Dresdner Denkmal-Wahn

Am Sonntag wurde nun auf dem Heidefriedhof das Trauernde Mädchen als ein weiteres Denkmal für den 13. Februar enthüllt. Bereits im Vorfeld hatte Peter Ufer von und in der Sächsischen Zeitung deutlich gemacht, dass ihm das immer noch nicht reicht. Nach dem die von ihm nach Kräften unterstützte Variante für ein neues Denkmal im vergangenen Jahr letztlich im Sande verlief, hat er nun einen neuen Ansatzpunkt gefunden.

Auf dem Altmarkt soll ein neues Denkmal her. Dort wurden 1945 einige Tausend Bombentote von einem SS-Kommando verbrannt. Dieses konnte vorher diesbezügliche Erfahrungen im Zuge der Vernichtung der Juden sammeln. Heute erinnert auf dem Altmarkt ein Bodenmonument mit im Boden eingelassener Gedenkplakette, sowie eine weitere 2009 von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) angebrachte Gedenktafel mit der Inschrift: „Dies ist ein Ort der Mahnung, des Erinnerns und Gedenkens. Hier wurden die Leichname tausender Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 verbrannt. Damals kehrte der Schrecken des Krieges, von Deutschland aus in alle Welt getragen, auch in unsere Stadt zurück.“ an das Ereignis.

CDU-Kulturstadtrat Sebastian Kieslich, einer der Wortführer der aktuellen Denkmalforderung, posiert für die Presse mit einer weißen Rose vor der Gedenktafel auf dem Altmarkt.

Immer wieder gab es schon in den vergangenen Jahren Diskussionen über ein großes Monument auf dem Altmarkt. Aus guten Gründen wurde dies bisher letztendlich immer, unter anderem vom Leiter der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, abgelehnt. Nach dem Vorstoß von Peter Ufer letzte Woche in der Sächsischen Zeitung zieht nun die Dresdner CDU nach und fordert, dass der Altmarkt zum zentralen Gedenkort vermutlich anstelle des Heidefriedhofs werden soll. Dazu soll ein Denkmal mit den von den 19.000 von der Historikerkommission recherierten Namen gebaut werden. Aus der FDP waren auch schon ähnliche Vorschläge zu hören, und auch ein Nazigrüppchen aus dem Umfeld der Freien Kameradschaften um Altkader Ronny Thomas (u.a. Sven Hagendorf, Sebastian Reiche, Simon Richter aus Radeberg, Philipp Göhler, Hans Böhm) ließ es sich nicht nehmen, bei der Enthüllung des Trauernden Mädchens auf dem Heidefriedhof die Anwesenden als Heuchler vollzupöbeln, weil ihnen ein Denkmal auf dem Altmarkt lieber wäre. Aus irgendeinem Grund ist ihnen offenbar entgangen, dass so ziemlich alle Anwesende ihrer Meinung gewesen sein dürften. Zum einen hat auch Bürgermeisterin Helma Orosz ihre Unterstützung für das Projekt bekundet, zum anderen wird genau dasselbe Argument für den Bau eines solchen Denkmals ins Feld geführt, nämlich, dass nach dem Aussterben der Erlebnisgeneration, die Bombardierung angeblich vergessen werden würde, wenn es dieses Denkmal nicht geben sollte. Wie sie darauf kommen, und warum das jetzt so schlecht sein soll, wird nicht erklärt. Schon jetzt ist es Tatsache, dass das Gedenken kaum noch von der Erlebnisgeneration getragen wird.

Immerhin werden in der Sächsischen Zeitung von einem anderen Redakteur auch ein paar Bedenken aufgezählt. Dabei geht es um die Frage der Kontextualisierung, die ein solches pompöses Denkmal sicher nicht leisten kann. Außerdem befinden sich unter den aufgezählten 19.000 Namen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch überzeugte Nationalsozialisten, wo sich schon die Frage stellt, warum man diesen explizit gedenken sollte. Da schließt sich gleich die Frage an, ob tatsächlich alle Toten bzw. deren Angehörige  überhaupt damit einverstanden wären, in so einer nivellierenden Aufzählung, in der Juden, Widerstandskämpfer und Nazi kommentarlos nebeneinander gestellt werden, mit aufgeführtt zu werden und Wallfahrtsort für das Gedenken an deutsche Opfer jeglicher Coleur zu werden.

Richtig ist die Anmerkung, dass es in Dresden kein vergleichbares Denkmal für die ermordeten Dresdner Juden gibt. Allerdings wäre selbst die Existenz eines solchen Denkmals, noch lange keine Legitimation für ein ähnliches Denkmal zum 13. Februar.

Der Kulturbürgermeister Ralf Lunau ist bisher eher gegen ein solches Gedenken, hat aber vermutlich eine Mehrheit im Stadtrat gegen sich. Ob die in der Sächsischen Zeitung prognostizierten Debatten tatsächlich eintreffen, bleibt abzuwarten. Bisher war auch aus den anderen Stadtratsfraktionen kaum öffentlicher Widerspruch zum Thema 13. Februar zu hören. Ein aus der Zivilgesellschaft gegründeter Arbeitskreis „Mythos Dresden“, der sich im letzten Jahr noch in die Denkmaldebatte einschaltete, scheint sang- und klanglos wieder eingeschlafen zu sein.

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Dresden-Nazifrei: Aktionskonferenz am 8./9. Oktober in Dresden


Aktionskonferenz 8./9. Oktober 2010 in Dresden

Auch dieses Jahr gibt es wieder eine Aktionskonferenz, um gemeinsam gegen die geplanten Naziaufmärsche am 13. und 19. Februar 2011 vorgehen zu können. Letztes Jahr hat das Antifabündnis „No pasarán“ die Konferenz organisiert, nach der sich das breitere Bündnis „Nazifrei – Dresden stellt sich quer“ gründete. In diesem Jahr wird die Konferenz von No pasarán und Dresden-Nazifrei gemeinsam organisiert und von der „Interventionistischen Linken“ unterstützt.

Im letzten Jahr wurde sich auf der Konferenz über das Konzept Massenblockaden verständigt und man konnte sich auf einen Aktionskonsens einigen. Nun geht es wieder darum, verschiedenste Organisationen zusammenzubringen und die Arbeit für 2011 zu beginnen.

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Dresden kontert mit neuem Denkmal

Helma Orosz ist zurück von der Ausstellungseröffnung „Under Attack“, welche die Folgen von Bombardierungen im Alltag der Menschen von London, Coventry und Dresden dokumentieren soll. Während der Londoner Oberbürgermeister gute Ausreden vorweisen konnte, um mit nicht ihr über das geplante Denkmal zu Ehren der britischen Bomberpiloten diskutieren zu müssen, wies der Lord Mayor von Coventry jegliche Kritik aus Dresden am Denkmalplan zurück. In der britischen Presse wird das Thema mittlerweile heiß diskutiert, und viele Briten verbitten sich die Einmischung aus Deutschland.

In Dresden kann man so etwas natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und so verkündete man jetzt die Installierung einer schon länger geplanten und fertigen Trauerskulptur auf dem Dresdner Heidefriedhof für den 19. September. Auf dem Dresdner Heidefriedhof findet jedes Jahr am 13. Februar der offizielle Gedenkakt mit Kranzniederlegung an der Gedenkstätte für die Opfer der Bombardierung statt. Bei dem in Bronze gegossenen weinenden Mädchen handele es sich, laut Peter Ufer von der Sächsischen Zeitung, im Gegensatz zum Ehrenhain für die Bomberpiloten um ein neues Zeichen der Versöhnung. Wie die reine Trauer um sich selbst irgendeinen Beitrag zu einer Versöhnung liefern soll, bleibt sein Geheimnis.

Ihr Leben war Kampf gegen Faschismus

Kleiner Ehrenhain im Heidefriedhof

Interessant und bestürzend ist dabei der Sprachgebrauch in der Sächsischen Zeitung bezüglich des Heidefriedhofs. Dort heißt es „Das Mädchen soll in Blickbeziehung zum Ehrenhain stehen, wo der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht wird.“ Nun gibt es auf dem Dresdner Heidefriedhof tatsächlich zwei Ehrenhaine, beide wurden jedoch explizit den Opfern des Faschismus gewidmet. In der Sächsischen Zeitung schreckt man also im Zuge der antiextremistischen Gleichmacherei von Nazis und Linken nicht mal mehr vor antifaschistischen Widerstandskämpfern und italienischen Zwangsarbeitern zurück.

Wie ein Lichtblick wirkt dagegen ein Artikel im Kulturteil der Sächsischen Zeitung, in dem ein Buchautor unter anderem zum Thema 13. Februar anmahnt die Vergangenheit ruhen zulassen. Demnach hätte man in Dresden viel eher einen Schlußstrich unter die Vergangenheit ziehen sollen, wie es z.B. in Hamburg, das ebenfalls im Zweiten Weltkrieg schwere Luftangriffe erlebt hatte, gemacht wurde. Dann würde es viele der heutigen Probleme in dem Zusammenhang nicht geben. Womöglich hat der Autor damit recht, allerdings kommt das etwas naiv daher. Es war in Hamburg viel einfacher einen Schlußstrich zu ziehen, da es keine Mythen- und Legendenbildung wie um die Luftangriffe um Dresden gegeben hatte. Das fing bei Goebbels an, der in der Berichterstattung die Schäden in Hamburg damals noch eher nach unten korrigierte um Panik in der Bevölkerung zu vermeiden und endet bei der Tatsache, dass Hamburg im Westen lag, und die Bombardierungen nicht zum Bestandteil antiwestlicher Propaganda wurden, wie das mit dem in der DDR gelegenen Dresden zeitweise geschah, um vor allem gegen die Amerikaner Stimmung zu machen. Völlig richtig ist dagegen, dass man Auschwitz nicht mit Dresden aufrechnen kann. Bleibt zu hoffen, dass das auch in Dresden mal ernst genommen wird.

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Orosz „not amused“

Die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) weilt zur Zeit in London, um am 6.9.2010 die Ausstellung „Under Attack“ im britischen „Transport Museum“ zu eröffnen. Die Ausstellung soll die Folgen der Luftangriffe für den Alltag der Menschen in Coventry, London und Dresden dokumentieren. Warum hier ausgerechnet Dresden ausgewählt wurde, lässt sich nur mit dem nach wie vor in der Welt überhöhten Symbol für den Bombenkrieg im Zweiten Weltkrieg erklären. So wird anschaulich vorgeführt, wie sich die Goebbelsche Propaganda nach wie vor in der Welt reproduziert. Die Menschen in den Städten des Ruhrgebiets oder Berlin, die gefühlt jede zweite Nacht im Luftschutzkeller verbracht haben, wo tatsächlich großflächig immer mehr Infrastruktur zerstört wurde, hatten im Alltag sicher viel einschneidendere und längere Erfahrungen mit den Folgen des Luftkriegs gemacht.

Viel aufregender für die lokale und die englische Presse ist aber nach wie vor das geplante Londoner Denkmal an die gefallenen Bomberpiloten. Nachdem Sächsische Zeitung und DNN schon versucht hatten einen Skandal zu beschwören, appellierte die Dresdner Lokalausgabe des Frontblatts des Deutschen Mobs, die BILD, gestern an die OB „Frau Orosz, please say NO!„. Eine Überlebende des 13. Februars nennt das Denkmal in dem Artikel makaber und geschmacklos und redet von Verherrlichung der Bombenangriffe. Holger Zastrow von der Dresdner FDP und Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag faselt von verletzten Dresdner Gefühlen und bezeichnet das Vorhaben als geschmacklos.

Die Sprecherin der Oberbürgermeisterin erklärte dann ebenfalls gestern, „Dieses Denkmal ist aus Dresdner Sicht schwer zu verstehen.“ Was aber wohl eher an der bornierten Ignoranz der Dresdner liegen dürfte. Dazu wird behauptet, dass doch in den letzten 50 Jahren eine gemeinsame Erinnerungs- und Versöhnungkultur mit Großbritannien gelebt worden wäre. Die Zahl 50 beruht vermutlich auf dem 50. Jahrestag der Städtepartnerschaft Dresden-Coventry. Sonst bestand diese Versöhnungs- und Erinnerungskultur eher darin, die Mythen und Legenden zu pflegen, was erst in den letzten Jahren unter anderem durch die Historikerkommission etwas aufgebrochen wurde. Zwar wird am Ende auch erwähnt, dass man den gesellschaftlichen Diskurs in Großbritannien nicht bewerten wolle, widerspricht damit aber letztendlich dem kompletten eigenen statement.

Insgesamt zeigt dieser Vorgang, zum einen wie wenig man sich mit den Intentionen des geplanten Denkmals auseinander gesetzt hat und zum anderen was für eine selbstgerechte „Erinnerungskultur“ in Dresden und Sachsen unter anderem von konservativen Vertretern der Stadt und des Landes gepflegt wird, und wie diese dabei von nahezu allen Abteilungen der lokalen Presse sekundiert werden. Um nochmal klar zu stellen, was der Gegenstand der öffentlichen Ereiferung ist. Es geht um nichts weiter als das Gedenken in England an die Gefallenen eines alliierten Truppenverbandes, der im Zuge der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus von allen britischen Kampfverbänden den höchsten Blutzoll gezahlt hat.

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Denkmal für die Gefallenen des Bomber Commands in England geplant

Im Londoner Green Park ist jetzt ein Memorial für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Bomberpiloten der Royal Airforce (RAF) geplant. Die Verbände des Bomber Commands hatten im Zweiten Weltkrieg von allen britischen Einheiten den höchsten Blutzoll zu zahlen. Mehr als 55 000 von 125 000 Freiwilligen starben im Kampfeinsatz. Angesichts der Brutalität des Krieges, welche sich auch in der Zerstörung deutscher Innenstädte mit Tausenden von toten Zivilisten manifestiert, ist es nachvollziehbar, wenn in England vor allem aus pazifistischer und antimilitaristischer Sicht solche Vorhaben kritisch gesehen werden. Aus antifaschistischer Sicht kommt man natürlich nicht an der Erkenntnis vorbei, dass Nazideutschland damals militärisch besiegt werden musste. Daher ist es selbstverständlich, wenn in den Ländern der Anti-Hitler-Koalition den Männern und Frauen gedacht wird, die dafür ihr Leben gaben.

das geplante Memorial im Londoner Green Park

das geplante Memorial im Londoner Green Park

Für die Sächsische Zeitung scheint es dagegen doch ein Aufreger zu sein. So widmete man dem Thema in der heutigen Ausgabe gleich den zentralen Teil der Titelseite, den Leitartikel und den Hauptartikel im Kulturteil. Zwar behauptet Peter Ufer im Leitartikel, dass das Thema kein Grund für hektische Aufregung ist, die Aufmachung sagt aber etwas ganz anderes. So springt einem auf der Titelseite gleich in großen Lettern „Briten wollen Piloten des 13. Februars ehren“ entgegen und der Leitartikel bekundet in der Überschrift „Der Versöhnung hilft das nicht“. Im Kulturteil ist dann von den „vergessenen Helden“ in Anführungszeichen die Rede. Gleichzeitig wird noch mal die Behauptung kolportiert, dass Dresden wohl am meisten unter den Flächenbombardements der Briten gelitten hätte. Zweifelsohne steht fest, dass der Angriff auf Dresden der schlimmste Einzelangriff auf eine Stadt gewesen ist. Am meisten gelitten hat Dresden jedoch sicher nicht. Vor allem aber ging es den Initiatoren des Denkmals nicht explizit um die Verbände, die Dresden bombardierten. Hier schwingt ganz offensichtlich immer noch die Überhöhung Dresdens im Bombenkrieg infolge der Goebbelschen Propaganda mit. Motivation des Denkmals war die Ehrung der Gefallenen in der sogenannten „Battle of Britain“. Diese wurde mangels Alternativen vor allem in der Luft ausgetragen. Dabei waren es die Deutschen die als Erste, wie in Rotterdam, Coventry und London geschehen, auch zivile Ziele angriffen. Dass Nazideutschland den Krieg verlor und damit der Krieg irgendwann auf Deutschland zurückschlug, kann man den Gegnern Nazideutschlands schwerlich vorwerfen.

Wie dieses Denkmal irgendeine Versöhnung tangieren sollte, bleibt das Geheimnis von Kommentator Peter Ufer. Wenn sich jemand um Versöhnung bemühen sollte, dann sicher nicht die ehemaligen militärischen Gegner Nazideutschlands. Noch lächerlicher wird das Ganze, wenn man sich vor Augen hält, dass in Deutschland inzwischen in jedem zweiten Kaff irgendwelche Kriegerdenkmäler stehen, in denen selbstverständlich auch den Toten des Zweiten Weltkriegs gedacht werden. Erst letztens berichtete die Sächsische Zeitung über so ein Denkmal in Rennersdorf-Neudörfel. Dass 1985 ein deutscher Bundeskanzler in Bitburg öffentlich den Angehörigen der Waffen-SS gedachte, hebt einen Peter Ufer genauso wenig an, wie das alljährliche Kriegsverbrechertreffen im bayrischen Mittenwald. Für jemanden der in Nazis vor allem ein extremistisches Imageproblem für die Stadt sieht, ist das aber auch nicht wirklich verwunderlich.

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Dummdreiste Hetze der Sächsischen Zeitung gegen Links

Wer heute morgen nicht sein Frühstück gleich wieder heraus befördern wollte, durfte nicht die Sächsische Zeitung in die Hand nehmen. Als Reaktion auf die zwei Brandanschläge auf linke Wohnhäuser und den Brandanschlag auf die jüdische Begräbnishalle, versucht die Sächsische Zeitung die Geschehnisse nun im Zeichen der sächsischen Antiextremismusideologie zu deuten und veröffentlichte eine Statistik über rechte und linke Straftaten in Dresden. Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass „Linke Täter aber tendenziell gewaltbereiter“ sind. Unter dem Titel „Dresden darf kein Kampfplatz werden“ wird dann auch folgerichtig in einem Kommentar vor Verharmlosung von Linken gewarnt, während gleichzeitig die Nazis verharmlost werden, und zu einem Zusammenstehen der Bürgerschaft gegen die Extremisten von rechts und links aufgefordert wird.

Wie kommt der Schreiberling der Sächsischen Zeitung Denni Klein zu solchen Erkenntnissen?

Zunächst einmal scheint man bei der Sächsischen Zeitung nicht zwischen Angriffen auf Leib und Leben und Sachbeschädigungen und Rangeleien mit schwer bewaffneten und gepanzerten Polizisten unterscheiden zu können. Letztere fangen dabei oft selbst gewalttätige Auseinandersetzungen an. Allein hier wird schon die Feststellung „Linke Täter sind aber tendenziell gewaltätiger“ Lügen gestraft.

Weiter beruhen diese Erkenntnisse offenbar auf Statistiken der Polizei über politische Straftaten von 2000 bis 2009 in Dresden. Dort ist für 2009 mit 54 „Gewaltstraftaten“ ein starker Anstieg von „linken Gewalttaten“ vermerkt, dem lediglich 16 Gewalttaten des rechtsextremen Lagers gegenüberstehen würden. Dazu muss man wissen, dass die Polizei allein am 14. Februar 2009 70 – 80 Menschen fest genommen hatte. Dies geschah bei Auseinandersetzungen mit der Polizei nachdem diese erst die Demonstration des No-pasarán-Bündnis kurz vor der Abschlusskundgebung angriff (siehe Bericht auf indymedia und Zusammenfassung des Polizeieinsatzes auf addn.me) und später etwa 500 Menschen vor der Synagoge willkürlich mit brutaler Gewalt über die Carolabrücke in die Arme ihrer prügelwütigen Kollegen trieb (siehe Dokumentation der Polizeiübergriffe an der Synagoge und Carolabrücke). Gleichzeitig konnten Nazis ungehindert Journalisten und Passanten angreifen, viele derartige Übergriffe werden dementsprechend auch nicht in der polizeilichen Statistik geführt. Diese Wahrnehmung des Verhaltens der Polizei wird auch von Aussteigern aus der Naziszene bestätigt. Dass das polizeiliche Vorgehen mit politischer Rückendeckung von ganz oben erfolgte, zeigen die Rechtfertigungen des Innenministers in der Presse und das folgenlose parlamentarische Nachspiel.

Auch für dieses Jahr wird von 21 Gegnern des Naziaufmarsches am 13. Februar berichtet, die wegen Körperverletzung, Landsfriedensbruch und Widerstand in Gewahrsam genommen wurden. Während die Nazis ungestraft den Ausbruch aus ihrer Kundgebung am Bahnhof mit Flaschen und Steinen proben durften, wurden unter anderem Sitzblockaden vor der Schauburg mit Wasserwerfern und Polizeiknüppeln angegriffen. Dass es dabei laut Sächsischer Zeitung nur 15 Verletzte gegeben haben soll, ist als ziemlich unwahrscheinlich anzusehen, wenn nicht gar eine dreiste Lüge. Allein die autonomen Santitätsdienste berichteten, dass sie etwa 100 Personen behandeln mussten, dazu kommen noch die offiziellen Sanitäter und die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen. Die Nazis wiederum haben vor und nach dem 13. Februar 2010 etliche Angriffe gegen Personen und Einrichtungen verübt, darunter bereits Angriffe auf die beiden linken Wohnhäuser (1, 2), die auch jetzt wieder das Ziel von Brandanschlägen wurden. Sowohl diese Angriffe als auch die Sachbeschädigungen in Pirna in der Folge tauchen selbstverständlich nicht in den Statistiken der Sächsischen Zeitung auf.

Die beiden betrunkenen Idioten die dabei erwischt wurden, ein Betonmesser zur Erinnerung an den Mord an Marwa El-Sherbini umzustoßen, dürfen natürlich in der Aufzählung „linker Straftaten“ nicht fehlen, während die vorher stattgefundene organisierte Zerstörung der Betonmesser seitdem offenbar unbeachtet bleibt. Auch die Spontandemonstration letzte Woche gegen den Naziterror in Dresden und Sachsen blieb zwar friedlich, sorgt aber durch Ermittlungen wegen Widerstandes, Beleidigungen und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz für einen Anstieg „linker Straftaten“ in den Statistiken. Dem gegenüber steht exemplarisch ein Vorfall auf dem Hechtfest am letzten Wochenende. Dort wurde ein junger Mann von mehreren Nazis verprügelt, die danach in einem Auto mit Kennzeichen des Landkreis Sächsische Schweiz – Osterzgebirge davon fuhren. Die Dresdner Bevölkerung in Form der restlichen Festbesucher handelte dem Credo der sächsischen Zeitung entsprechend und demonstrierte ihre Ablehnung gegenüber „Extremisten von beiden Seiten“, indem sie nicht eingriff. Ein Fall der sicherlich nicht in einer Polizeistatistik auftauchen wird und damit für die Sächsische Zeitung wieder beweisen wird, dass „linke Täter aber tendenziell gewaltbereiter sind“.

Ob es sich hierbei einfach um schlechten Journalismus handelt oder die Sächsische Zeitung versucht so die Richtung für den nächsten 13. Februar vorzugeben, bleibt offen. Wahrscheinlich ist eine Mischung aus beidem.

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Orosz plant Neuauflage der Menschenkette

Wie der Presse zu entnehmen ist, plant Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) wieder eine Menschenkette um die Dresdner Innenstadt am 13. Februar. Damit soll würdig an die Bombentoten gedacht werden und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt werden. Wie ernsthaft dieses Zeichen ist, kann man schon daran erkennen, dass der Bereich der Innenstadt von der Menschenkette vor den Nazis geschützt wird, der laut dem neuen Versammlungsgesetz sowieso schon für Extremisten am 13. Februar unzugänglich sein soll.

Bereits im letzten Jahr versuchte Orosz den Protest gegen die Nazis in ihre Aktion zu kanalisieren. Das gelang zum Glück nicht vollständig, so dass ca. 10.000 Menschen den Naziaufmarsch mit direkten Blockaden verhinderten, während man auf der anderen Elbseite die Menschenkette inszenierte. Dass es dabei vor allem um Dummenfang geht, zeigt auch die dreiste Behauptung von Orosz bereits am Abend des 13. Februar, dass die Menschenkette den Naziaufmarsch verhindert hätte. Auch dieses mal heißt es wieder „Die Menschenkette 2010 war ein großer Erfolg“ und „Es gibt keinen Grund, jetzt nach einer neuen Form zu suchen. Man sollte das bewährte Modell wieder wählen.“ Von Seiten der Stadt wird also auch in dieser Saison wieder mit großem Tamtam gezielt ins Leere agiert werden.

Die Nazis haben mittlerweile vor wenigen Tagen, neben der Mobilisierung zu einer Aktionswoche um den 13. Februar, die vermutlich auch wieder eine Demonstration von vor allem regionalen Nazis am 13. Februar beinhalten wird, eine Großmobilisierung für den 19. Februar angekündigt. Dabei will man mehrere von einander unabhängige Veranstaltungen durchführen. Das klingt nach dem in Nazikreisen breit diskutierten Sternmarschkonzept. Man darf gespannt sein, ob sich die Menschenkette auch am 19. Februar zusammenfinden wird. Wenn es dann nämlich nur noch darum geht, sich den Nazis in Weg zu stellen und man von keinem Sondergesetz vor eigenem Aktionismus beschützt wird.

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Klage gegen neues Versammlungsgesetz

Die Opposition im Sächsischen Landtag hat jetzt geschlossen (Grüne, Linke, SPD) eine Klage gegen das neue Versammlungsgesetz eingereicht. Der Gesetzentwurf war von Anfang an von provinziellem Dilletantismus geprägt und fiel auch bei den meisten Rechtsexperten folgerichtig durch (Anhörung im Landtag, Gesetz hebelt sich selbst aus).  Neben der ins Gesetz gemeißelten Gleichsetzung von rechts und links offenbarte sich hier gleichzeitig das Unvermögen der konservativen Parteien CDU und FDP in Sachsen, sich öffentlich inhaltlich mit dem 13. Februar auseinanderzusetzen. Ob man die Debatte scheut wie der Teufel das Weihwasser, weil man aus Inkompetenz nicht in der Lage ist, eine Position abseits der Position der Neonazis und Revanchisten zu entwickeln oder weil große Teile des konservativen Lagers insgeheim deren Positionen teilen, mag der Betrachter selbst entscheiden.

Der Wadenbeißer von der Dresdner CDU Lars Rohwer (Abgeordneter im Landtag) entblödet sich auch dieses Mal (zur Erinnerung an seine Rolle in der Vergangenheit, sei dieser Artikel empfohlen) wieder nicht, seine Mär von einer  Erinnerungskultur in Dresden rauszukramen, die von einem Linksblock bedroht wäre, und bestätigt mit seiner dummdreisten Aussage Johannes Lichdi (Landtagsabgeordneter der Grünen), der genau das kritisierte, nämlich das mit dem Gesetz eine Form des Gedenkens vorgeschrieben werden soll.

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