Neonazis am Sonnabend in Dresden verhindern. Sollte es an der Strecke des Zuges mit 56 Tonnen radioaktivem Abfall zu massiven Behinderungen und Verzögerungen kommen, müssten zahlreiche Polizisten weiter an den Gleisen in Richtung Lubmin ausharren, obwohl sie bereits für den Einsatz in der sächsischen Landeshauptstadt vorgesehen sind, um die zahlreichen geplanten Demonstrationen abzusichern. für den Fall, dass es am 19. Februar tatsächlich an Polizisten fehlt, wäre die Stadt verpflichtet, einzelne Veranstaltungen abzusagen – eventuell die der Nazis.


Dresdner Neueste Nachrichten, 16. Februar 2011

20 000 Demonstranten gegen Rechts
Die Anspannung vor dem 19. Februar wächst / Wegen Castor-Transport könnten Polizisten fehlen

„Deutschland und die Welt blicken am 19. Februar auf Dresden. Es geht darum, wie unsere Stadt gegen den größten Nazi-Aufmarsch Europas vorgeht“, sagte gestern Christian Demuth, der Vorsitzende der Initiative „Bürger.Courage“. Er rief zu einer Besetzung des Dresdner Zentrums auf. Lesen Sie hier die neuesten Informationen für kommenden Sonnabend, einen Tag, an dem teilweise der Ausnahmezustand droht und warum die Polizei gebannt auf den Verlauf des Castor-Transportes blickt.

Von Christoph  Stephan

Steht inzwischen fest, wo Rechte und Linke demonstrieren dürfen?

Nein. Wie Doris Oser aus dem Presseamt der Stadtverwaltung gestern auf DNN-Anfrage mitteilte, sortieren die Mitarbeiter im Rathaus noch die rund 70 Veranstaltungsanmeldungen und stimmen sich mit der Polizei ab. Erst anschließend wurden die konkreten Bescheide verschickt. Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) kündigte entsprechende Informationen für Mittwoch oder Donnerstag an. Die Experten um den sächsischen Innenminister Markus Ulbig (CDU) erwarten am kommenden Sonnabend bis zu 4000 Neonazis und 20000 Gegendemonstranten in Dresden, darunter auch zahlreiche Gewaltbereite aus dem linksextremen Spektrum.

Wie bereiten sich die Händler der Innenstadt auf den 19. Februar vor?

Die Läden werden ganz normal geöffnet haben. Verkäufer müssen irgendwie zusehen, trotz Behinderungen pünktlich auf Arbeit zu kommen. Allerdings befürchten Karstadt-Chef Wolfgang Wirz und der Leider der Centrum-Galerie, Jan Harm, dass sie und ihre Mitarbeiter am Sonnabend weitgehend unter sich bleiben. „Selbst wenn die braunen Demonstranten wie im vergangenen Jahr nur auf der Neustädter Seite ihr Unwesen treiben, sorgt die Presseberichterstattung dafür, dass die Stadt frei von Käufern ist. Straßensperrungen und entsprechende Hinweise der Rundfunksender (Innenstadt unbedingt meiden!) reichen schon“, meint Wirz. Er klagte 2010 auch über eine Überreaktion der Polizei. Laut Harm ist die Gemengelage besonders schlecht für das Geschäft, weil es sich um den umsatzstärksten Tag der Woche handelt.

Werden ausreichend Polizisten vor Ort sein, um alles abzusichern?

Polizeipräsident Dieter Hanitsch setzt zumindest alle Hebel in Bewegung, damit es am entscheidenden Sonnabend nicht an Beamten fehlt. Die Rede ist von bis zu 6000 Polizisten. Mit gemischten Gefühlen verfolgt Hanitsch allerdings die Nachrichten über den Castor-Transport, der in diesen Tagen nach Lubmin rollt. „Wenn es auf der Strecke zu Verzögerungen kommt, fehlen uns hier auf einen Schlag zahlreiche Beamte. Sowohl welche, die wir zum Castor losgeschickt haben als auch die, die zum Absichern der Demonstrationen am 19. Februar extra aus anderen Bundesländern nach Dresden kommen würden.“ Für den Fall, dass es tatsächlich an Polizisten mangelt, muss die Stadt einzelne Veranstaltungen verbieten. In Betracht käme zum Beispiel, Aufmärsche der Neonazis zu unterbinden und stattdessen nur stationäre Kundgebungen zuzulassen.

Wie reagiert das Bündnis „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“?

Dessen Mitglieder rufen seit Wochen zu großflächigen Blockaden auf. Sie erwarten, dass die Rechten von einem der großen Bahnhöfe aus losmarschieren werden. Entsprechend kursieren auf der Internetseite des Bündnisses verschiedene Szenarien, um die Naziveranstaltungen zu blockieren. Sollte die Stadt als Startpunkt den Hauptbahnhof genehmigen, wären zum Beispiel die Wiener Straße, der Friedrich-List-Platz und die Ecke Bayrische Straße/Bergstraße potenziell wichtige Standorte für die Gegendemonstranten. Anders wäre die Situation am Bahnhof Neustadt, am Bahnhof Mitte oder am Haltepunkt Freiberger Straße.


Sachsen-Anhalt

800 Polizisten sichern Castoren-Zug

Magdeburg. Auf dem Weg an die Ostseeküste rollt heute ein Transport mit radioaktivem Abfall durch Sachsen-Anhalt. Es wird erwartet, dass der Zug mit dem Atommüll am Nachmittag über Bad Kösen, Halle, Magdeburg und Stendal nach Mecklenburg-Vorpommern fährt. Es gebe aber auch Ausweichrouten. „Wir kennen den exakten Verlauf erst, wenn der Tranport Hessen verlassen hat“, sagte gestern Martin Krems, Sprecher des Innenministeriums in Magdeburg.

Der Transport mit bis zu 140 hochradioaktiven Glaskokillen kommt aus der Wiederaufarbeitungsalnage Karlsruhe und hat sein Ziel im Zwischenlager Nord bei Lubmin. Sollte es keine größeren Störaktionen geben, werde die Fahrt durch Sachsen-Anhallt  vermutlich sieben Stunden dauern. Etwa 800 Polizisten aus Sachsen-Anhalt sollen die Bahnstrecke absichern, hinzu kommen Beamte der Bundespolizei. Da Sachsen-Anhalts Bereitschaftspolizisten erst am vorigen Wochende bei Neonazi-Aufmärschen in Dresden im Einsatz waren und nächstes Wochenende voraussichtlich wieder dorthin entsandt werden, sei der Zeitpunkt für den bereits zweiten Castor-Transport durch Sachsen-Anhalt von der Bundesregierung recht unglücklich gewählt worden, meint Krems.

Für heute haben Atomkraftgegner mehrere Kundgebungen geplant. Bereits am Wochenende hatte die Anti-Atom-Initiative Halle während einer Demonstration gewarnt. „Ein einzelner Castor-Behälter kann das gesamte radioaktive Inventar der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl enthalten. Bei einem Unfall können riesige Mengen an Radioaktivität austreten“, sagte ein Sprecher der Initiative. Am Magdeburger Hauptbahnhof zerstörten Unbekannte allerdings Signalanlagen. Dies führte zu erheblichen Störungen im Bahnverkehr.


DNN-Online, 16.02.2011, 14:23 Uhr

19. Februar
Castoren rollen bislang ungehindert durch Deutschland

Karlsruhe. Die fünf Castoren aus der Wiederaufarbeitungsanlage (WAK) in Karlsruhe rollten am Mittwoch weitgehend ungehindert in Richtung Osten. Nur am Ausgangspunkt hatten in der Nacht mehrere hundert Atomkraftgegner die Gleise blockiert. Sie wurden von der Polizei weggetragen, so dass der Transport planmäßig auf den Weg gebracht werden konnte. Auch in Dresden beobachtet man den Transport aufmerksam, werden doch viele Polizisten, die jetzt den Castor absichern am Samstag in der sächsischen Landeshauptstadt benötigt, um den aufmarsch von geschätzt bis zu 4000 Nazis und bis zu 20.000 Gegendemonstranten abzusichern.

Am Vormittag passierte der Castor die Landesgrenze zu Bayern und fuhr nach Angaben der Polizei knapp zwei Stunden später nach Hessen. Ziel ist das Zwischenlager in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurde er in der Nacht zu Donnerstag erwartet – auch von Atomkraftgegnern.

Die ersten Kilometer galten als besonders kritische Strecke des Transports, da sie durch mehrere Wohngebiete führten. Mehr als 1000 Polizisten sicherten den Zug ab. In Karlsruhe-Neureut hatten sich rund 500 Demonstranten zu einer „Nacht-Tanz-Blockade“ versammelt. Kurz vor 23.00 Uhr liefen sie zu den Schienen und konnten sich auf einer Strecke von rund 200 Metern auf die Gleise setzen.

Die Polizei griff zunächst nicht ein, räumte jedoch nach etwa zwei Stunden das Gelände. 310 Demonstranten wurden in Gewahrsam genommen, sind inzwischen jedoch wieder auf freiem Fuß. Sie werden wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsrecht angzeigt. Gegen acht Protestierer wird außerdem wegen Widerstands gegen die Polizei sowie Beleidigung und Nötigung ermittelt.

Bei dem Einsatz kam es immer wieder zu kleinen Rangeleien. Die Atomkraftgegner warfen der Polizei vor, während der Räumung Pfefferspray eingesetzt zu haben. Mehrere Demonstranten seien verletzt worden. Auch ein Polizist erlitt eine Gehirnerschütterung durch einen Schlag eines Demonstranten. Bereits am Dienstag hatten sich Greenpeace-Aktivisten rund neun Stunden lang an die Gleise direkt vor der Wiederaufbereitungsanlage in Karlsruhe gekettet.

In den fünf Castoren sind 56 Tonnen radioaktiver Abfall aus der vor zwei Jahrzehnten stillgelegten WAK. Der früher als „Atomsuppe“ bezeichnete stark strahlende Müll wurde verglast, um ihn transportfähig zu machen.

Die Castor-Gegner störten sich daran, dass der Atommüll aus Baden-Württemberg nicht auch hier gelagert wird. Nach ihrer Ansicht muss der strahlende Abfall in dem Bundesland bleiben, in dem er anfällt. Ihr Hauptanliegen ist jedoch, dass keine Energie mehr aus Atomkraft produziert wird.

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