Jüdische Schicksale und der 13. Februar 1945 in Dresden, Teil 2: Victor Klemperers Tagebuch

Unglück und Hoffnung, Rettung und Tod – die Extreme liegen dicht beieinander, für die verbliebenen Dresdner Juden am 13. Februar 1945 in Dresden: Am Vormittag wird der Deportationsbescheid überbracht und am Abend fallen die Bomben.

Grab von Eva und Victor Klemperer auf dem Friedhof in Dresden-Dölzschen

Teil 2: Victor Klemperer beschreibt am Nachmittag des 13. Februar 1945 das Austragen der Deportationsbescheide an einige der verbliebenen Dresdner Juden in seinem Tagebuch. Er selbst sollte nicht am 16.2. deportiert werden, auch wenn dies oft so kolportiert wird. Über eine Woche später folgt nach zwischenzeitlichen weiteren Tagebucheinträgen, die Beschreibung der Bombennacht, die für einen Teil der verbliebenen Juden die Rettung vor der Deportation darstellte. Klemperer verliert beim zweiten nächtlichen Angriff in den brennenden Straßen seine Frau Eva – sie finden sich erst am Morgen wieder. Er trifft beim Herumirren einen Holländer der angibt, aus dem „PPD“ geflohen zu sein – das Polizeipräsidium Dresden befand sich schon damals in der Schießgasse. Der geflohene Häftling sagt zu ihm, dass die anderen Gefangenen verbrennen. So ging es auch den über 400 politischen Gefangenen in der Mathildenstraße.

Unter dem Titel „Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933-1945“ erschien dieser Teil Klemperers Tagebücher erst 1995 in Buchform und wurden als einzigartiges Zeugnis vom alltäglichen Terror der Nazizeit weithin bekannt. Geschrieben hatte er sie nicht nur unter Gefahr für das eigene Leben, sondern auch des Lebens seiner Frau Eva, sowie weiterer Personen, die an der Verwahrung der Manuskripte beteiligt waren, sowie der in diesen Texten zitierten Personen. Seine zweite Frau Hadwig entzifferte über Jahre hinweg die Aufzeichnungen und machte somit die Veröffentlichung erst möglich. Hadwig Klemperer starb am 22. September 2010 in Dresden, am 11. Februar 2010 hatte sie noch an der Feier zu Klemperers 50. Todestag in Dresden teilgenommen.

Victor Klemperer, Sohn eines Rabbiners, trat 1912 zur evangelischen Kirche über. Seine erste Ehe mit Eva Schlemmer und sein Status als Professor für Romanistik an der TU Dresden schützte ihn lange Zeit vor den schlimmsten Auswirkungen der Judenverfolgung. Neben seinen Tagebüchern wurde vor allem sein Buch „LTI“ über die Sprache des dritten Reiches berühmt.

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Jüdische Schicksale und der 13. Februar 1945 in Dresden, Teil 1

Unglück und Hoffnung, Rettung und Tod – die Extreme liegen dicht beieinander, für die verbliebenen Dresdner Juden am 13. Februar 1945 in Dresden: Am Vormittag wird der Deportationsbescheid überbracht und am Abend fallen die Bomben. Ein Volltreffer geht auf eines der beiden letzten so genannten Judenhäuser – die Zeughausstraße 1 an der Frauenkirche. Die Luftschutzkeller sind für Juden verboten. Viele konnten sich verstecken und überlebten den Krieg und die Nazis, die noch immer nach ihnen suchten.

Teil 1: Einen Einstieg in das Thema gibt ein Ausschnitt aus dem Buch „Das rote Leuchten“: Es wird aufgeschlüsselt, was mit den 6000 Dresdner Jüdinnen und Juden passierte, die 1933 in Dresden erfasst wurden. Der letzte sächsische Deportationszug am 16. Februar ins KZ Theresienstadt geht ohne die Dresdner Juden. Die meisten Deportierten dieses Transports überlebten.

Henny Brenner im Dresdner Zwinger

Henny Brenner 1941 im Innenhof des Dresdner Zwinger

Im weiteren geht es um zwei Frauen, die sich in der Bombennacht durch die brennende Stadt retteten, den gelben Stern entfernten, untertauchten und überlebten: Henny Brenner und Brigitte Rothert, die Großkusine von Kurt Tucholsky. Beide haben jeweils ein Buch über ihre Erinnerungen verfasst. Henny Brenner („Das Lied ist aus“) zitiert ihren Vater mit dem dadurch bekannt gewordenen Spruch „Lieber eine Bombe auf den Kopf als Auschwitz“. Brigitte Rothert („Tucholskys Großkusine erinnert sich“) tritt das literarische und antimilitaristische Erbe ihres berühmten Großonkels an. Heute kommt Henny Brenner hin und wieder gern zurück in die Stadt ihrer Kindheit und Jugend. Der Gottesdienst mit Übergabe eines Nagelkreuzes aus Coventry am 13. Februar 2005 in der gerade wieder aufgebauten Frauenkirche empfand sie als positives Erlebnis, wie sie einige Tage später bei einer Lesung zu ihrem Buch erklärte. Ein Zeitungsartikel über Henny Brenner und ein Interview mit Brigitte Rothert geben Einblicke in ihr Erleben des 13. Februar 1945 in Dresden.

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