Orosz plant Neuauflage der Menschenkette

Wie der Presse zu entnehmen ist, plant Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) wieder eine Menschenkette um die Dresdner Innenstadt am 13. Februar. Damit soll würdig an die Bombentoten gedacht werden und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt werden. Wie ernsthaft dieses Zeichen ist, kann man schon daran erkennen, dass der Bereich der Innenstadt von der Menschenkette vor den Nazis geschützt wird, der laut dem neuen Versammlungsgesetz sowieso schon für Extremisten am 13. Februar unzugänglich sein soll.

Bereits im letzten Jahr versuchte Orosz den Protest gegen die Nazis in ihre Aktion zu kanalisieren. Das gelang zum Glück nicht vollständig, so dass ca. 10.000 Menschen den Naziaufmarsch mit direkten Blockaden verhinderten, während man auf der anderen Elbseite die Menschenkette inszenierte. Dass es dabei vor allem um Dummenfang geht, zeigt auch die dreiste Behauptung von Orosz bereits am Abend des 13. Februar, dass die Menschenkette den Naziaufmarsch verhindert hätte. Auch dieses mal heißt es wieder „Die Menschenkette 2010 war ein großer Erfolg“ und „Es gibt keinen Grund, jetzt nach einer neuen Form zu suchen. Man sollte das bewährte Modell wieder wählen.“ Von Seiten der Stadt wird also auch in dieser Saison wieder mit großem Tamtam gezielt ins Leere agiert werden.

Die Nazis haben mittlerweile vor wenigen Tagen, neben der Mobilisierung zu einer Aktionswoche um den 13. Februar, die vermutlich auch wieder eine Demonstration von vor allem regionalen Nazis am 13. Februar beinhalten wird, eine Großmobilisierung für den 19. Februar angekündigt. Dabei will man mehrere von einander unabhängige Veranstaltungen durchführen. Das klingt nach dem in Nazikreisen breit diskutierten Sternmarschkonzept. Man darf gespannt sein, ob sich die Menschenkette auch am 19. Februar zusammenfinden wird. Wenn es dann nämlich nur noch darum geht, sich den Nazis in Weg zu stellen und man von keinem Sondergesetz vor eigenem Aktionismus beschützt wird.

Donnerstag, 26. August 2010
(Sächsische Zeitung)

Orosz plant eine zweite Menschenkette
Von Thilo Alexe

Zehntausend sollen kommen, um ein Zeichen gegen Neonazis zu setzen: Ein halbes Jahr vor dem 13.Februar 2011 kündigt Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) die Neuauflage der Menschenkette durch die Innenstadt an. So soll einerseits der Toten bei den Luftangriffen 1945 würdevoll gedacht werden. Andererseits will die Stadt dem Trauermarsch von Rechtsextremisten etwas entgegensetzen. Überschattet werden die Vorbereitungen auf den Jahrestag der Bombardierung allerdings durch einen Parteienstreit um das Versammlungsgesetz.

Ausgangslage: Menschenkette war ein Erfolg

Am diesjährigen Jahrestag hatte Oberbürgermeisterin Orosz die Einwohner dazu aufgerufen, eine Menschenkette von der Synagoge durch die Stadt zu bilden. Mehr als 10000 kamen und zeigten so Neonazis, dass sie in Dresden unerwünscht sind. Den geplanten Marsch der Rechtsextremisten durch Dresden stoppte aber eine Blockade, zu der vorwiegend linke Gruppierungen aufgerufen hatten.

Auswertung: Breites Bündnis engagiert sich wieder

Aufgerufen zu der Kette hatte ein breites Bündnis, dem Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, Wissenschaftlern und Vereinen angehörten. „Die Menschenkette 2010 war ein großer Erfolg“, sagt Orosz. „Es gibt keinen Grund, jetzt nach einer neuen Form zu suchen. Man sollte das bewährte Modell wieder wählen.“ Orosz hatte die Beteiligten an einen Tisch gebeten, um das Gedenken an die Kriegstoten und den Protest gegen Neonazis auszuwerten. Einer der Akteure, Dresdens Gewerkschaftschef Ralf Hron, sagt dazu: „Alle sind sich einig, dass sie gemeinsam wieder etwas tun wollen.“ Es gebe das klare Ziel, den Provokationen der Rechtsextremisten etwas entgegenzusetzen. Anfang September wollen sich Vertreter der Gewerkschaften, Initiativen und Parteien wieder bei Orosz treffen. Ihr Vorschlag für die Neuauflage der Menschenkette erntet Sympathie. „Ich kann mir das sehr gut vorstellen“, sagt Hron. Intern allerdings schauen die Initiatoren auch auf die Strategien der Rechtsextremisten. In einschlägigen Internetforen war der durch Blockade gescheiterte Marsch als Pleite bezeichnet worden. Mögliche Alternative: Die Neonazis bewegen sich in Sternmärschen von mehreren Punkten Dresdens aus ins Zentrum. Ihr Kalkül: Je breiter sie durch die Stadt verstreut sind, desto schwerer wird es, ihnen etwas entgegenzusetzen. Die Polizei arbeitet bereits an einer Strategie. „Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz“, heißt es mit Blick auf die Jahrestage der Zerstörung Dresdens.

Streit: CDU erzürnt SPD, Linke und Grüne

Vor dem Treffen bei der Oberbürgermeisterin ist ein Parteienstreit entbrannt. Vordergründig geht es um das sächsische Versammlungsgesetz. Es versetzt Dresden in die Lage, historisch bedeutsame Orte wie etwa die Frauenkirche vor extremistischen Demonstrationen zu schützen. Einen Sternmarsch kann es aber wohl kaum unterbinden. Die Landtagsfraktionen von SPD, Linken und Grünen sehen die Versammlungsfreiheit verletzt und klagen. Dresdens CDU-Chef Lars Rohwer verteidigt das Gesetz mit einer umstrittenen Formel: „Das neue sächsische Versammlungsgesetz schützt die Bevölkerung vor Extremisten und linken Chaoten.“

Kritiker warnen vor einer Gleichsetzung der beiden Lager. Rohwer wirft dem „Linksblock“ zudem vor, „die in Dresden gelebte Erinnerungskultur“ nicht zu akzeptieren. Er ist Befürworter eines stillen Gedenkens. Grünen-Chef Michael Schmelich hält dagegen: „Herr Rohwer scheint noch nicht begriffen zu haben, dass eine ausschließlich auf passive Erinnerungskultur ausgerichtete Fokussierung dieses Tages den aggressiven Intentionen der Rechten in die Hände spielt.“ Der CDU-Chef torpediere „den mühsam gezimmerten Konsens demokratischer Aktionen gegen das massive Auftreten neonazistischer Gruppen“. Letztlich schade Rohwer damit seiner Parteifreundin Orosz. Kritik kam auch von SPD-Chefin Sabine Friedel sowie Linksfraktionschef André Schollbach: „Der 13. Februar in Dresden ist mehr als nur stilles Gedenken.“

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