großes Actionkino: Verwaltungsgericht will Auseinandersetzung auf die Autobahn verschieben

Die lang erwartete Begründung zum Beschluss des Verwaltungsgerichtes Dresden ist erschienen. Im Urteil war den Nazis Recht gegeben worden, dass ihre Versammlung hätte von der Polizei durchgesetzt werden müssen. In der Begründung nun arbeitet das Gericht der Polizei nach und sagt, was hätte anders laufen müssen. Da freut sich die Polizei bestimmt noch mehr, als über das Urteil ohnehin schon.

Einen gewichtigen Fehler findet das Verwaltungsgericht am Polizeiverhalten an den Autobahnausfahrten, über deren Bedeutung sich lang und breit ausgelassen wird. Hier hätte die Polizei „lenken und leiten“ sollen. Stellen wir uns das doch einmal bildlich vor:

Alarm für Cobra 11: Chaos an der Autobahnabfahrt

[Achtung, Fiktion] Ein Konvoi mit fünf linken Bussen wird an der Autobahnabfahrt xy herausgewunken und diesem mitgeteilt, dass er hier falsch ist und statt dessen weiterfahren soll zur Autobahnabfahrt yz. Um dem Nachdruck zu verleihen steht eine Hundertschaft der Polizei daneben. Die Linken aus dem Konvoi steigen aus Protest aus den Bussen aus und wollen spontan zu Fuß weiter demonstrieren. Sie werden eingekesselt. Währenddessen treffen weitere Busse ein. Glücklicherweise wusste die Polizei schon davon und weiß auch, dass es sich um weitere linke Busse handelt (so stehts im Urteil des Gericht: „verfügte über genaue Informationen über einen Großteil der anreisenden Busse (einschließlich Kennzeichen, Abfahrtzeit und -ort) mit 4.235 dem linken Lager zuzurechnenden Insassen aus ganz Deutschland“). Daher steht schon eine weitere Hundertschaft bereit, um diese Busse vorsichtshalber zu umstellen, falls wieder alle aussteigen. Doch was ist das: Es erscheinen weitere drei Busse, der Busfahrer spricht nicht deutsch. Bevor das geklärt werden kann, wird eine Hundertschaft der Polizei abgezogen, weil an einer anderen Autobahnabfahrt 500 Linke ausgestiegen sind und sich anschicken, trotz Einkesselung Richtung Stadt zu demonstrieren. Plötzlich stürmen aus den drei Bussen bewaffnete tschechische Nazis auf die Linken zu. Im ersten Schreck stieben einige auseinander. In Todesangst rennt jemand versehentlich auf die Autobahn, ein Auto muss ausweichen und bleibt an der Leitplanke hängen. Ein Nazis wird von einem weiteren Auto voll erwischt. Die Linken an der Ausfahrt formieren sich zur Verteidigung, um die Nazis zurückzudrängen. Ein Polizist gerät zwischen die Fronten, fällt hin, zieht seine Knarre und gibt Warnschüsse ab. Es kommt zu Auffahrunfällen, Stau entsteht. Autofahrer steigen aus, und gehen auf alle los, die sie für verantwortlich am Chaos halten. Auf der Gegenseite ereignet sich ein weiterer schlimmer Auffahrunfall, auch dort treffen Busse mit Linken und Nazis ein, die im Stau stecken bleiben und daher auszusteigen. Die Polizei beginnt den Bereich großräumig abzuriegeln. Der Rückzug der Linken Richtung Stadt wird versperrt… Die Bilanz: Zwei Verkehrstote, fünfzehn Stunden Vollsperrung, und über eine Million Euro Blechschaden. Die Verwaltungsrichter klatschen ab: Hi5, Bingo und alle Neune – wir halten die Innenstadt sauber. [Fiktion Ende]

Ein solches Szenario wollen wir natürlich nicht. Informiert euch daher schon bei der Anreise bei unserer Infostruktur!


Dresdner Neueste Nachrichten Online, 9. Februar 2011

13. Februar
„Wir werden da sein, wo die Nazis sind“ – Dresden-Nazifrei will trotz Verboten präsent sein

Dresden. Trotz der geplanten Lagertrennung der Dresdner Polizei zwischen Rechten Demonstranten und ihren Gegnern hält das Bündnis Dresden-Nazifrei weiter an seinen Plänen in der Dresdner Altstadt fest. „Wir werden dort sein, wo die Nazis sind“, kündigte Sprecherin Judith Förster am Mittwoch an. Nach den Plänen der Polizei sollen auf Altstädter Seite nur der „Trauermarsch“ der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) und zuvor die Menschenkette stattfinden. Alle Aktionen und Demos gegen den Nazi-Aufmarsch am Hauptbahnhof wurden verboten oder auf die Neustädter Elbseite verlegt.

„Es kommt einem Verbot gleich“, so Dresden-Nazifrei-Sprecherin Förster. Auch der Mahnrundgang des Aktionsbündnisses, der von 11 Uhr an vom Comeniusplatz über verschiedene Schauplätze der NS-Diktatur in Dresden führen sollte, wurde in die Neustadt verlegt. Für das Bündnis ein Zeichen, dass das Ordnungsamt sich mit dem Spaziergang inhaltlich nicht auseinandergesetzt habe. Die Orte, beispielsweise der Wohnort des damaligen Gauleiters Mutschmann oder das Dresdner Gestapo-Gebäude, hätten sich in der Altstadt befunden.

„Es ist ein Skandal, dass das Ordnungsamt die Versammlungsfreiheit nicht anerkennt“, ärgert sich Judith Förster. Wie bereits angekündigt will Dresden-Nazifrei gegen den Auflagenbescheid der Behörde klagen. Ein Ergebnis gebe es aber noch nicht. Das Bündnis halte in jedem Fall an dem Mahngang fest und ruft auf seiner Homepage zur Teilnahme auf.

Auch die geplante Kundgebung um 14 Uhr am Friedrich-List-Platz, vor der Hochschule für Technik und Wirtschaft und in Sichtweite des Hauptbahnhofes, soll stattfinden. „Viele bunte und dezentrale Aktionen“ in Sicht- und Hörreichweite der JLO-Demo kündigte Förster an. Möglichst viele Teilnehmer sollen dafür sorgen, dass die Polizei keine Möglichkeit habe, die Versammlung aufzulösen.

Im Vorjahr war es den Gegendemonstranten gelungen, die geplante Nazi-Demo zu stoppen. Das Verwaltungsgericht Dresden hatte aber erst am Mittwoch in seiner schriftlichen Urteilsbegründung verkündet, dass die Polizei die Demo hätte durchsetzen müssen. Das Gericht kritisierte vor allem, dass die Beamten es „sehenden Auges“ zugelassen hätten, dass die Gegendemonstranten die Strecke blockieren. Die Richter fordern daher, dass die Polizei künftig möglichst schon auf der Autobahn beide Seiten strikt voneinander trennt. So wurden in diesem Jahr nahezu alle Gegenveranstaltungen gegen den Rechten-Aufmarsch in die Neustadt verlegt, unter anderem eine geplante Mahnwache der Grünen vor dem Rathaus.

3 comments

  1. meint ihr wirklich, dass solche fiktionialen horrorszenarien zur mobilisierung beitragen?

    davon abgesehen: wenn die polizei will, wird sie nicht erst nach den abfahrten warten, sondern bereits auf der autobahn und dort den verkehr einengen und, verlangsamen und entsprechend sortieren. ist ja nicht so, dass es sowas bisher noch nie gegeben hätte.

  2. Eine Auseinandersetzung direkt auf der Autobahn statt an der Abfahrt macht die Sache nicht besser und selbstverständlich weiß die Polizei darüber sehr viel besser Bescheid als die Dresdner Verwaltungsrichter. Das eine solche Glosse nicht alle lustig finden, ist immer die Gefahr, gerade bei solchen Themen. Aber wer nach Dresden anreist, weiß in der Regel mit wem und wer es organisiert hat und kann sich auf eine verantwortungsvolle Busbetreuung verlassen.